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Ausbildung bestanden – Ende gut, alles gut?

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Besteht der Auszubildende die Abschlussprüfung, endet das Ausbildungsverhältnis bereits vor Ablauf der vereinbarten Ausbildungsdauer. Doch was, wenn der Auszubildende bis zum Ablauf der vereinbarten Ausbildungszeit weiterbeschäftigt wird? Wird hierdurch ein Arbeitsverhältnis begründet? Und was gilt, wenn der Auszubildende die Prüfung nicht besteht? Verlängert sich in diesem Fall das Ausbildungsverhältnis?

Das Ausbildungsverhältnis ist ein befristetes Rechtsverhältnis und endet grundsätzlich mit Ablauf der vereinbarten Ausbildungsdauer (§ 21 Abs. 1 BBiG). Besteht der Auszubildende die Abschlussprüfung vor Ablauf der vereinbarten Ausbildungsdauer, endet das Ausbildungsverhältnis hingegen bereits mit der Bekanntgabe des Ergebnisses durch den Prüfungsausschuss an den Auszubildenden (§ 21 Abs. 2 BBiG). Fällt der Auszubildende durch die Prüfung durch, findet das Ausbildungsverhältnis mit Ablauf der Ausbildungsdauer sein Ende. Allerdings kann der Auszubildende bei Nichtbestehen der Prüfung eine Verlängerung des Ausbildungsverhältnisses für bis zu zwei Wiederholungsprüfungen verlangen, maximal für ein Jahr (§ 21 Abs. 3, § 37 Abs. 1 Satz 2 BBiG).

Bestehen der Abschlussprüfung

Im Idealfall besteht der Auszubildende die Abschlussprüfung. Wird die Abschlussprüfung – wie regelmäßig – vor Ablauf der vereinbarten Ausbildungsdauer absolviert, endet das Ausbildungsverhältnis bereits mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses an den Auszubildenden – und nicht erst mit Ablauf der vereinbarten Ausbildungsdauer (§ 21 Abs. 2 BBiG).

Soll der Auszubildende nach bestandener Prüfung übernommen werden, wird der Ausbilder hierzu mit dem Auszubildenden einen entsprechenden Arbeitsvertrag schließen. Doch Vorsicht: Ist zunächst nur eine befristete Übernahme des Auszubildenden beabsichtigt, muss der dem Schriftformerfordernis genügende befristete Arbeitsvertrag vor Aufnahme der Tätigkeit geschlossen werden (§ 14 Abs. 4 TzBfG). Da das Ausbildungsverhältnis bereits mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses endet, muss der befristete Arbeitsvertrag also noch vor der Weiterbeschäftigung unterzeichnet werden. Denn ansonsten wird durch die in Kenntnis des positiven Prüfungsergebnisses erfolgende Weiterbeschäftigung, auch wenn sie sich innerhalb der ursprünglich vereinbarten Ausbildungsdauer hält, ein unbefristetes Arbeitsverhältnis begründet (§ 24 BBiG). Dies gilt selbst dann, wenn die Weiterbeschäftigung nur für einen einzigen Tag erfolgt. Ein sachgrundlos befristetes Arbeitsverhältnis scheidet dann wegen des Verbots der Zuvor-Beschäftigung (§ 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG) aus (vgl. BAG vom 20.03.2018 – 9 AZR 479/17).

Soll der Auszubildende dagegen nicht übernommen werden, muss jegliche Weiterbeschäftigung nach der Abschlussprüfung unterbleiben, um kein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu begründen. Die Nichtübernahme sollte dem Auszubildenden frühzeitig – sinnvollerweise noch vor der Prüfung – und aus Beweisgründen schriftlich mitgeteilt werden.

Nichtbestehen der Abschlussprüfung

Wird die Abschlussprüfung nicht bestanden, endet das Ausbildungsverhältnis grundsätzlich mit der vereinbarten Ausbildungsdauer (§ 21 Abs. 1 BBiG), sofern der Auszubildende nicht verlangt, dass das Ausbildungsverhältnis bis zur nächstmöglichen Wiederholungsprüfung verlängert wird. In diesem Fall verlängert sich das Ausbildungsverhältnis automatisch (d.h. ohne Zustimmung des Ausbilders) bis zur nächstmöglichen Wiederholungsprüfung, höchstens um ein Jahr (§ 21 Abs. 3 BBiG).

Besteht der Auszubildende die Wiederholungsprüfung, endet das Ausbildungsverhältnis mit der Prüfung. Es gelten für diesen Fall die obigen Ausführungen zur Übernahme bzw. Nichtübernahme in ein Arbeitsverhältnis entsprechend. Das Ausbildungsverhältnis endet grundsätzlich auch, wenn der Auszubildende die Wiederholungsprüfung nicht besteht.

Allerdings kann der Auszubildende bei Nichtbestehen der ersten Wiederholungsprüfung eine erneute Verlängerung des Ausbildungsverhältnisses bis zu einer zweiten Wiederholungsprüfung verlangen, wenn diese noch innerhalb der Höchstfrist von einem Jahr (§ 21 Abs. 3 BBiG) stattfindet (vgl. BAG vom 15.03.2000 – 5 AZR 622/98). Da die Abschlussprüfung im Falle des Nichtbestehens maximal zweimal wiederholt werden kann (§ 37 Abs. 1 Satz 2 BBiG), endet das Ausbildungsverhältnis unabhängig vom Ausgang der zweiten Wiederholungsprüfung in jedem Fall mit dieser Wiederholungsprüfung.

Fazit

Ende gut, alles gut? Bei der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses durch Bestehen oder Nichtbestehen der Abschlussprüfung lauern einige Fallstricke. Ausbilder müssen daher sorgfältig die unterschiedlichen denkbaren Fallgestaltungen auseinanderhalten und entsprechend agieren. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Auszubildende nach bestandener Prüfung nicht oder nur befristet übernommen werden soll. Denn eine Kündigung eines unversehens unbefristeten Arbeitsverhältnisses wäre nur bei Vorliegen eines Kündigungsgrundes zulässig, da die Ausbildungsdauer im Rahmen der sechsmonatigen Wartefrist des Kündigungsschutzgesetzes (§ 1 Abs. 1 KSchG) mitzählt.

Dr. Christoph Bergwitz

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Counsel
Christoph Bergwitz unterstützt Arbeit­ge­ber ins­be­son­dere bei Fragen des Arbeit­neh­mer­da­ten­schut­zes, im Rahmen von Umstruk­tu­rie­rungs­pro­jekten sowie beim Schutz vor wett­be­werbs­wid­ri­gem Verhalten durch Arbeit­neh­mer. Darüber hinaus berät Christoph Bergwitz Füh­rungs­kräfte und Organ­mit­glie­der.
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