Die Höchstüberlassungsdauer ist ein zentrales Thema beim Einsatz von Leiharbeitnehmern, das sowohl rechtliche als auch praktische Herausforderungen birgt. Dieser Beitrag beleuchtet die gesetzlichen Regelungen, praxisrelevante Fragen und aktuelle Entwicklungen zu dieser Thematik.
Grundsatz
Die Höchstüberlassungsdauer bezeichnet die maximale Zeitspanne, für die ein Leiharbeitnehmer bei einem Entleiher beschäftigt sein darf. Seit dem 1. April 2017 ist die Überlassung von Arbeitnehmern gem. § 1 Abs. 1b AÜG grundsätzlich nur noch bis zu einer Höchstdauer von 18 Monaten zulässig (Ausnahmen gelten insoweit etwa im Rahmen einer Konzernleihe). Dabei werden vorangegangene Einsatzzeiten bei demselben Einsatzunternehmen zusammengerechnet, es sei denn, die Unterbrechung zwischen zwei Überlassungen übersteigt einen Zeitraum von drei Monaten.
Die Folgen im Falle einer Überschreitung der Höchstüberlassungsdauer sind dabei nicht zu unterschätzen: Bei einem Verstoß kommt es zur Fiktion eines Arbeitsverhältnisses zum Entleiher (§ 10 Abs. 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1b AÜG), und (nur) dem Verleiher droht eine Ordnungswidrigkeit (§ 16 Abs. 1 Nr. 1e AÜG).
Ausnahmen
Unter bestimmten Bedingungen können Tarifparteien abweichende Regelungen zur Höchstüberlassungsdauer treffen. So besteht die Möglichkeit, durch Tarifverträge eine längere Überlassung zu vereinbaren. Darüber hinaus können z.B. im Geltungsbereich eines Tarifvertrags abweichende tarifvertragliche Regelungen im Betrieb eines nicht tarifgebundenen Entleihers durch Betriebs- oder Dienstvereinbarung übernommen werden.
Aktueller Praxisfall
In einem aktuellen Fall hat sich das BAG (9 AZR 264/23) mit der Frage zu befassen, ob es sich noch um denselben „Entleiher“ handelt, wenn bei diesem (während der Überlassungsdauer) ein Betriebsübergang stattgefunden hat. Der Neunte Senat hat am 1. Oktober 2024 ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH gerichtet, um zu klären, wie die Überlassungshöchstdauer insoweit unionsrechtskonform zu berechnen ist. Je nachdem, wie der EuGH hier entscheidet, könnte ein Firmenverkauf bzw. Betriebsübergang auf Seiten des Entleiherunternehmens ggf. dazu führen, dass die Höchstüberlassungsdauer neu zu laufen beginnt, wenn der Leiharbeitnehmer nach dem Übergang des Betriebs unverändert auf demselben Arbeitsplatz eingesetzt wird. Die Entscheidung bleibt mit Spannung abzuwarten.
Vorsicht bei Unterbrechungszeiträumen!
Für die Praxis relevant ist insbesondere die Berechnung von Unterbrechungszeiträumen zwischen zwei Einsatzzeiten desselben Leiharbeitnehmers bei demselben Entleiher. Übersteigt eine Unterbrechung zwischen zwei Überlassungen einen Zeitraum von drei Monaten, werden die vorherigen Einsatzzeiten nämlich nicht zusammengerechnet.
Eine Unterbrechung i.S.v. § 1 Abs. 1b S. 2 setzt dabei voraus, dass der Einsatz des Leiharbeitnehmers sowohl tatsächlich als auch rechtlich unterbrochen ist. Maßgeblich hierfür ist zunächst der Überlassungsvertrag, da sich nach diesem Beginn und Ende des Leiharbeitnehmereinsatzes bei dem Entleiher richten. Grundsätzlich endet daher der Einsatz eines Leiharbeitnehmers, wenn er die Tätigkeit bei dem Entleiher wegen Beendigung des Überlassungsvertrags, sei es infolge Fristablaufs oder Ablaufs der Kündigungsfrist, einstellt.
Besonderes Augenmerk ist bei der Berechnung der Unterbrechungszeit darauf zu legen, dass das Gesetz von einer Unterbrechung von „mehr als drei Monaten“ spricht. Soll daher derselbe Leiharbeitnehmer bei demselben Entleiher auf demselben Arbeitsplatz eingesetzt werden, muss zwischen den Einsätzen ein Zeitraum von drei Monaten und einem Tag liegen, damit die Überlassungszeiträume nicht addiert werden. Hier unterlaufen in der Praxis teilweise (folgenschwere) Fehler, da lediglich ein Zeitraum von „genau“ drei Unterbrechungsmonaten angesetzt wird: es kommt schnell zur Überschreitung der Höchstüberlassungsdauer mit den oben dargestellten Folgen.
Best Practices für HR-Abteilungen
Um den Herausforderungen bei der Einhaltung der Höchstüberlassungsdauer effektiv zu begegnen, sollten HR-Abteilungen insbesondere folgende Best Practices berücksichtigen:
- Transparente Dokumentation: Sämtliche Überlassungen sollten detailliert und transparent dokumentiert werden, um jederzeit nachvollziehen zu können, wann die Höchstüberlassungsdauer erreicht ist. Eine exakte Dokumentation ist dabei vor allem auch bei der Berechnung einer Unterbrechung zwischen zwei Überlassungen desselben Leiharbeitnehmers zu beachten, welche mindestens drei Monate und einen Tag betragen muss, damit die Überlassungsdauer nicht addiert wird.
- Regelmäßige Schulungen: HR-Abteilungen sollten regelmäßig über die gesetzlichen Regelungen und deren Änderungen informiert und geschult werden, um Fehler und Missverständnisse zu vermeiden.
- Strategische Personalplanung: Eine vorausschauende Personalplanung kann helfen, den Bedarf an Leiharbeitnehmern frühzeitig zu erkennen und die Einsatzzeiten so zu organisieren, dass die Höchstüberlassungsdauer nicht überschritten wird.