Nach der Geburt eines Kindes verabschieden sich viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in die Elternzeit. In diesem Zusammenhang stellen sich in der Praxis unterschiedliche Fragen: Kann eine einmal beantragte Elternzeit einfach ohne Zustimmung des Arbeitgebers verlängert werden? Was passiert, wenn der Arbeitnehmer früher zurückkehren möchte? Ist für die Dauer der Elternzeit der volle Urlaub zu gewähren? Ab wann greift der Sonderkündigungsschutz? Und was passiert, wenn der Arbeitnehmer zurückkommt? Diese und weitere Fragen beantworten wir in diesem Beitrag.
Wer hat Anspruch auf Elternzeit?
Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer (im Folgenden wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit für sämtliche Geschlechter (m/w/d) gleichermaßen der Begriff „Arbeitnehmer“ verwendet), der mit einem Kind in einem Haushalt lebt und dieses selbst betreut, hat Anspruch auf Elternzeit. Es muss sich nicht zwingend um das leibliche Kind handeln, sondern es genügt eine rechtliche Beziehung zum Kind. Eine solche ist insbesondere im Falle einer Adoption oder einer Vollzeitpflege gegeben.
Darf der Arbeitgeber die Inanspruchnahme der Elternzeit verweigern?
In der Praxis wird zwar oftmals von einem „Antrag“ auf Elternzeit gesprochen. Tatsächlich wird Elternzeit aber nicht beantragt und sie bedarf auch nicht der Zustimmung des Arbeitgebers. Die Elternzeit wird vielmehr durch Ausübung eines einseitigen Gestaltungsrechts gegenüber dem Arbeitgeber in Anspruch genommen. Die schriftliche Mitteilung des Arbeitnehmers, dass er Elternzeit in Anspruch nehmen möchte, muss für Kinder unter drei Jahren spätestens sieben Wochen und für Kinder über drei Jahren spätestens 13 Wochen vor dem gewünschten Beginn der Elternzeit erfolgen. Sind die Voraussetzungen erfüllt, werden die beiderseitigen Hauptleistungspflichten mit Beginn der Elternzeit automatisch suspendiert.
Wie lange dauert die Elternzeit und auf wie viele Zeitabschnitte kann sie verteilt werden?
Jeder Arbeitnehmer kann ab der Geburt des Kindes eine dreijährige Elternzeit beanspruchen. Dabei kann ein Anteil von bis zu 24 Monaten auch zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr genommen werden (§ 15 Abs. 2 Satz 2 BEEG). Der Arbeitnehmer kann seine Elternzeit auf drei Zeitabschnitte verteilen, ohne dass es der Zustimmung des Arbeitgebers bedarf. Darüberhinausgehende Zeitabschnitte müssen hingegen mit dem Arbeitgeber abgestimmt werden. Soll der dritte Abschnitt im Zeitraum zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes liegen, kann der Arbeitgeber die Inanspruchnahme des dritten Abschnitts aus dringenden betrieblichen Gründen ablehnen (§ 16 Abs. 1 Satz 7 BEEG).
Muss der Arbeitnehmer sich festlegen, wann und wie lange er Elternzeit in Anspruch nehmen muss?
Der Arbeitnehmer muss sich bei Inanspruchnahme der Elternzeit verbindlich festlegen, für welche Zeiträume innerhalb der ersten zwei Jahre nach der Geburt des Kindes er Elternzeit nehmen möchte (§ 16 Abs. 1 Satz 2 BEEG). Um dem Planungs- und Dispositionsinteresse des Arbeitgebers Rechnung zu tragen, ist der Arbeitnehmer an diese Mitteilung gebunden, d.h. er kann hiervon nicht einseitig abweichen.
Beispiel: Der Arbeitnehmer teilt dem Arbeitgeber mit, ab dem Zeitpunkt der Geburt des Kindes für ein Jahr Elternzeit in Anspruch zu nehmen. Im Laufe dieses Jahres meldet er sich bei dem Arbeitgeber und erklärt, er wolle für ein weiteres Jahr in Elternzeit gehen.
Indem der Arbeitnehmer ursprünglich mitgeteilt hat, ab der Geburt des Kindes für ein Jahr in Elternzeit zu gehen, hat er sich gleichzeitig festgelegt, während des zweijährigen Bindungszeitraums keine weitere Elternzeit in Anspruch zu nehmen. Möchte er die Elternzeit dann doch verlängern, bedarf dies der Zustimmung des Arbeitgebers.
Was muss der Arbeitgeber beachten, wenn der Arbeitnehmer seine Elternzeit verlängern möchte?
Grundsätzlich bedarf die Verlängerung der Elternzeit also der Zustimmung des Arbeitgebers. Ein Anspruch des Arbeitnehmers besteht nach § 16 Abs. 3 Satz 4 BEEG ausnahmsweise dann, wenn „ein vorübergehender Wechsel der Anspruchsberechtigung“ aus einem wichtigen Grund nicht erfolgen kann. Ein solcher Fall liegt etwa dann vor, wenn ein Arbeitnehmer zunächst für zwei Jahre Elternzeit in Anspruch nimmt, weil das Kind anschließend von dem anderen Elternteil betreut werden sollte.
Achtung: Eine zustimmungspflichtige Verlängerung liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer die Zweijahresfrist noch nicht ausgeschöpft wird. Hat der Arbeitnehmer hingegen bereits zwei Jahre Elternzeit in Anspruch genommen und möchte dann die „nicht verbrauchte“ Elternzeit in Anspruch nehmen, ist dies ohne Zustimmung des Arbeitgebers möglich.
Kann die Elternzeit vorzeitig beendet werden?
Eine einvernehmliche vorzeitige Beendigung ist jederzeit möglich. Daneben hat der Arbeitnehmer nach § 16 Abs. 3 Satz 2 BEEG die Möglichkeit, die Elternzeit wegen der Geburt eines weiteren Kindes oder wegen eines besonderen Härtefalls (z.B. schwere Krankheit, Tod eines Elternteils) vorzeitig zu beenden. Auch insofern handelt es sich um ein einseitiges Gestaltungsrecht des Arbeitnehmers. Der Arbeitgeber kann eine vorzeitige Beendigung der Elternzeit nur verhindern, wenn er diese innerhalb von vier Wochen schriftlich aus dringenden betrieblichen Gründen ablehnt. Weitere Einzelheiten finden Sie auch hier.
Ab wann greift der Sonderkündigungsschutz?
Arbeitnehmer in Elternzeit genießen bekanntlich Sonderkündigungsschutz. Dies bedeutet, dass eine Kündigung nach § 18 Abs. 1 BEEG der vorherigen Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörde bedarf. Der Sonderkündigungsschutz greift bereits ab dem Zeitpunkt des Elternzeitverlangens, höchstens jedoch acht Wochen vor dem Beginn der Elternzeit.
Kann während der Elternzeit der Urlaub gekürzt werden?
Ja, sofern der Arbeitnehmer während der Elternzeit nicht bei dem Arbeitgeber in Teilzeit arbeitet, § 17 Abs. 1 BEEG. In diesem Fall kann der Arbeitgeber den Urlaub für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um 1/12 kürzen. Wichtig ist, dass der Urlaub nicht automatisch gekürzt wird. Es bedarf vielmehr einer entsprechenden Erklärung seitens des Arbeitgebers. Diese Erklärung muss nicht zwingend vor oder während der Elternzeit abgegeben werden, sondern kann auch noch nach der Elternzeit erfolgen – spätestens aber vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses. In der Praxis empfiehlt es sich, die Kürzungserklärung zusammen mit der Bestätigung der Elternzeit abzugeben.
Besteht ein Anspruch, während der Elternzeit in Teilzeit zu arbeiten?
Ja. Die Voraussetzungen sind in § 15 Abs. 7 BEEG normiert. Der Anspruch besteht dann nicht, wenn der Arbeitgeber sich form- und fristgerecht auf dringende betriebliche Gründe beruft, die der begehrten Arbeitszeitreduzierung entgegenstehen. Weitere Einzelheiten finden Sie hier.
Die Elternzeit endet. Was nun?
Mit Ende der Elternzeit lebt das bis dahin ruhende Arbeitsverhältnis automatisch wieder auf. Der Arbeitnehmer kehrt also an seinen Arbeitsplatz zurück. Dabei besteht grundsätzlich kein Anspruch auf den früheren Arbeitsplatz. Der Arbeitgeber kann dem aus der Elternzeit zurückgekehrten Arbeitnehmer im Rahmen des ihm zustehenden Weisungsrechts andere Tätigkeiten zuweisen.