Das Thema Homeoffice oder mobiles Arbeiten als flexible Arbeitsform ist aus der Realität vieler Unternehmen nicht mehr wegzudenken. Die damit verbundene Flexibilität bietet sowohl Arbeitnehmern als auch Arbeitgebern zahlreiche Vorteile, etwa eine bessere Work-Life-Balance oder reduzierte Betriebskosten. Auch können Arbeitgeber Talente aus einer größeren geografischen Region anwerben, ohne auf den Standort achten zu müssen (zu den Besonderheiten zum mobilen Arbeiten aus dem EU-Ausland, siehe unser Blog-Beitrag). Allerdings bringt die mobile Arbeit im Homeoffice auch Herausforderungen mit sich, insbesondere im Hinblick auf die Kontrolle und Effizienz der Arbeitsleistung. Ein in der Praxis immer wieder auftauchendes Thema ist etwa der potenzielle Missbrauch der verringerten Kontrollmöglichkeiten, sei es durch eine unzureichende Erfüllung der Arbeitsaufgaben oder anderes Fehlverhalten. Arbeitgeber stehen daher vor der Frage, welche rechtlichen und organisatorischen Maßnahmen sie ergreifen können, um sicherzustellen, dass die Vorteile der mobilen Arbeit im Homeoffice nicht durch Missbrauch untergraben werden.
Sollten Arbeitgeber konkret feststellen, dass die Leistung einzelner Arbeitnehmer während ihrer Tätigkeit im Homeoffice im Vergleich zur üblichen Büroarbeit kontinuierlich abnimmt, stellt sich die Frage nach geeigneten Reaktionsmöglichkeiten.
Mitarbeitergespräche und Vorgabe von Zielen
Werden Leistungsmängel festgestellt, sollte dies umgehend angesprochen und dokumentiert werden. Hierzu sollte zunächst ein Gespräch mit dem betreffenden Mitarbeiter geführt und mitgeteilt werden, dass eine Nicht- bzw. Minderleistung vorliegt. Im besten Fall geschieht dies mit entsprechenden Nachweisen. Der Mitarbeiter bekommt so unmittelbare Gelegenheit zur Stellungnahme.
Ein vertrauliches Gespräch kann helfen, die Ursachen für die mangelnde Leistung zu identifizieren. Hierbei sollte auch erörtert werden, ob es persönliche, technische oder sonstige Schwierigkeiten gibt, die die Leistung beeinträchtigen, so dass ggf. relativ schnell gemeinsam eine Lösung gefunden werden kann.
Im Rahmen des Gesprächs sollten Arbeitgeber darüber hinaus klarstellen, was künftig erwartet wird. Hierzu sollten dem Arbeitnehmer klare Ziele vorgegeben werden, die innerhalb einer bestimmten Zeit zu erreichen sind. Dies sollte entsprechend protokolliert, die Richtigkeit beidseitig unterzeichnet und das erstellte Protokoll aufbewahrt werden. Durch regelmäßige Feedback-Gespräche kann ein klares Signal in Richtung des Arbeitnehmers gesendet werden.
Reduktion des Anteils mobiler Arbeit bzw. deren Beendigung
Wenn sich das Verhalten des Arbeitnehmers nach den Gesprächen nicht bessert, sollten Arbeitgeber rechtliche Möglichkeiten prüfen, die mobile Tätigkeit zu reduzieren, um die Arbeitsleitung des Arbeitnehmers zu „stabilisieren“, oder sogar zu beenden (zur Umsetzung, siehe unser Blog-Beitrag). Hierbei sind die Regelungen z.B. im Arbeitsvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung relevant.
In diesem Zusammenhang ist auch das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates zu beachten. Die Entscheidung über die vollständige Beendigung mobiler Arbeit trifft zwar allein der Arbeitgeber. Abgrenzungsprobleme gibt es aber bei der Frage, ob die Reduzierung des Anteils mobiler Arbeit an der Gesamtarbeitszeit (z.B. nur noch 1 Tag Home-Office/Woche anstatt vorheriger 3 Tage Home-Office/Woche) bereits als inhaltliche Ausgestaltungsfrage im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG gilt (siehe hierzu unser Blog-Beitrag). Eine höchstrichterliche Entscheidung zu dieser Frage ist noch nicht ergangen.
Abmahnung
Bei Pflichtverletzungen besteht die Möglichkeit, eine förmliche Abmahnung auszusprechen. Diese formale Warnung gibt Arbeitnehmern nochmals die Chance, das eigene Verhalten zu korrigieren, indem auf weitere arbeitsrechtliche Konsequenzen (bis zur Kündigung) bei Nichtbesserung hingewiesen wird.
Kündigung des Arbeitsverhältnisses
Je nach Schwere der Vorwürfe bzw. des bestehenden Verdachts kann der Arbeitgeber auch unmittelbar eine (außerordentliche) Kündigung aussprechen. Zu beachten ist aber unbedingt, dass bei einer Verdachtskündigung die Anhörung des betroffenen Arbeitnehmers Wirksamkeitsvoraussetzung für die Kündigung ist. Der Arbeitnehmer muss die Möglichkeit erhalten, die Verdachtsgründe zu entkräften und Entlastungstatsachen anzuführen.
Der Arbeitgeber trägt in einem späteren gerichtlichen Prozess grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass und in welchem Umfang Arbeitnehmer ihre Arbeitspflichten nicht erfüllen. Dies gilt nach einer Entscheidung des LAG Mecklenburg-Vorpommern gerade auch bei Homeoffice-Tätigkeit (LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 28.9.2023 – 5 Sa 15/23). Deshalb sollte die Nicht- bzw. Minderleistung des Arbeitnehmers, das Führen von Mitarbeitergesprächen und die Vorgabe sowie die (Nicht-)Erreichung von Zielen stets protokolliert werden.
Das Vortäuschen der Erbringung von Arbeitsleistung dürfte in der Regel eine erhebliche Pflichtverletzung, konkret einen Arbeitszeitbetrug darstellen. Ein solches Verhalten, z.B. durch Falschangaben im betrieblichen Zeiterfassungssystem, ist in aller Regel geeignet, das Vertrauensverhältnis zwischen den Vertragsparteien massiv zu erschüttern. Deshalb erkennt das BAG Arbeitszeitbetrug als wichtigen Grund an, der eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen kann (BAG, Urteil v. 26. September 2013 – 2 AZR 682/12).
Fazit
Flexible Arbeitsformen werden in Zukunft weiterhin eine große Rolle spielen, weshalb es für Arbeitgeber entscheidend ist, eine Balance zwischen Vertrauen und Kontrolle zu finden. Um das Risiko eines Leistungsabfalls von Mitarbeitenden im Homeoffice zu minimieren, ist es unerlässlich, klare Regeln und Erwartungen vorzugeben.
Arbeitgeber sollten zudem kontinuierlich ihre Strategien anpassen und die Wirksamkeit ihrer Maßnahmen überprüfen, um langfristig eine produktive und vertrauensvolle Arbeitsumgebung zu schaffen. Zukünftige Entwicklungen in der digitalen Überwachungstechnik könnten neue Möglichkeiten bieten, Missbrauch entgegenzuwirken, ohne dabei das Vertrauen der Mitarbeitenden zu beeinträchtigen. Eine denkbare technische Möglichkeit ist zwar die Nutzung von sog. Keyloggern, die Tastatureingaben am Computer erfassen (siehe hierzu unser Blogbeitrag). Diese ist jedoch ohne einen begründeten Verdacht einer Straftat oder einer anderen schwerwiegenden Pflichtverletzung nach dem Datenschutzrecht unzulässig. Dies hat gegebenenfalls auch zur Folge, dass erlangte Kenntnisse z.B. im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses nicht verwertet werden dürfen.