Angesichts der aktuellen Bund-Länder-Beschlüsse und der ab dem 23. August geltenden 3G-Regeln (Geimpfte, Genesene, Getestete) sowie der neuen Coronaschutzverordnungen stellt sich für viele Arbeitgeber die Frage, ob die 3G-Regeln auch für ihre Mitarbeiter gelten und wie der Umgang im Betrieb erfolgen soll. Viele Fragen sind durch die Rechtsprechung noch nicht geklärt. Wir geben eine erste Einschätzung.
Bund-Länder-Beschluss
Im Bund-Länder-Beschluss vom 10. August 2021 heißt es:
„Um den weiteren Anstieg der Infektionszahlen in Deutschland zu vermeiden, werden die Länder im Sinne der 3G-Regel (Zutritt nur für geimpfte, genesene oder getestete Personen) durch entsprechende Verordnungen oder Verfügungen spätestens ab dem 23. August 2021 für alle Personen die weder vollständig Geimpfte noch Genesene sind eine Pflicht zur Vorlage eines negativen Antigen-Schnelltests […] oder eines negativen PCR-Tests [..] Testpflichten vorsehen.“
Was zunächst einfach klingt, wirft mehr Fragen auf als Antworten zu geben. Ausdrücklich ausgenommen werden Kinder bis zum 6. Lebensjahr sowie Schüler. Aber was gilt für Mitarbeiter? Hat der Arbeitgeber das Recht, auch von ihnen die Einhaltung der 3G-Regeln zu verlangen?
Grundsatz
Grundsätzlich handelt es sich bei den Informationen über den Impf- und Teststatus insbesondere um Gesundheitsdaten, die besonders geschützt sind. Die Verarbeitung dieser Daten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses ist nur dann zulässig, wenn sie zur Ausübung von Rechten oder zur Erfüllung rechtlicher Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis erforderlich sind. Welche Tätigkeiten erforderlich sind, hängt von einer Interessenabwägung der Interessen des Arbeitgebers und der Arbeitnehmer ab. Dabei ist einerseits die Grundwertung des Gesetzgebers zu beachten, dass in Unternehmen Testangebote unterbreitet werden sollen, es sich aber explizit um keine Testpflicht handelt und die Frage nach dem Test- und Impfstatus in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers eingreift. Andererseits aber auch, dass den Arbeitgeber in gewissen Situation eine übergeordnete Fürsorge- und Schutzpflicht gegenüber Arbeitnehmern, Kunden, Besuchern oder Teilnehmern von Veranstaltungen trifft.
Ausnahmen
Vor dem Hintergrund der sich ändernden Vorschriften sprechen gute Gründe dafür, dem Arbeitgeber in gewissen Situationen die Möglichkeit zu eröffnen, die Gesundheitsdaten seiner Arbeitnehmer abzufragen. Insbesondere kann das Interesse des Arbeitgebers überwiegen, wenn es darum geht, ob ein Mitarbeiter aufgrund des Wegfalls von Quarantäneanordnungen nach einer Reise ins Ausland weiterhin für die Durchführung des Arbeitsverhältnisses verfügbar ist, da er vollständig geimpft ist, oder eine Entschädigung nach § 56 Abs. 5 IfSG zu zahlen ist. Auch in Bezug auf besondere Verdachtsfälle im Betrieb und den Anstieg der Infektionszahlen erscheint eine Abfrage von Gesundheitsdaten durchaus möglich. Dies gilt gleichermaßen für die Frage der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, sollte sich ein Mitarbeiter mit COVID-19 infizieren, zuvor jedoch eine Impfung abgelehnt haben.
3G-Regeln als weiterer Ausnahmefall?
Fordert der Gesetzgeber in Innenräumen mit Publikumsverkehr und bei der Teilnahme von Veranstaltungen in Innenräumen die Einhaltung der 3G-Regeln für alle Personen, unterlässt es jedoch spezifische Vorgaben für das Arbeitsverhältnis aufzustellen, verbleibt die Entscheidung letztlich beim Arbeitgeber. Dieser hat die bestehenden Interessen gegeneinander abzuwägen und dabei die gesetzgeberischen Wertungen einzubeziehen. Übertragen auf die Einhaltung der 3G-Regeln für Mitarbeiter spricht dies für folgende Handhabung:
- Einhaltung der 3G-Regeln nicht für jede betriebliche Tätigkeit/die bloße Anwesenheit im Betrieb
- Aber im Einzelfall durchaus möglich, z.B.
- bei Veranstaltungen, die zu den Arbeitsaufgaben der Mitarbeiter gehören
- Kundenkontakt innerhalb des Betriebs
- Vermehrter Kontakt mit Kollegen
- Zugang zu bestimmten Bereichen im Betrieb (wie Pausenbereiche/Kantine)
Rechtsfolgen bei Nichteinhaltung
Sollten Mitarbeiter sich weigern, in einschlägigen Konstellationen den Nachweis eines negativen Tests, der Genesung oder Impfung vorzulegen, muss dem Arbeitgeber konsequenterweise auch das Recht haben, arbeitsrechtliche Konsequenzen in Betracht zu ziehen. Anders wird es dem Arbeitgeber nicht gelingen, seine Schutz- und Fürsorgepflichten gegenüber seinen Mitarbeitern sowie gegenüber Dritten effektiv umzusetzen und zur Eindämmung der epidemischen Lage beizutragen. Zu denken ist sowohl an eine Er- aber auch eine Abmahnung der betroffenen Mitarbeiter, bei fehlender anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeit zudem an den Wegfall des Lohnanspruchs.
Fazit
Auch wenn ein Restrisiko verbleibt, sprechen in bestimmten Konstellationen die besseren Gründe dafür, die Einhaltung der 3G-Regeln als erforderlich für die Durchführung des Arbeitsverhältnisses anzusehen. Arbeitgeber sollten dabei zwingend eine umfangreiche Interessenabwägung im Einzelfall vornehmen. Selbstverständlich müssen sie dabei die Regelungen beachten, die die jeweilige Coronaschutzverordnung für die Betriebsstätte vorschreibt. Festzuhalten bleibt: Arbeitgeber werden von ihren Mitarbeitern jedenfalls die Einhaltung der Vorschriften verlangen dürfen, die ein Gesetzgeber z.B. an die Teilnahme von Veranstaltungen in Innenräumen stellt.