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Ghosting – Was tun, wenn ein Arbeitnehmer „verschwindet“?

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Ghosting, ein Begriff, der ursprünglich aus der Dating-Welt stammt, beschreibt das plötzliche Abtauchen einer Person ohne jegliche Erklärung. Dieses Verhalten kommt auch im Arbeitsverhältnis immer wieder vor. Wenn ein Mitarbeiter plötzlich nicht mehr zur Arbeit erscheint und alle Kontaktversuche ignoriert, stehen Arbeitgeber vor einigen Herausforderungen. Wichtige Aufgaben bleiben unerledigt und müssen kurzfristig umverteilt werden. Besonders herausfordernd an der Situation ist aber die Ungewissheit: Was ist passiert und wie sollte man am besten darauf reagieren? Im Folgenden geben wir konkrete Tipps, wie Arbeitgeber mit solchen Situationen umgehen können.

Notfallkontakt – Vorbeugen ist besser als nachforschen

Um auf solche Situationen vorbereitet zu sein, sollten Unternehmen bereits zu Beginn des Arbeitsverhältnisses wichtige Vorkehrungen treffen. Eine sinnvolle Maßnahme ist es, von neuen Mitarbeitern einen Notfallkontakt zu erfragen. Dieser Kontakt kann nicht nur in tatsächlichen Notfällen, wie etwa bei einem Unfall auf der Arbeitsstätte, wertvoll sein, sondern auch, wenn ein Mitarbeiter plötzlich unerreichbar ist. So lassen sich Angehörige oder Freunde informieren und mögliche Hintergründe klären.

Kontaktaufnahme

Grundsätzlich ist es die Pflicht des Arbeitnehmers, seine Abwesenheit unverzüglich anzuzeigen. Der Arbeitgeber ist in aller Regel nicht verpflichtet, entsprechende Nachforschungen über den Verbleib des Arbeitnehmers anzustellen. Dennoch sollte der erste Schritt bei plötzlichem Nichterscheinen bei der Arbeit die Kontaktaufnahme sein. Zunächst sollte versucht werden, den Mitarbeiter telefonisch zu erreichen. Ist der Arbeitnehmer auf diesem Wege nicht erreichbar, sollten alternative Kommunikationswege (E-Mail, Messenger etc.) ausgeschöpft werden. Hier kann auch das Abfragen einer elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bei den Krankenkassen weiterhelfen. Bleiben sämtliche Kontaktversuche fruchtlos, kann der Notfallkontakt hinzugezogen werden.

Einstellung der Lohnfortzahlung – „Ohne Arbeit kein Lohn“

Bleibt der Arbeitnehmer (weiterhin) unentschuldigt der Arbeit fern, sollten Arbeitgeber die Lohnzahlung bis zur weiteren Klärung des Sachverhalts einstellen. Ganz nach dem im Arbeitsrecht geltenden Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“, hat der Arbeitnehmer für Zeiten der unentschuldigten Abwesenheit keinen Anspruch auf Lohnzahlung. Erst wenn sich nachträglich herausstellt, dass der Arbeitnehmer für den betreffenden Zeitraum krankgeschrieben war und auch eine entsprechende ärztliche Bescheinigung vorlegt, ist der einbehaltene Lohn für diesen Zeitraum nachzuzahlen.

Arbeitsrechtliche Konsequenzen – Abmahnung und Kündigung

Die arbeitsrechtliche Situation ist eindeutig: Das unentschuldigte Fernbleiben von der Arbeit ist eine Pflichtverletzung. Der Arbeitnehmer verletzt seine Hauptpflicht und erbringt keine Arbeitsleistung. Auch führt das unentschuldigte Fernbleiben des Arbeitnehmers zu einem erheblichen Vertrauensbruch. Hier sollte konsequent gehandelt und – nach Prüfung der Umstände des Einzelfalls – erwogen werden, eine Abmahnung auszusprechen, wenn sämtliche Kontaktversuche gescheitert sind und die Sachlage weiterhin unklar ist. Auch wenn der Arbeitnehmer wieder auftaucht und keine entschuldbare Rechtfertigung für sein Verhalten vorliegt (schwere Krankheit, Koma o.Ä.), kommt eine Abmahnung in Betracht. Im Gegensatz zur Kündigung muss die Abmahnung vom Arbeitgeber nicht unterschrieben und dem Mitarbeiter nicht im Original zugestellt werden. Eine Übermittlung an die bekannte E-Mail-Adresse ist daher grundsätzlich ausreichend. Es empfiehlt sich gleichzeitig eine Zustellung per Einwurfeinschreiben an die bekannte Wohnanschrift vorzunehmen, um im Bedarfsfall den Zugang nachzuweisen.

Bleibt der Arbeitnehmer trotz Abmahnung verschwunden, kann eine Kündigung in Erwägung gezogen werden. Ob ordentlich oder außerordentlich ist einzelfallabhängig. Jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum unentschuldigt nicht zur Arbeit erscheint und ein Verhalten gleicher Art schon mal an den Tag gelegt hat, kann eine außerordentliche Kündigung in Betracht gezogen werden.

Erstattung einer Vermisstenanzeige erforderlich?

Schließlich stellt sich die Frage, ob sich aus dem Verschwinden eines Arbeitnehmers Handlungspflichten für den Arbeitgeber ergeben. Wie eingangs erwähnt, trifft den Arbeitgeber grundsätzlich keine Pflicht, entsprechende Nachforschungen über den Verbleib des Arbeitnehmers anzustellen. Doch kein Grundsatz ohne Ausnahme: Aus der gesetzlich verankerten Fürsorgepflicht des Arbeitgebers können sich Handlungspflichten ergeben, wenn konkrete Hinweise auf gesundheitliche oder persönliche Probleme bestehen oder der Arbeitgeber aus sonstigen Gründen annimmt, dass dem Arbeitnehmer etwas zugestoßen sein könnte. In solchen Fällen ist der Arbeitgeber gehalten die Polizei zu kontaktieren und ggf. eine Vermisstenanzeige aufzugeben.

Fazit

Dass Mitarbeiter plötzlich „verschwinden“ oder über längere Zeit unentschuldigt fehlen, kommt in der Praxis häufiger vor, als man denkt. Umso wichtiger ist es, präventive Maßnahmen zu ergreifen, wie beispielsweise die Erfassung eines Notfallkontakts und die klare Kommunikation der Erwartungen an den Arbeitnehmer im Falle einer Arbeitsverhinderung. Kommt es trotz dieser Vorkehrungen zu einem unerklärlichen Fehlen, gilt es, zunächst alle Kontaktmöglichkeiten auszuschöpfen. Bleiben diese erfolglos, ist der nächste Schritt, die Lohnzahlung einzustellen und arbeitsrechtliche Konsequenzen in Betracht zu ziehen. Bei einem konkreten Verdacht auf ein Unglück, sollte die Polizei informiert und gegebenenfalls eine Vermisstenanzeige erstattet werden.

Hasret Seker

Rechtsanwältin

Senior Associate
Hasret Seker berät und vertritt nationale und internationale Unternehmen sowie Führungskräfte in sämtlichen Bereichen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts. Neben Restrukturierungsprojekten berät sie ihre Mandanten zudem in Kündigungsrechtsstreitigkeiten, im Bereich des Betriebsverfassungsrechts sowie in der Vertragsgestaltung.
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