Im digitalen Zeitalter bieten die sozialen Medien nahezu unbegrenzte Möglichkeiten der Kommunikation. Veröffentlichter Content geht viral. Und immer häufiger belasten veröffentlichte oder geteilte Inhalte das Arbeitsverhältnis. Gleichwohl sind die Hürden für entsprechende Arbeitgeberkündigungen hoch.
Immer häufiger rücken politische Äußerungen von Arbeitnehmern in den Fokus von Arbeitgebern. Ein prominentes Beispiel stellt etwa die Kündigung des Fußballbundesligisten Mainz 05 gegenüber dem Spieler, Anwar El Ghazi, wegen eines politischen Instagram-Posts dar. Ebenso viral gingen die Kündigungen aufgrund des „Sylt-Videos“, über die wir in unserem Beitrag Kündigung wegen rassistischer Äußerungen im Privatbereich berichteten. Mit welchen wesentlichen Herausforderungen Arbeitgeber bei Kündigungsausspruch zu kämpfen haben, beleuchten wir im Folgenden.
Erste Hürde: Außerbetriebliches Verhalten
Nach ständiger Rechtsprechung des BAG ist ein Arbeitnehmer im Grundsatz nicht verpflichtet, bei der Gestaltung seines Privatlebens die Interessen seines Arbeitgebers zu berücksichtigen und sein Verhalten hieran auszurichten. Allerdings obliegen ihm auch außerhalb der Arbeitszeit die Rücksichtnahmepflichten gemäß § 241 Abs. 2 BGB, die sein privates Verhalten einschränken können, wenn sich dieses auf den betrieblichen Bereich auswirkt und damit die Interessen des Arbeitgebers berührt. Ein pflichtwidriges außerdienstliches Verhalten kann daher durchaus geeignet sein, eine Kündigung zu rechtfertigen, wenn es einen Bezug zum Arbeitsverhältnis aufweist oder zu negativen Auswirkungen auf den Betrieb führt. Weitere Ausführungen hierzu finden Sie in unseren Beiträgen Politische Betätigung als Kündigungsgrund? – Teil 1 und Teil 2.
Zweite Hürde: Meinungsfreiheit
Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG findet bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Kündigung gleich zweifach Berücksichtigung – zunächst bei der Frage, ob überhaupt eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung vorliegt und, falls ja, erneut im Rahmen der Interessenabwägung.
Bei der Frage, ob eine (politische) Äußerung die vertragliche Pflicht zur Rücksichtnahme verletzt, ist das Grundrecht des Arbeitnehmers auf Meinungsfreiheit hinreichend zu beachten. Dies erfordert die Abwägung zwischen den Belangen der Meinungsfreiheit und den Rechtsgütern, in deren Interesse die Meinungsfreiheit eingeschränkt werden soll. Rechtsgüter, welche die Meinungsfreiheit einschränken können, sind dabei typischerweise die gemäß Art. 12 GG geschützte wirtschaftliche Betätigungsfreiheit des Arbeitgebers, die insbesondere durch eine Störung des Arbeitsablaufs und des Betriebsfriedens berührt werden kann, sowie die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme auf die Interessen der anderen Vertragspartei gemäß § 241 Abs. 2 BGB. Nach ständiger Rechtsprechung des BAG wird die Meinungsfreiheit regelmäßig zurücktreten müssen, wenn sich die Äußerung als Angriff auf die Menschenwürde oder als eine Formalbeleidigung oder eine Schmähung darstellt. Ansonsten kommt es für die Abwägung auf die Schwere der Beeinträchtigung des betroffenen Rechtsguts an.
Da im Rahmen der Interessenabwägung (Bestandsinteresse des Arbeitnehmers vs. Beendigungsinteresse des Arbeitgebers) alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind, kommt der Meinungsfreiheit auch hier Bedeutung zu.
Fazit
Der Ausspruch von (außer)ordentlichen Kündigungen aufgrund politischer Äußerungen von Arbeitnehmern ist zwar möglich – die Hürden für deren Wirksamkeit sind jedoch (zu) hoch. Zwar sollten Arbeitgeber daneben auch Auflösungsanträge in Betracht ziehen, allerdings werden an die Feststellung, ob Gründe für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses vorliegen, strenge Anforderungen gestellt. Zudem sind diese nicht selten wirtschaftlich unattraktiv. Wünschenswert sind daher nicht nur Behelfsmöglichkeiten für Arbeitgeber, sondern sicher auch ein verantwortungsvollerer Umgang mit sozialen Medien. Denn die Reichweite von (politischen) Äußerungen außerhalb des Betriebes und deren Ausstrahlung auf das Arbeitsverhältnis werden nach wie vor häufig unterschätzt.