Die Betriebsratswahlen 2022 werfen ihre Schatten voraus. In der Zeit vom 1.3.2022 bis zum 31.5.2022 werden Belegschaften im ganzen Land ihre neuen betrieblichen Interessenvertretungen wählen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind dabei detailliert im Betriebsverfassungsgesetz und der korrespondierenden Wahlordnung geregelt. Dennoch sind Betriebsratswahlen fehleranfällig und führen nicht selten zu Konflikten.
Erst jüngst hatte sich das BAG mit einem Wahlanfechtungsverfahren zu beschäftigen. Eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft hatte verschiedene Fehler bei der im Jahr 2018 durchgeführten Betriebsratswahl moniert. Arbeitgeber und Betriebsrat hingegen hielten die Wahl für rechtmäßig.
Worum ging es?
Die Wahlanfechtung wurde im Wesentlichen auf zwei Umstände gestützt.
Zum einen habe der Wahlvorstand nach Auffassung der Antragsteller eine Liste zu Unrecht nicht zur Wahl zugelassen. Die Antragsteller behaupteten, die nicht zugelassene Vorschlagliste sei am Tag des Fristablaufs um 22 Uhr in den Briefkasten des Wahlvorstandes eingeworfen worden. Nach Auffassung des Wahlvorstandes war dies verspätet, da er erst am Folgetag von der Liste Kenntnis genommen habe.
Zum anderen habe der Wahlvorstand den Betriebsbegriff verkannt, da an der Wahl Arbeitnehmer aus einer mehr als 500 Kilometer entfernten Betriebsstätte teilgenommen hätten. Dem hielten die Antragsgegner entgegen, in besagter Betriebsstätte gebe es keinen Arbeitnehmer, der Leitungsmacht über die dortigen Beschäftigten ausübe.
Wahlvorschläge können grundsätzlich am Tag des Fristablaufs bis 24 Uhr eingereicht werden
Nach Auffassung des BAG hätte der Wahlvorstand die streitgegenständliche Liste zur Wahl zulassen müssen. Zumindest, wenn diese – was vom LAG nicht aufgeklärt wurde – tatsächlich vor 22 Uhr in dessen Briefkasten eingelegt wurde. Das BAG hob hervor, es stehe dem Wahlvorstand zwar frei, am Tag des Fristablaufs eine Uhrzeit als spätesten Abgabetermin für Wahlvorschläge festzulegen. Dies sei zumindest dann unproblematisch, wenn der festgelegte Zeitpunkt nicht vor dem Ende der Arbeitszeit der Mehrzahl der Arbeitnehmer des Betriebs liege. Werde allerdings eine konkrete Uhrzeit nicht festgelegt, müsse der Wahlvorstand Vorkehrungen zu treffen, die eine Einreichung von Wahlvorschlägen am Tag des Fristablaufs bis um 24 Uhr zulassen. Unterbleiben solche Vorkehrungen, beispielsweise die Leerung des Briefkastens um Mitternacht, gelte ein Wahlvorschlag als rechtzeitig zugegangen, auch wenn er tatsächlich erst am Folgetag vom Wahlvorstand zur Kenntnis genommen werde.
Kein selbstständiger Betriebsteil, wenn keine Leitungsmacht vor Ort gegenüber einer Mehrzahl der Arbeitnehmer
Die Teilnahme der Arbeitnehmer aus der mehr als 500 km entfernten Betriebsstätte an der Betriebsratswahl wurde vom BAG indes nicht beanstandet. Die erforderliche organisatorische Selbständigkeit gegenüber dem Hauptbetrieb war in der entfernten Betriebsstätte nicht gegeben, weswegen kein selbstständiger – betriebsratsfähiger – Betriebsteil vorlag. Dabei akzeptierte das BAG insbesondere die Würdigung des LAG, es fehle an einer ausreichenden organisatorischen Verselbständigung, weil allenfalls vier der elf in der entfernten Betriebsstätte beschäftigten Arbeitnehmer ihre Weisungen vor Ort erhielten. Bestehe die Leitungsmacht vor Ort allenfalls gegenüber eine Minderheit der Arbeitnehmer, sei die Verneinung einer selbständigen Betriebsstätte nicht zu beanstanden.
Ausblick
Die Entscheidung des BAG zeigt: Betriebsratswahlen bleiben fehleranfällig. Arbeitgeber tun gut daran, unter Wahrung ihrer Neutralität die Wahlvorgänge genauestens zu beobachten und wo möglich auf Fehler hinzuweisen. Gleichzeitig sollten Arbeitgeber erwägen, die gebildeten Wahlvorstände im Vorfeld der Wahl zu schulen oder schulen zu lassen. Dies kann helfen, Fehler und in deren Folge Konflikte bis hin zu Wahlanfechtungen zu vermeiden.