Arbeitszeit ist grundsätzlich zu vergüten. Unklar ist häufig allerdings, was alles zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit zählt. Nachdem bereits das LAG Nürnberg in dem hier im Blog besprochenen Urteil entschieden hatte, dass neben Umkleide- und Wegezeiten auch Körperreinigungszeiten zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit gehören können, hat sich nun auch das BAG mit dieser Fragestellung beschäftigt. Das BAG bestätigte mit Urteil vom 23. April 2024 die Vorinstanz, wonach Körperreinigungszeiten, wie auch Wege- und Umkleidezeiten, unter bestimmten Umständen als Arbeitszeit zu vergüten sein können (Az. 5 AZR 212/23). Maßgebliches Kriterium dabei ist insbesondere die „Fremdnützigkeit“ der Körperreinigung.
Der Fall
Zur Erinnerung: Dem Urteil lag der Fall eines Containermechanikers zugrunde, der im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit rostige und schadhafte Stellen an Containern abschleift und nachbessert. Dabei nutzt er die von seinem Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Arbeitskleidung, die er im Betrieb anlegt und dort zur Reinigung am Ende eines Arbeitstages auch wieder abgibt. Außerdem duscht oder wäscht der Containermechaniker sich nach der Arbeit. Die Beklagte hielt ihre Mitarbeiter dazu an, Umkleide- und Reinigungszeiten nicht im Zeiterfassungsterminal zu erfassen. Mit der Klage machte der Kläger eine zusätzliche Vergütung für diese Wege-, Umkleide- und Reinigungszeiten geltend.
Entscheidung des BAG – Umkleide-, Wege- und auch Duschzeiten können vergütungspflichtige Arbeitszeit sein
Wie bereits das LAG Nürnberg, bestätigte nun auch das BAG, dass Umkleide-, Wege-, aber auch Duschzeiten zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit zählen können. Von maßgeblicher Bedeutung für die Zuordnung zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit sei es, dass diese Tätigkeiten im Synallagma zur eigentlichen Tätigkeit stehen. Diese Grundsätze hatte das BAG bereits zu Umkleide- und Wegezeiten etabliert (vgl. etwa BAG, Urteil vom 26. Oktober 2016 – 5 AZR 168/16), sodass jene Rechtsprechung ebenfalls den maßgeblichen Ausgangspunkt in Bezug auf Duschzeiten bildet. Ein vergütungspflichtiger Anspruch in Bezug auf die Körperreinigung besteht danach nur, wenn diese mit der eigentlichen Tätigkeit und der Art und Weise der Erbringung in unmittelbarem Zusammenhang steht. Insofern ist es nach dem BAG ausschlaggebend, ob die in Frage stehende Tätigkeit, also hier die Körperreinigung, fremdnützig und damit als Arbeit einzuordnen ist. Dies ist der Fall, wenn das Duschen ausschließlich der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dient.
Körperreinigung ausschließlich im Interesse Dritter?
Doch wann erfolgt Körperhygiene ausschließlich im Interesse Dritter?
Einerseits kann von einem derartigen unmittelbaren Zusammenhang ausgegangen werden, wenn die Körperreinigung durch den Arbeitgeber ausdrücklich angeordnet wird. Andererseits liegt ein derartiger unmittelbarer Zusammenhang vor, wenn zwingende arbeitsschutzrechtliche Hygienevorschriften dies verlangen. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer im Rahmen seiner Tätigkeit mit gesundheitsgefährdenden Stoffen oder verunreinigten Gegenständen in Berührung kommt.
Die für die Körperreinigung benötigte Zeit gehört nach dem BAG jedoch auch dann zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit, wenn sich der Arbeitnehmer im Rahmen seiner Arbeit so sehr verschmutzt, dass ihm ein Anziehen der Privatkleidung, das Verlassen des Betriebs und der Weg nach Hause ohne vorherige Körperreinigung im Betrieb nicht zugemutet werden kann. Danach ist die vollständige Reinigung des Körpers in Form einer Dusche also nur dann als fremdnützig zu bewerten, wenn die Arbeitsleistung ohne anschließende Dusche bei wertender Betrachtung gar nicht erst möglich erscheint. Wenn die Arbeitsleistung dagegen übliche Verunreinigungen, Schweiß- und Körpergeruchsbildung nach sich zieht, dient die anschließende Reinigung ausschließlich der Erfüllung privater Bedürfnisse. In solchen Fällen liegt keine Vergütungspflicht hinsichtlich der Reinigungszeiten vor.
Fazit: Fremdnützigkeit ist entscheidend
Das BAG hat nunmehr auch zu Körperreinigungszeiten entschieden, dass diese zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit zählen können. Entscheidend ist auch hier die Fremdnützigkeit. Arbeitgebern ist zu empfehlen, die innerbetrieblichen Abläufe und die mit der Arbeit verbundenen sonstigen Tätigkeiten ihrer Mitarbeiter daraufhin zu überprüfen, ob und wie diese mit ihrer Arbeit in Zusammenhang stehen. Sollten diese sonstigen Tätigkeiten fremdnützig sein, sind sie im erforderlichen Umfang zu vergüten.
Dieser Beitrag ist mit freundlicher Unterstützung von Sabine Jülich, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Düsseldorfer Büro, entstanden.