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Arbeitsrecht in der Pandemie Neueste Beiträge

Die neuen Corona-Regeln aus arbeitsrechtlicher Sicht

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Da nach geltender Rechtslage die epidemische Lage mit Wirkung zum 25. November 2021 enden wird, dies aber in einem völligen Missverhältnis zum Infektionsgeschehen steht, hat der Bundestag gestern Neuregelungen zum Infektionsschutzgesetz auf den Weg gebracht. Darüber hinaus haben sich Bund und Länder auf einem weiteren Corona-Gipfel auf verschärfende Maßnahmen verständigt. Die wesentlichen Regelungen fassen wir aus arbeitsrechtlicher Sicht im Folgenden zusammen.

Die gesetzlichen Neuregelungen, für die der Bundesrat heute Morgen grünes Licht gegeben hat, lassen sich grob in drei Bereiche unterteilen: 1) Es sind bundesweit verpflichtende Regelungen geschaffen worden, die einen einheitlichen Schutzstatus schaffen sollen. Hierzu zählen auch flankierende Regelungen, wie die Strafverschärfung im Fall von Impfpass-Fälschungen. 2) Den Bundesländern ist zur Verschärfung des Schutzes ein Katalog unterschiedlicher Maßnahmen zur Verfügung gestellt worden, von dem sie anlassbezogen Gebrauch machen können. 3) Frühere allgemeine Schutzmaßnahmen mit erheblichem Eingriffscharakter sind generell ausgeschlossen (umgangssprachlich die „Lockdown“-Maßnahmen). So können die Bundesländer insbesondere keine generellen Ausgangssperren, Betriebsschließungen oder Veranstaltungsverbote mehr verhängen.

Bundesweite einheitliche Regelungen

Für die Unternehmen, Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind in erster Linie die bundesweiten Regelungen des neu gefassten § 28b IfSG von Bedeutung, die zunächst befristet bis zum 19. März 2022 gelten:

  • Für alle Arbeitsstätten gilt nun die 3G-Regel: Ein physischer Kontakt von Arbeitgebern und Beschäftigten, sowohl im Betrieb als auch in gemeinsam genutzten Fahrzeugen, ist nur noch zulässig, wenn der 3G-Schutz (geimpft, genesen oder getestet) eingehalten wird. Ansonsten ist ein Betreten des Betriebs bzw. eine Nutzung des Transportmittels untersagt. Ein vorheriges Betreten ist nur unmittelbar vor Arbeitsaufnahme zum Zwecke der Nutzung eines Testangebots des Arbeitgebers gestattet. Entsprechendes gilt, wenn der Arbeitnehmer ein Impfangebot des Arbeitgebers wahrnehmen möchte.
  • Die betroffenen Personen haben einen entsprechenden Nachweis über den 3G-Schutz jederzeit bei sich zu führen und zur Kontrolle verfügbar zu halten. Diese Pflichten können auch dadurch erfüllt werden, dass der Arbeitgeber den Nachweis hinterlegt.
  • Ein PCR-Test hat nur noch für 48 Stunden Gültigkeit.
  • Ein erhöhter Schutz mit Zugangsrechten nur für Getestete gilt für Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen oder sonstige Einrichtungen im Sinne des § 36 IfSG. Dabei gilt für Geimpfte und Genesene eine geringere Testhürde: Sie können die Testung auch durch Antigen-Tests zur Eigenanwendung ohne Überwachung durchführen und müssen die Testung auch nur zweimal die Woche durchführen. Die Einrichtungen sind zur Erstellung eines Testkonzepts verpflichtet.
  • Arbeitgeber sind verpflichtet, die Einhaltung der 3G- und Testregeln zu überwachen und zu dokumentieren. Eine hiermit einhergehende Datenverarbeitung ist zulässig. Darüber hinaus dürfen die Daten auch zur Anpassung des betrieblichen Hygienekonzepts genutzt werden.
  • Behörden können die zur Erfüllung von Überwachungsaufgaben erforderlichen Auskünfte verlangen. Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen sowie solche nach § 36 IfSG haben darüber hinaus besondere Informationspflichten gegenüber den zuständigen Behörden.
  • Im Fall von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten hat der Arbeitgeber den Beschäftigten anzubieten, diese in deren Wohnung auszuführen, sofern keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen. Umgekehrt haben die Beschäftigten dieses Angebot auch anzunehmen, soweit ihrerseits keine Gründe entgegenstehen.

Während die Regelungen zu Testungen und Home-Office Regelungen keine wesentlichen Neuerungen bringen, ist aber in anderer Hinsicht nun endlich weitere Klarheit geschaffen worden: Es gibt eindeutige 3G-Vorgaben und diese liegen auch nicht im Belieben der einzelnen Akteure, sondern die Schutzvorgaben gehen mit klaren Überwachungspflichten und Kontrollrechten der Arbeitgeber einher. Damit ist auch das leidige Datenschutzthema erledigt. Der Gesetzgeber hat eine ausdrückliche Ermächtigungsgrundlage für die Datenverarbeitung geschaffen.

Verordnungsermächtigungen und Landesmaßnahmen

Desweiteren haben die Behörden und insbesondere die Bundesländer die Möglichkeit – je nach Entwicklung der aktuellen Lage – weiter erforderliche Schutzmaßnahmen zu treffen. Auf der Grundlage des neu gefassten Katalogs des § 28a Abs. 7 IfSG können gesetzliche und untergesetzliche Regelungen zum Infektionsschutz ergriffen werden. Dabei sind die Länderrechte nicht an den Fortbestand einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite geknüpft. Auch hierzu ein kurzer Überblick zu bereits bekannten und neuen Regelungen:

  • Anordnung eines Abstandsgebots oder einer Kontaktbeschränkung,
  • Pflicht, medizinische FFP2-Masken oder medizinische Gesichtsmasken zu tragen,
  • Aufstellen von 3G-Regeln, d.h. Verpflichtung zur Vorlage eines Impf-, Genesenen- oder Testnachweises sowie an die Vorlage solcher Nachweise anknüpfende Beschränkungen des Zugangs,
  • Verpflichtung zur Erstellung und Anwendung von Hygienekonzepten,
  • Beschränkung der zulässigen Anzahl von Personen, z.B. in Betrieben oder auf Veranstaltungen,
  • Erteilung von Auflagen für die Fortführung bestimmter Betriebe, insbesondere im Bereich der Schulen, Hochschulen und Kindertagesstätten,
  •  Anordnung der Verarbeitung von Daten von Kunden, Gästen oder Veranstaltungsteilnehmern, um Infektionsketten ermitteln zu können.

Corona-Gipfel

Darüber hinaus haben Bund und Länder auf dem weiteren Corona-Gipfel am 18. November 2021 angesichts der fortschreitenden Inzidenz weitergehende Schutzmaßnahmen getroffen. Diese sollen sich zukünftig am Maßstab der Hospitalisierungs-Inzidenz orientieren. Ab einem Wert von drei soll sodann die noch strengere 2G-Regel gelten, ab einem Wert von sechs 2G plus. Zudem soll für bestimmte Berufsgruppen, nämlich u.a. Beschäftigte in Krankenhäusern und Pflegeheimen, eine Corona-Impfpflicht eingeführt werden.

Fazit

Bei aller Verworrenheit der Regelungen auf Bundes- und Landesebene und dem unverändert bunten föderalistischen Regelungsgeflecht kann man zumindest attestieren, dass jetzt endlich klare Regelungen zu 3G-Pflichten in Betrieben und zum Datenschutz getroffen wurden und man sich für einen erhöhten 2G-Schutz zugunsten der besonders vulnerablen Bevölkerung entschieden hat. Die deutliche Aussage, dass nicht geimpfte Personen ein erhöhtes Ansteckungsrisiko für andere aufweisen, freut dabei genauso sehr, wie ein geplanter Pflegebonus für das besonders belastete medizinische Personal.

Die wichtigsten Fragen und Antworten für Arbeitgeber haben wir hier nochmal zusammengefasst.

Prof. Dr. Barbara Reinhard

Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Partner
Barbara Reinhard berät Unter­neh­men ins­be­son­dere in kol­lek­tiv­recht­li­chen Ange­le­gen­hei­ten wie etwa Restruk­tu­rie­run­gen, Sanie­rungs­ta­rif­ver­trä­gen, alternativen Mit­be­stim­mungs­struk­tu­ren sowie betrieb­li­chen Mit­be­stim­mungsthemen zu Arbeitsschutz-, Arbeits­zeit- und Ver­gü­tungs­mo­del­len. Sie ist darüber hinaus renommierte Expertin im Arbeit­neh­mer-Daten­schutz­recht sowie in Fra­ge­stel­lun­gen zur arbeits­recht­li­chen Com­p­li­ance und Betrieb­li­chen Alters­ver­sor­gung. Zudem unterstützt sie Organ­mit­glie­der in Trennungs- und Anstellungsprozessen. Barbara Reinhard ist Autorin zahlreicher Fachbeiträge und hält regelmäßig Vorträge. Sie ist Mitglied der Fokusgruppe "Private Equity / M&A".
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