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Besonderheiten bei der Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern in der mitbestimmten GmbH

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Bei der Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern in der mitbestimmten GmbH sind in materieller Hinsicht einige mitbestimmungsrechtliche Besonderheiten zu beachten: Insbesondere kann die Bestellung nur für maximal fünf Jahre erfolgen und bedarf es für die Abberufung eines wichtigen Grundes.

Grundsätzlich unterliegen die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern keinen materiellen Beschränkungen, was die Laufzeit der Bestellung und die Voraussetzungen für den Widerruf der Bestellung angeht. Anders jedoch, wenn die Gesellschaft der Mitbestimmung nach dem MitbestG unterliegt, weil sie in der Regel mehr als 2000 Arbeitnehmer beschäftigt: In diesem Fall ist die Bestellung auf maximal fünf Jahre begrenzt und ist die Abberufung nur zulässig, wenn hierfür ein wichtiger Grund vorliegt (§ 31 Abs. 1 Satz 1 MitbestG, § 84 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 AktG). Auch der Anstellungsvertrag kann nur auf längstens fünf Jahre abgeschlossen (§ 84 Abs. 1 Satz 5 AktG) und grundsätzlich nur außerordentlich aus wichtigem Grund gekündigt werden.

Bestellung zum Geschäftsführer

In einer mitbestimmten GmbH ist die Bestellung zum Geschäftsführer aufgrund der gesetzlichen Verweisung (§ 31 Abs. 1 Satz 1 MitbestG) auf die für Vorstände einer Aktiengesellschaft geltenden Grundsätze auf längstens fünf Jahre begrenzt (§ 84 Abs. 1 Satz 1 AktG). Eine Mindestdauer der Bestellung gibt es nicht, so dass grundsätzlich auch eine kürzere als fünfjährige Bestellung möglich ist. Eine automatische Verlängerung einer fünfjährigen Bestellung für den Fall, dass nicht gekündigt wird, ist unzulässig. Das Gleiche gilt für eine stillschweigende Verlängerung der Bestellung durch bloßes Dulden der weiteren Tätigkeit. Vielmehr bedarf es eines erneuten Aufsichtsratsbeschlusses, der frühestens ein Jahr vor Ablauf der bisherigen Amtszeit gefasst werden darf (§ 84 Abs. 1 Satz 3, 2 AktG). Lediglich bei einer kürzeren als fünfjährigen Bestellung kann eine automatische Verlängerung der Amtszeit ohne neuen Aufsichtsratsbeschluss vorgesehen werden, sofern dadurch die gesamte Amtszeit nicht mehr als fünf Jahre beträgt (§ 84 Abs. 1 Satz 4 AktG).

Abschluss des Anstellungsvertrages

Von der Bestellung zum Geschäftsführer zu unterscheiden ist der Abschluss des Anstellungsvertrages. Auch dieser kann für maximal fünf Jahre geschlossen werden. Allerdings kann eine automatische Verlängerung des Anstellungsverhältnisses für den Fall vereinbart werden, dass die Amtszeit verlängert wird, und zwar bis zum Ablauf der verlängerten Amtszeit (§ 84 Abs. 1 Satz 5 AktG). Die wohl herrschende Meinung lehnt es ab, die für Vorstände einer Aktiengesellschaft geltenden Grundsätze zur angemessenen Vergütung und zur Vergütungsminderung bei wirtschaftlicher Schieflage des Unternehmens (§ 87 Abs. 1, 2 AktG) auch auf Geschäftsführer einer mitbestimmten GmbH anzuwenden.

Abberufung des Geschäftsführers

Grundsätzlich bedarf die Gesellschaft für den Widerruf der Bestellung ihres Geschäftsführers keines besonderen Grundes (§ 38 Abs. 1 GmbHG). Anders in der mitbestimmten GmbH: Dort ist die Abberufung nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes zulässig. Dies kann insbesondere eine grobe Pflichtverletzung, die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung oder der Vertrauensentzug durch die Gesellschafterversammlung sein, wobei das Vertrauen nicht aus offenbar unsachlichen Gründen entzogen werden darf (§ 84 Abs. 4 Satz 1, 2 AktG).

Kündigung des Anstellungsverhältnisses

Auch das Anstellungsverhältnis kann wegen seiner Befristung grundsätzlich nur außerordentlich aus wichtigem Grund gekündigt werden; die Vereinbarung einer ordentlichen Kündbarkeit im Anstellungsvertrag kann wegen Unterlaufens des § 84 Abs. 4 AktG unzulässig sein. Bei einer außerordentlichen Kündigung des Anstellungsverhältnisses ist zudem die 2-wöchige Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB zu beachten. Diese beginnt erst mit positiver Kenntnis des Aufsichtsrats in seiner Gesamtheit – d.h. als Gremium – vom Kündigungssachverhalt zu laufen. Der Wissensstand einzelner Aufsichtsratsmitglieder ist grundsätzlich nicht maßgeblich.

Fazit

Bei der Begründung und der Beendigung der Zusammenarbeit mit einem Geschäftsführer einer mitbestimmten GmbH gelten neben formellen Anforderungen – insbesondere der Zuständigkeit des Aufsichtsrats (siehe hierzu bereits auf unserem Blog) – auch in materieller Hinsicht einige Besonderheiten, deren Nichtbeachtung zur Unwirksamkeit der entsprechenden Bestellungs- und Abberufungsakte bzw. Vertragsschlüsse und Kündigungen führen kann und die daher strikt befolgt werden sollten.

Dr. Christoph Bergwitz

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Counsel
Christoph Bergwitz unterstützt Arbeit­ge­ber ins­be­son­dere bei Fragen des Arbeit­neh­mer­da­ten­schut­zes, im Rahmen von Umstruk­tu­rie­rungs­pro­jekten sowie beim Schutz vor wett­be­werbs­wid­ri­gem Verhalten durch Arbeit­neh­mer. Darüber hinaus berät Christoph Bergwitz Füh­rungs­kräfte und Organ­mit­glie­der.
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