Volksfeste wie das Oktoberfest in München oder der Cannstatter Wasen in Stuttgart gehören als Teamevent zum Sommerausklang für viele Unternehmen zum Pflichtprogramm. Beim gemeinsamen Singen und Schunkeln zu Klassikern wie „Major Tom“ verbringen Mitarbeitende und Arbeitgeber unbeschwerte Stunden. Doch eine völlig losgelöste Stimmung birgt aus arbeitsrechtlicher Sicht Risiken – für Arbeitgeber ebenso wie für Mitarbeitende.
Konsum von Alkohol und Cannabis auf einer Firmenfeier?
Der Konsum von Alkohol auf Firmenfeiern ist nicht unüblich. Viele Arbeitgeber sehen von strengen Regeln ab, die ein umfassendes Alkoholverbot, auch für Feierlichkeiten des Unternehmens vorsehen. Bestehen solche strikten (betrieblichen) Regelungen nicht, spricht aus arbeitsrechtlicher Sicht grundsätzlich erst einmal nichts dagegen, auf dem Volksfest mit einer kühlen Maß mit den Kollegen anzustoßen.
Auch der Konsum von Cannabis ist seit der Legalisierung (bis zu bestimmten Grenzwerten), grundsätzlich entsprechend zu behandeln. Generell zum Cannabiskonsum am Arbeitsplatz informierten wir bereits mit dem Blogbeitrag im April „Wir kiffen“ – Arbeitsrecht und die Cannabis-Legalisierung („Wir kiffen“ – Arbeitsrecht und die Cannabis-Legalisierung – Kliemt.blog). Der Cannabiskonsum am Arbeitsplatz ist – unter Beachtung bestimmter Grenzwerte entsprechend der gesetzlichen Regelungen – grundsätzlich nicht (mehr) verboten.
Dies gilt jedoch nur, solange der Mitarbeitende noch in der Lage ist, seinen arbeitsvertraglichen Pflichten mit der von ihm arbeitsvertraglich geschuldeten Sorgfalt nachzukommen. Für Firmenfeierlichkeiten gilt insofern nichts anderes.
Dennoch stellen Arbeitgeber erfahrungsgemäß strengere Regelungen für den Konsum von Cannabis auf. So kann der Cannabiskonsum etwa durch Richtlinien, Betriebsvereinbarungen oder anderen Regelungen im Betrieb absolut – also auch auf Firmenfeierlichkeiten – arbeitgeberseitig untersagt sein. An dieses Verbot haben sich Mitarbeitende zu halten. Dies gilt auch, wenn die Firmenfeierlichkeit nicht auf dem Betriebsgelände, sondern außerhalb, etwa auf einem Volkfestgelände, stattfindet.
Neben betrieblichen Regelungen sind gerade bezüglich des Cannabiskonsums auch die aktuellen gesetzlichen, teils länderspezifischen Regelungen zu beachten. In Bayern etwa, ist der Konsum von Cannabis auf Volksfesten – so auch auf dem Münchener Oktoberfest – verboten, vgl. Art. 3 Abs. 1 S. 4 bayerisches Gesundheitsschutzgesetz.
Die Möglichkeit arbeitsrechtlicher Konsequenzen
Fallen durch den übermäßigen Konsum berauschender Mittel dennoch die Hemmungen auf der Firmenfeierlichkeit, drohen arbeitsrechtliche Konsequenzen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Mitarbeitende damit gegen eine bestehende betriebliche Regelung verstößt, die ein Verbot für den Konsum von berauschenden Mitteln vorsieht.
Ein Fehlverhalten aufgrund des Konsums von Alkohol oder Cannabis kann aber auch ohne bestehende betriebliche Regelung eine Pflichtverletzung und mithin einen verhaltensbedingten Kündigungsgrund darstellen. In schweren Fällen kann dies sogar eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen.
Die Abmahnung als milderes Mittel
In vielen Fällen ist zumindest der Ausspruch einer Abmahnung unumgänglich. Das gilt etwa dann, wenn der übermäßige Konsum von berauschenden Mitteln zu abfälligen Äußerungen über den eigenen Chef oder unpassenden Tanzeinlagen führt.
Bei verhaltensbedingten Pflichtverletzungen ist arbeitgeberseitig– unabhängig von einem Alkohol- oder Cannabiskonsum – vor dem Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung stets zunächst abzuwägen und zu prüfen, ob eine Abmahnung ausreichend ist. Ist das der Fall, ist vor dem Ausspruch einer Kündigung, zunächst eine Abmahnung auszusprechen.
Eine Abmahnung ist bei Vorfällen, die in Zusammenhang mit einem übermäßigen Konsum von Alkohol oder Cannabis stehen, zumindest dann ausreichend und arbeitgeberseitig angezeigt, wenn sich der Mitarbeitende die Abmahnung als Warnung dienen lässt und ein solches Fehlverhalten daher voraussichtlich zukünftig unterlassen wird und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit weiterhin zumutbar erscheint.
Die Kündigung als ultima ratio
Erst dann, wenn eine weitere Zusammenarbeit – aufgrund der Schwere der Pflichtverletzung – unzumutbar erscheint, sollte der Ausspruch einer Kündigung (ggf. auch ohne vorherige Abmahnung) in Betracht gezogen werden. Wiegt die Pflichtverletzung derart schwer, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar ist, kann sogar der Ausspruch einer fristlosen Kündigung angedacht werden.
Das ist etwa der Fall, wenn der ungehemmte Konsum von Alkohol oder Cannabis auf der Firmenfeierlichkeit zu Tätlichkeiten gegenüber einem Mitarbeitenden führt. Grund hierfür ist, dass die betriebliche Zusammenarbeit durch derartige Auseinandersetzungen nachhaltig beeinträchtigt sein wird. Außerdem besitzt der Arbeitgeber gegenüber all seinen Mitarbeitenden eine Fürsorgepflicht, die ihn dazu verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass diese keinen Tätlichkeiten ausgesetzt sind. Mit dem Ausspruch einer Kündigung setzt der Arbeitgeber diese Fürsorgepflicht regelmäßig effektiv um. Mildere Mittel, wie etwa eine Umsetzung des Kollegen in ein anderes Team, sind dennoch vorab arbeitgeberseitig zu prüfen.
„O’zapt is, aber bitte in Maßen“ – Vorkehrungen im Vorfeld
Um ein friedliches Miteinander auch auf dem Münchener Oktoberfest oder einem anderen Volksfest im Team zu gewährleisten, können Arbeitgeber im Vorfeld einige Vorkehrungen treffen.
Arbeitgeber sollten prüfen, ob etwaige bestehende betriebliche Regelungen zum Alkoholkonsum auf Firmenfeierlichkeiten auch in Hinblick auf den Konsum von Cannabis auf dem neuesten Stand sind. Sind solche betrieblichen Regelungen nicht vorhanden, sollten diese ggf. aufgrund der aktuellen Entwicklungen gestaltet werden. Sind in der Vergangenheit dagegen insbesondere einzelne Mitarbeitende negativ durch den Konsum von Alkohol oder Cannabis aufgefallen, ist auch der Ausspruch individueller Konsumverbote denkbar.
Arbeitgeber sollten auf bestehende rechtliche betriebliche Gegebenheiten und Verbote im Vorfeld der Firmenfeierlichkeit hinweisen – etwa durch Mitteilung im Intranet mit individueller Bestätigungspflicht. Nur so kann sichergestellt werden, dass alle Mitarbeitenden auch Kenntnis von den betrieblichen Regelungen haben. Daneben sollte diese arbeitgeberseitige Information auch etwaige bestehende gesetzliche, ggf. länderspezifische Verbote, umfassen.
Eine klare Kommunikation im Vorfeld und Sensibilisierung im Hinblick auf den verantwortungsbewussten Konsum von Alkohol und Cannabis kann in jedem Fall dazu beitragen, Fehlverhalten zu vermeiden.
In diesem Sinne: O’zapft is – auf einen friedlichen Teamabend!
Dieser Beitrag ist entstanden mit Unterstützung von Monika Manthey, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Standort in München.