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„3G“ am Arbeitsplatz in Bayern – was ist zu beachten?

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Als erstes Bundesland in Deutschland hat Bayern eine Regelung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie gewählt, die einen ganz neuen Schritt beinhaltet: Steigen die Fallzahlen zu stark an, gilt auch bei der Arbeit die 3G-Regel – Arbeitskräfte müssen also geimpft, getestet oder genesen sein, wenn sie am Arbeitsplatz erscheinen wollen. Das wirft einige Fragen auf.

Die Coronazahlen und damit auch der Druck auf Ungeimpfte steigt. In Bayern gilt seit dem 5. November 2021 die neue Krankenhausampel. Springt die Krankenhausampel auf „Rot“ oder liegt der Betrieb in einem „Hotspot“, gilt „3G“ am Arbeitsplatz.

Die wichtigsten Fragen im Überblick:

1. Wann gilt „3G“ am Arbeitsplatz?

Es gilt künftig „3G“ im Betrieb, wenn die neu definierte Krankenhausampel bayernweit oder in einem Hotspot auf „Rot“ springt, der Betrieb mehr als zehn Mitarbeiter (einschließlich des Inhabers) beschäftigt und die Mitarbeiter Kontakt zu anderen Personen haben. Die Krankenhausampel ist „Rot“, wenn bayernweit mehr als 600 Intensivbetten mit Covidpatienten belegt sind. Wann dies der Fall ist, gibt das Staatsministerium für Gesundheit und Pflege im Bayerischen Ministerialblatt bekannt. Ab dem auf die Bekanntmachung folgenden Tag gilt anschließend „3G“ am Arbeitsplatz laut § 17 der Vierzehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (BaylfSMV). Ein „Hotspot“ liegt ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 300 und einer Intensivbettenauslastung von mindestens 80 Prozent vor. Die zuständige Kreisverwaltungsbehörde macht unverzüglich bekannt, welcher Landkreis bzw. welche kreisfreie Stadt ein „Hotspot“ ist. Ab dem auf die Bekanntmachung folgenden Tag gilt anschließend „3G“ am Arbeitsplatz (§ 17a 14. BaylfSMV).

Ausgenommen sind u.a. der Handel und der Personennahverkehr.

2. Wie erfolgt die Prüfung des „3G-Status“?

Nur Mitarbeiter, die geimpft, getestet oder genesen sind, erhalten Zutritt zu den geschlossenen Räumlichkeiten eines Betriebes; d.h. vor Betreten der Räumlichkeiten erfolgt eine Zutrittskontrolle. Vor Betreten der Büroräumlichkeiten muss der „3G-Status“ an zwei verschiedenen Wochentagen überprüft werden. Dabei wird nur kontrolliert, ob ein Impf-, Genesenen- oder Testnachweis vorliegt. Der Arbeitgeber ist nicht berechtigt, den „G“- Status allgemein abzufragen. „3G“ am Arbeitsplatz läuft daher wie ein Restaurant- oder Kinobesuch. Auf die entsprechenden Regelungen in der Gastronomie und bei Veranstaltungen wird verwiesen.

3. Was bedeutet „Getestet“?

Um getestet zu sein, reicht grundsätzlich ein „einfacher Schnelltest“ – zweimal pro Woche an verschiedenen Tagen.

Als „getestete“ Person gilt eine asymptomatische (d.h. keine Gesundheitsbeschwerden oder Symptome) Person, die im Besitz eines auf sie ausgestellten Testnachweises über das Nichtvorliegen einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 ist. Möglich ist ein PCR-Test, ein PoC-PCR-Test oder ein Test, mittels weiterer Methoden der Nukleinsäureamplifikationstechnik, der nicht älter als 48 Stunden ist. Ebenso möglich sind ein PoC-Antigentest, der nicht älter als 24 Stunden sein darf oder ein unter Aufsicht vorgenommenen Antigentest zur Eigenanwendung („Selbsttest“ / „einfacher Schnelltest“), der ebenso nicht älter als 24 Stunden sein darf (§ 3 Abs. 4 14. BaylfSMV i.V.m. § 2 Nr. 6, 7 Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung).

Ein negativer Testnachweis muss an mindestens zwei verschiedenen Tagen pro Woche vorliegen (§ 17 S.2 Nr. 3 14. BaylfSMV). Einen entsprechenden „Selbsttest“, der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zugelassen ist, muss der Arbeitgeber zur Verfügung stellen, das besagt § 4 Abs. 1 der Corona-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV).

4. Welche Aufbewahrungspflichten gibt es und für wen gelten diese?

Entsprechende negative Testergebnisse werden 14 Tage lang aufbewahrt (§ 17 Satz 2 Nr. 4, 2. Halbs. i.V. m. § 3 Abs. 1 Satz 2 14. BayIfSMV). Wer die Tests aufbewahren muss – Arbeitgeber oder Arbeitnehmer – lässt sich der 14. BayIfSMV nicht eindeutig entnehmen. Nachdem derjenige, der den Arbeitsplatz ohne entsprechenden Impf-, Genesenen- oder Testnachweis betritt, nach § 19 Nr. 2 der 14. BayIfSMV ordnungswidrig handeln kann, spricht viel dafür, dass der Arbeitnehmer seinen Testnachweis 14 Tage aufbewahren muss, um nicht Gefahr zu laufen, mit einer Ordnungswidrigkeit geahndet zu werden. Der Arbeitgeber hat seine Pflichten grundsätzlich dann erfüllt, wenn er die entsprechenden Impf-, Genesenen- und Testnachweise überprüft. Lediglich seinen eigenen Testnachweis muss der Inhaber 14 Tage aufbewahren, anderenfalls droht eine Ordnungswidrigkeit (§ 19 Nr. 14 14. BayIfSMV).

Zu den „einfachen Schnelltests“, die der Arbeitgeber zur Verfügung stellt, muss der Arbeitgeber entsprechende Nachweise aufbewahren. Eine Aufbewahrungspflicht gilt auch, wenn der Arbeitgeber Dritte mit der Testung beauftragt. Nach § 4 Abs. 3 der Corona-ArbSchV muss der Arbeitgeber die Nachweise über die Beschaffung von Tests und Vereinbarungen mit Dritten über die Testung der Beschäftigten bis zum Ablauf des 24. November 2021 aufzubewahren hat (am 24. November 2021 tritt die Corona-ArbSchV außer Kraft).

5. Wer übernimmt die Kosten?

Zur Kostentragung lässt sich der 14. BaylfSMV nichts entnehmen. Es bleibt daher gemäß § 4 Abs. 1 Corona-ArbSchV dabei, dass der Arbeitgeber den Beschäftigten mindestens zweimal pro Kalenderwoche kostenfrei einen „Schnelltest“ anbieten muss. Mit einem negativen „Schnelltestergebnis“ kann der Mitarbeiter beschäftigt werden. Möchte der Mitarbeiter lieber einen anderen Test, z.B. einen PCR-Test, müsste er die Kosten hierfür selbst tragen. Es steht dem Arbeitgeber natürlich frei, die hierfür erforderlichen Kosten freiwillig zu übernehmen.

6. Ist der Betriebsrat zu beteiligen?

Gibt es im Betrieb einen Betriebsrat ist dieser unserer Auffassung nach, bei den Zutrittskontrollen bei einer staatlichen „3G-Regelung am Arbeitsplatz“ nicht zu beteiligen. Grundsätzlich käme als Mitbestimmungsrecht § 87 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 7 BetrVG in Betracht. Da die 14. BaylfSMV die Zutrittskontrollen detailliert regelt und dem Arbeitgeber kaum Spielraum lässt (allenfalls an welchen zwei Arbeitstagen der Arbeitgeber eine Kontrolle durchführt), besteht auch für den Betriebsrat wohl kein Gestaltungsspielraum.

7. Was passiert mit „Testverweigerern“?

Den Testverweigerern können arbeitsrechtliche Konsequenzen drohen, von einer Abmahnung bis zur Kündigung bei wiederholtem Verweigern eines Tests. Es ist zulässig, einem Mitarbeiter, der ein negatives Testergebnis nicht vorlegen kann, auch den Zugang zum Betrieb zu verweigern (ArbG Offenbach, Urt. v. 03.02.2021, Az. 4 Ga 1/21). An dem Tag, an dem der Mitarbeiter den negativen Test nicht vorlegen kann, muss dieser soweit möglich, von zu Hause aus oder einem anderen Ort ohne Kontakt zu anderen arbeiten.

Zudem dürfte eine unbezahlte Freistellung des „Testverweigerers“ möglich sein. Ein Lohnanspruch kann nur dann entfallen, wenn jede anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit fehlt. Eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit könnte eine dauerhafte Tätigkeit im „Homeoffice“ sein. Arbeitsort dürfte in den meisten Arbeitsverträgen jedoch die Betriebsstätte sein. Um im „Homeoffice“ dauerhaft arbeiten zu können, bedarf es einer entsprechenden Rechtsgrundlage – zum Beispiel einer Regelung im Arbeitsvertrag oder einer Betriebsvereinbarung. Eine gesetzliche „Homeoffice“-Pflicht fehlt derzeit (noch). Fehlt eine solche „Homeoffice“-Regelung, ist eine dauerhafte Tätigkeit im Homeoffice ohne gesonderte Vereinbarung nicht möglich. Kann der Mitarbeiter ohne negatives Testergebnis nicht im Betrieb arbeiten, könnte eine Arbeitsverweigerung des Mitarbeiters vorliegen, welche dazu führen könnte, dass der Lohnanspruch entfällt.

Anabel Weinzierl

Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Senior Associate
Anabel Weinzierl berät und vertritt nationale und internationale Unternehmen in sämtlichen Bereichen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts. Ihr Schwerpunkt liegt dabei in der laufenden Mandatsbetreuung sowie in der Beratung von Kündigungsrechtsstreitigkeiten. Sie ist Mitglied der Fokusgruppe "ESG".
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