Etwa 650.000 Arbeitnehmer arbeiten derzeit in Deutschland für die katholische Kirche und ihren Wohlfahrtsverband, die Caritas. Derzeit wählen diese Mitarbeiter in vielen Dienststellen eine neue Mitarbeitervertretung (MAV). Auch hierbei kommt es immer wieder zu Verstößen gegen das Wahlverfahren, die Wahlberechtigung oder die Wählbarkeit. Wir zeigen, wie dann zu reagieren ist.
MAV-Wahlen werden selten völlig fehlerfrei durchgeführt. Nicht jeder Tippfehler kann jedoch vor dem Kirchengericht verfolgt werden. Kommt es zu wesentlichen Verstößen, die Auswirkungen auf das Wahlergebnis haben, lohnt sich der Gang zum Wahlausschuss bzw. zum Kirchengericht.
Anfechtung der Wahl vor dem Wahlausschuss
Anders als bei der Wahl einer MAV nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland (MVG.EKD, vgl. unseren Blog-Beitrag vom 13. April 2022) muss nach der für die katholische Kirche geltenden Mitarbeitervertretungsordnung (MAVO) zunächst eine schriftliche Anfechtung der MAV-Wahl beim Wahlausschuss erfolgen. Dies setzt voraus, dass
- ein Verstoß gegen die zwingenden Vorschriften der §§ 6 bis 11 c MAVO erfolgt ist,
- die Frist von einer Woche ab Bekanntgabe des Wahlergebnisses eingehalten wird und
- eine wahlberechtigte Mitarbeiterin, ein wahlberechtigter Mitarbeiter oder der Dienstgeber die Wahl anficht.
Ein Verstoß in diesem Sinne ist bspw. anzunehmen, wenn wahlberechtigte Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter nicht wählen durften oder wählbare Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter als Wahlbewerber ausgeschlossen wurden oder wenn der Grundsatz der geheimen Wahl verletzt wurde.
Stellt der Wahlausschuss fest, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind, muss er prüfen, ob der Verstoß geeignet war, das Wahlergebnis zu beeinflussen. Sollte der Fehler noch heilbar sein, berichtigt der Wahlausschuss den Fehler. Lässt sich der konkrete Verstoß hingegen nicht heilen und ist er geeignet, das Wahlergebnis zu beeinflussen, erklärt der Wahlausschuss die Wahl für ungültig. Die Wahl ist unverzüglich zu wiederholen. Zuständig für die Vorbereitung und Durchführung der neuen Wahl ist in diesem Fall der amtierende Wahlausschuss.
Die Anfechtung der Wahl hat keine aufschiebende Wirkung. Von der ungültig gewählten MAV in der Zwischenzeit getroffenen Entscheidungen bleiben daher wirksam. Ab der endgültigen Entscheidung über die Ungültigkeit der Wahl darf diese MAV jedoch die laufenden Geschäfte nicht weiterführen. In der Dienststelle besteht dann vorübergehend keine MAV mehr.
Überprüfung der Entscheidung des Wahlausschusses vor dem Kirchengericht
Die Mitarbeitenden, die MAV und der Dienstgeber können die Entscheidung des Wahlausschusses innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Bekanntgabe der Entscheidung des Wahlausschusses vor dem Kirchengericht überprüfen lassen.
Feststellung der Nichtigkeit der Wahl vor dem Kirchengericht
In besonderen Ausnahmefällen kann das Kirchengericht die Nichtigkeit einer MAV-Wahl feststellen. Das setzt voraus, dass in so hohem Maße gegen wesentliche Wahlrechtsgrundsätze verstoßen wurde, dass nicht einmal der Anschein einer gesetzeskonformen Wahl vorliegt. Dies ist bspw. der Fall, wenn eine Einrichtung überhaupt nicht der MAVO unterliegt oder wenn die Wahl ohne Bildung eines Wahlausschusses erfolgt.
Die Feststellung der Nichtigkeit der Wahl kann von jedermann beantragt werden, der an der Feststellung ein berechtigtes Interesse hat, also bspw. von der Dienststellenleitung, von Wahlbewerbern oder Wahlberechtigten. Eine Frist ist nicht zu beachten.
Eine nichtige Wahl ist von Anfang an unwirksam. Eine in einer nichtigen Wahl gewählte MAV hat rechtlich nie bestanden. Das hat zur Folge, dass die Beschlüsse einer so entstandenen MAV keine rechtliche Wirkung haben.
Abbruch der Wahl oder Untersagung der Wahl per einstweiliger Verfügung?
Eine Überprüfung der Wahl im laufenden Wahlverfahren ist gemäß § 52 Kirchliche Arbeitsgerichtsordnung (KAGO) möglich, wenn dadurch ein bereits ersichtlicher Mangel, bspw. die Nichtzulassung eines wahlberechtigten Mitarbeitenden, beseitigt werden kann.
Fazit
Wird bei einer MAV-Wahl gegen zwingende Vorschriften über die Wahlberechtigung, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen, kann die Wahl vor dem Wahlausschuss angefochten werden. Dies ist allerdings nur innerhalb einer einwöchigen Frist ab Bekanntgabe des Wahlergebnisses möglich. Die Entscheidung des Wahlausschusses kann wiederum innerhalb von zwei Wochen vor dem Kirchengericht überprüft werden. Jederzeit können extreme Verstöße gegen die genannten Vorschriften vor dem Kirchengericht dahingehend untersucht werden, ob sie die Nichtigkeit der Wahl nach sich ziehen. Auch der Abbruch einer Wahl per einstweiliger Verfügung ist möglich. Hierdurch kann der Gefahr einer Zeit ohne rechtlich existente MAV vorgebeugt sowie Zeit und Geld auf dem Weg zur ordnungsgemäßen Wahl einer MAV gespart werden.