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Bald mehr Geheimnisschutz im Arbeitsgerichtsprozess

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Geschäftsgeheimnisse sind besonders schutzbedürftig. Gelangen sie an die Öffentlichkeit oder an einen Konkurrenten, sind sie wirtschaftlich kaum mehr etwas wert. Die exklusive Verwertungsmöglichkeit durch den Geheimnisträger ist weg. Im day-to-day-business werden Geschäftsgeheimnisse insbesondere durch Geheimhaltungsklauseln im Arbeitsvertrag abgesichert. Im Prozessrecht sind Geschäftsgeheimnisse bisher nur rudimentär geschützt. Das ändert sich zum 1. April 2025 durch das sog. Justizstandort-Stärkungsgesetz.

Was sind Geschäftsgeheimnisse?

Ein Geschäftsgeheimnis ist eine Information, die aufgrund ihrer Exklusivität einen wirtschaftlichen Wert hat und die Gegenstand von Geheimhaltungsmaßnahmen durch den Geheimnisträger ist. Ferner muss für die Anerkennung als Geschäftsgeheimnis insgesamt ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung der Information bestehen.

Vor den Arbeitsgerichten werden häufig Verfahren geführt, in denen entweder ein Geschäftsgeheimnis selbst Streitgegenstand ist oder aber in denen ein Geschäftsgeheimnis jedenfalls im Zusammenhang mit anderen Umständen entscheidungserheblich sein kann. Es besteht dann das Problem, dass sich ein Geschäftsgeheimnisträger entscheiden muss, ob er das Geschäftsgeheimnis vor Gericht offenbart, um das Verfahren zu gewinnen oder ob er das Geheimnis für sich behält, aber dann das Verfahren verliert („disclose or lose it“).

Status quo des Schutzes von Geschäftsgeheimnissen nach dem Geschäftsgeheimnisgesetz

Bisher werden Geschäftsgeheimnisse vor Gericht von der Rechtsordnung nur unzureichend geschützt. Es besteht im Regelfall nur die Möglichkeit die Öffentlichkeit von der mündlichen Verhandlung auszuschließen, wenn in ihr Geschäftsgeheimnisse offenbart werden sollen. Ferner kann eine strafbewehrte Geheimhaltungsanordnung gegenüber den anwesenden Personen, also auch den Parteien, ergehen.

Ausschließlich in sog. Geschäftsgeheimnisstreitsachen, d.h. in Gerichtsverfahren, in denen Ansprüche nach dem Geschäftsgeheimnisgesetz geltend gemacht werden, bestehen weitergehende Geheimhaltungsmöglichkeiten.

Das Geschäftsgeheimnisgesetz sieht ein Eskalationsmodell des prozessualen Geheimnisschutzes vor. Bei Klagen, durch die Ansprüche nach dem Geschäftsgeheimnisgesetz geltend gemacht werden, kann das Gericht auf Antrag einer Partei streitgegenständliche Informationen ganz oder teilweise als geheimhaltungsbedürftig einstufen, wenn diese ein Geschäftsgeheimnis sein können. Gibt das Gericht dem Antrag statt, hat dies nach § 16 Abs. 2 GeschGehG zur Folge, dass alle Beteiligten an der Geschäftsgeheimnisstreitsache die als geheimhaltungsbedürftig eingestufte Information vertraulich – regelmäßig auch über den Abschluss des Verfahrens hinaus – behandeln müssen. Dazu gehört insbesondere, dass sie die Information nicht außerhalb des Gerichtsverfahrens nutzen oder offenlegen dürfen, es sei denn, dass sie von der Information auch außerhalb des Verfahrens Kenntnis erlangt haben. Ferner wird das Einsichtsrecht Dritter in die Gerichtsakten insoweit beschränkt, als die geheimhaltungsbedürftige Information unkenntlich gemacht werden muss, bevor Akteneinsicht gewährt wird. Zuwiderhandlungen werden mit Ordnungsgeldern bis zu 100.000 € oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten geahndet.

Darüber hinaus kann das Gericht auf Antrag einer Partei als ultima ratio nach § 19 GeschGehG auch den Zugang der Parteien zur geheimhaltungsbedürftigen Information reglementieren. Das Gericht kann den Zugang zu von den Parteien oder Dritten eingereichten oder vorgelegten Dokumenten, die Geschäftsgeheimnisse enthalten können, ganz oder teilweise auf eine bestimmte Anzahl von zuverlässigen Personen beschränken. Gleiches gilt z.B. auch für den Zugang zur mündlichen Verhandlung, bei der Geschäftsgeheimnisse offengelegt werden könnten.

Zu beachten ist jedoch, dass es einen absoluten Geheimnisschutz, d.h. eine vollständige Geheimhaltung des Geschäftsgeheimnisses vor der anderen Partei nicht gibt. Ein solcher Ausschluss würde das Recht der anderen Partei auf rechtliches Gehör, effektiven Rechtsschutz, prozessuale Waffengleichheit und ein faires Verfahren verletzen.

Erweiterung des Geheimnisschutzes durch § 273a ZPO

Der Schutz von Geschäftsgeheimnissen durch das Geschäftsgeheimnisgesetz ist indes nur unvollständig geblieben. Hintergrund ist, dass Gerichte nur in Verfahren, in denen es gerade um Geschäftsgeheimnisse geht, die dargestellten Befugnisse zur Sicherstellung der Geheimhaltung innehaben. Ist der Streitgegenstand des Verfahrens ein anderer und wird das Geschäftsgeheimnis lediglich im Rahmen eines substantiierten Sachvortrags einer Partei benötigt, scheiden die besonderen Geheimhaltungsmaßnahmen des Gerichts aus. Bisher ist der Geheimnisschutz daher lückenhaft. Wird ein Mitarbeiter beispielsweise vom Arbeitgeber auf Schadensersatz wegen Verbreitung eines Geschäftsgeheimnisses verklagt, kann das Geschäftsgeheimnis prozessual innerhalb der Möglichkeiten des Geschäftsgeheimnisgesetzes geheim gehalten werden. Klagt hingegen ein Mitarbeiter gegen den Arbeitgeber eine Bonuszahlung ein und wird in diesem Rahmen ein Geschäftsgeheimnis virulent, greifen die Schutzmechanismen des Geschäftsgeheimnisgesetzes nicht.

Diese Widersprüchlichkeit wird zum 1. April 2025 durch das Justizstandort-Stärkungsgesetz beseitigt werden. Die Zivilprozessordnung erhält einen neuen § 273a ZPO. Das Gesetz ist bereits verabschiedet und verkündet worden. Der § 273a ZPO wird auch in Arbeitsgerichtsverfahren Anwendung finden. Die Vorschrift nimmt Bezug auf die prozessualen Geheimhaltungsmaßnahmen des Geschäftsgeheimnisgesetzes und lautet:

„Das Gericht kann auf Antrag einer Partei streitgegenständliche Informationen ganz oder teilweise als geheimhaltungsbedürftig einstufen, wenn diese ein Geschäftsgeheimnis nach § 2 Nummer 1 des Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen sein können; die §§ 16 bis 20 des Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen sind entsprechend anzuwenden.“

Fazit

Der bisher vorgesehene Schutz von Geschäftsgeheimnissen im Arbeitsgerichtsprozess ist unzureichend. Nur in bestimmten Verfahren besteht die Möglichkeit des Gerichts, den Informationszugang der jeweils anderen Partei zu beschränken. Ab dem 1. April 2025 wird durch § 273a ZPO der Geschäftsgeheimnisschutz auf alle zivil- und arbeitsgerichtlichen Verfahren erweitert. Einen absoluten Schutz von Geschäftsgeheimnissen vor Gericht wird es jedoch auch ab dem 1. April 2025 nicht geben. Ein solcher wäre mit den Prozessgrundrechten des Nicht-Geheimnisträgers nicht zu vereinbaren. Vor diesem Hintergrund ist auch zukünftig eine gut geplante Prozessstrategie unerlässlich, um arbeitgeberseits Geschäftsgeheimnisse im Gerichtsprozess effizient zu schützen.

Friederike Welskop


Rechtsanwältin
Associate
Friederike Welskop berät und vertritt nationale und internationale Unternehmen in sämtlichen Bereichen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts. Neben Restrukturierungsprojekten berät sie ihre Mandanten zudem in Kündigungsrechtsstreitigkeiten, im Bereich des Betriebsverfassungsrechts sowie in der Vertragsgestaltung.
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