Am 26. September 2024 hat der Deutsche Bundestag das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz beschlossen. Dieses enthält auch einige arbeitsrechtliche Regelungen, mit denen überflüssige Bürokratie abgebaut werden soll. Darunter – etwas versteckt – eine kleine, aber durchaus praxisrelevante Änderung zum Schriftformerfordernis für Altersgrenzen in Arbeitsverträgen.
Befristungen von Arbeitsverträgen bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform (§ 14 Abs. 4 TzBfG). Das bedeutet grundsätzlich, dass der Arbeitsvertrag bzw. die Befristungsabrede von beiden Parteien eigenhändig unterzeichnet und ihnen schriftlich zugehen muss. Ein „digitaler“ Vertragsschluss – etwa per E-Mail – genügt nicht und führt zur Unwirksamkeit der Befristung (Ausnahme: Vertragsschluss mittels qualifizierter elektronischer Signatur gemäß § 126a BGB).
Dieses strenge Formerfordernis gilt (bislang) auch für sogenannte Altersbefristungen, also vertragliche Regelungen, die eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen eines bestimmten Lebensalters des Arbeitnehmers – in der Regel anknüpfend an die Möglichkeit des Bezugs von Altersrente – vorsehen. Eine teleologische Reduktion des § 14 Abs. 4 TzBfG für diese Fälle hat das BAG ausdrücklich abgelehnt. Da Altersbefristungen in Arbeitsverträgen allgemein üblich sind, besteht mithin de facto ein Schriftformzwang für nahezu sämtliche Arbeitsverträge.
Was ändert sich?
Dieser Zustand soll durch das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz korrigiert werden. Hierzu wird allerdings nicht – was nahe gelegen hätte – das TzBfG geändert, sondern das Sozialgesetzbuch (SGB) VI. Dort wird in § 41 SGB VI ein neuer Absatz 2 eingefügt, der folgenden Wortlaut hat:
„Eine Vereinbarung, die die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze vorsieht, bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Textform. § 14 Absatz 4 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes gilt nicht.“
Für Altersbefristungen im Anwendungsbereich der Vorschrift (dazu sogleich) gilt mithin künftig nicht mehr das strenge Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzbfG. Ausreichend ist vielmehr einfache Textform (§ 126b BGB), was beispielsweise einen Vertragsschluss per E-Mail oder mittels eingescannter Unterschriften ermöglicht.
Anwendungsbereich der Neuregelung
Die Lockerung des Formerfordernisses gilt nach dem Gesetzeswortlaut (nur) für Altersbefristungen, die eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Erreichen der Regelaltersgrenze vorsehen. In diesen Fällen habe – so die Gesetzesbegründung – die Warnfunktion der Schriftform weniger Bedeutung, weil bei Arbeitnehmern ohnehin regelmäßig die Erwartungshaltung bestehe, dass das Arbeitsverhältnis mit Erreichen der Regelaltersgrenze endet. Außerdem seien Arbeitnehmer bei Erreichen der Regelaltersgrenze durch entsprechende Rentenleistungen abgesichert.
Altersbefristungen, die nicht auf das Erreichen der Regelaltersgrenze, sondern auf einen anderen Zeitpunkt abstellen, werden von der Neuregelung nicht erfasst. Dies betrifft etwa Abreden, die an die Möglichkeit zum Bezug vorzeitiger Altersrente, z.B. für langjährig Versicherte oder Schwerbehinderte, anknüpfen. Gleiches gilt für Regelungen, die eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei (tatsächlichem) vorzeitigem Rentenbezug vorsehen. Für solche Altersbefristungen gilt weiterhin das strenge Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG.
Erleichterter Nachweis der Vertragsbedingungen
Die Reduzierung der Formanforderungen bei Altersbefristungen führt mittelbar auch zu einer Erleichterung des Nachweises der wesentlichen Vertragsbedingungen nach dem NachweisG. Diesbezüglich sieht das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz ebenfalls (überfällige) Lockerungen der bisherigen, extrem strengen Formerfordernisse vor. So entfällt künftig grundsätzlich die Verpflichtung zu einem gesonderten Nachweis der Vertragsbedingungen, wenn dem Arbeitnehmer – unter Beachtung bestimmter weiterer Vorgaben – ein Arbeitsvertrag in Textform übermittelt worden ist. Diese Regelung liefe praktisch leer, wenn für Arbeitsverträge aufgrund der darin fast immer enthaltenen Altersgrenzen weiterhin das strenge Schriftformerfordernis gelten würde. Durch die Ermöglichung der Textform für Arbeitsverträge, die (nur) eine Altersbefristung enthalten, können mit der Übermittlung des Arbeitsvertrags künftig zugleich auch die Verpflichtungen nach dem NachweisG erfüllt werden.
Inkrafttreten
Das vom Bundestag beschlossene Vierte Bürokratieentlastungsgesetz bedarf noch der Zustimmung des Bundesrates. Mit einem Inkrafttreten der Neuregelung des § 41 Abs. 2 SGB VI ist daher voraussichtlich nicht vor Anfang 2025 zu rechnen.
Fazit
Die Lockerung des Formerfordernisses für vertraglichen Altersgrenzen ist ein Schritt in die richtige Richtung. Der rechtssichere Abschluss von Arbeitsverträgen in „digitaler“ Form wird dadurch spürbar erleichtert und der administrative Aufwand in den Personalabteilungen reduziert. Zu bemängeln ist, dass die Neuregelung nicht für alle Arten von Altersbefristungen gilt, was die Rechtsanwendung unnötig verkompliziert.