Bleiben die Meetingräume auch in Zukunft oftmals leer? Eine gesetzliche Regelung zu digitalen Einigungsstellen gibt es nicht mehr. Wir zeigen, unter welchen Voraussetzungen sie trotzdem möglich sind.
Um Betriebsräte in der Corona-Krise handlungsfähig zu halten, hatte der Gesetzgeber vorübergehend virtuelle Betriebsratssitzungen und Einigungsstellen nahezu ohne Einschränkungen erlaubt. Ende Juni ist diese Regelung bedauerlicherweise ausgelaufen, ohne dass der Gesetzeber eine „Ersatzregelung“ für virtuelle Einigungsstellen geschaffen hat. Es stellt sich daher die Frage, was nun gilt.
Einigungsstellen weiter digital möglich, aber mit Einschränkungen
Wir meinen, dass Einigungsstellensitzungen weiter digital möglich sind, wenn auch mit einer Einschränkung: Für die Termine, in denen die Einigungsstelle Beschlüsse fasst, bedarf es einer Präsenzsitzung.
Neues Gesetz regelt virtuelle Einigungsstelle nicht
Noch bis zum 30. Juni 2021 erlaubte § 129 BetrVG explizit virtuelle Einigungsstellen und Betriebsratssitzungen. Mit dem am 18. Juni 2021 in Kraft getretenen Betriebsrätemodernisierungsgesetz hat der Gesetzgeber bestimmt, unter welchen (engen) Voraussetzungen künftig noch Betriebsratssitzungen digital stattfinden können (siehe hierzu unseren Beitrag vom 21. April 2021). Eine Regelung zu digitalen Einigungsstellen schafft das neue Gesetz indes nicht.
Die Rechtslage ist damit unklar und es werden bereits verschiedene Ansichten zu der Frage vertreten, ob virtuelle Einigungsstellen weiter möglich sind. Ein Teil der rechtswissenschaftlichen Literatur hält sie nahezu schrankenlos für zulässig. Das Verfahren vor der Einigungsstelle sei nur rudimentär geregelt und daher von der Einigungsstelle im eigenen Ermessen zu regeln.
Beschlussfassungen der Einigungsstelle in Präsenz
Auch wenn dies in einem Zeitalter der Digitalisierung wünschenswert wäre, steht dieser Ansatz u.E. nicht im Einklang mit der aktuellen Rechtslage. Die Pflicht zur Präsenzsitzung für die Beschlussfassung folgt aus § 76 Abs. 3 S. 2 BetrVG. Danach fasst die Einigungsstelle ihre Beschlüsse „nach mündlicher Beratung“ mit Stimmenmehrheit. Die Formulierung bezieht sich auf die der Beschlussfassung unmittelbar zugrunde liegende Beratung der Einigungsstelle. Der Grundsatz der Mündlichkeit erfordert nach unserer Auslegung eine Verhandlung in Präsenz.
Davon geht offenbar auch der Gesetzgeber aus, wenn er vorübergehend mit dem o.g. § 129 BetrVG eine Ausnahme von der Präsenzverhandlung geschaffen hat. Eine Verlängerung dieser gesetzlichen Ausnahme wurde im Gesetzgebungsverfahren diskutiert. Bedauerlicherweise hat sich der Gesetzgeber gegen eine Regelung von digitalen Beschlüssen der Einigungsstelle entschieden, wollte also eine entsprechende dauerhafte Öffnung des Verfahrens nicht zulassen.
Empfehlung
Auch wenn die Rechtslage nicht abschließend geklärt ist und es vertretbar erscheint, eine Beschlussfassung virtuell zuzulassen: Mit einer virtuellen Beschlussfassung setzt sich eine Einigungsstelle – bis zur Klärung dieser Rechtsfrage – schon aus formalen Gründen dem Risiko einer Anfechtung ihres Spruchs aus. Daher sind Arbeitgeber gut beraten, auf eine Präsenzsitzung der Einigungsstelle zu bestehen, sofern diese einen Beschluss fasst. Die Präsenz-Sitzung im Rahmen der Beschlussfassung scheint aktuell auch die gängige Praxis im Rahmen der meisten Einigungsstellen zu sein.
Dennoch: Virtuelle Sitzungen der Einigungsstelle bleiben eine Option. In Fällen der freiwilligen Mitbestimmung besteht ohnehin nicht die Möglichkeit einer Entscheidung durch einen Spruch. Verständigen sich die Parteien dennoch nach § 76 Abs. 6 BetrVG auf eine Einigungsstelle, spricht nichts gegen eine virtuelle Sitzung. Und selbst wenn die Einigungsstelle entscheidungsbefugt ist: Solange der Gegenstand nicht entscheidungsreif ist, erscheint eine virtuelle Sitzung als sinnvolle Alternative. Dieses Instrument sollten die Betriebsparteien im Rahmen der gesetzlichen Regelungen weiter nutzen.