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Stellenausschreibung: Gendersternchen als diskriminierendes Symbol für mehrgeschlechtliche Personen?

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Die Verwendung geschlechtsneutraler Sprache verbreitet sich zunehmend. Angeheizte „Genderdebatten“ in Medien und sozialen Netzwerken haben die Sensibilität für die sprachliche Gleichbehandlung aller Geschlechter vielerorts gesteigert. Doch was bedeutet das für Arbeitgeber mit Blick auf das gesetzliche Diskriminierungsverbot?

Eine richtungsweisende Entscheidung hat nun das LAG Schleswig-Holstein getroffen. Es hat entschieden, dass die Verwendung des Gendersternchens in einer Stellenausschreibung mehrgeschlechtlich geborene Menschen nicht diskriminiert.

Der besondere Fall des LAG Schleswig-Holstein

Der beklagte Landkreis hatte mehrere Stellen für Diplom-Sozialpädagog*innen, Diplom-Sozialarbeiter*innen und Diplom-Heilpädagog*innen ausgeschrieben. Die zweigeschlechtlich geborene Klagepartei bewarb sich ohne Erfolg auf eine der Stellen. Hierin sah sie sich wegen des Geschlechts diskriminiert und verlangte eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG. Die Stellenausschreibung unter Verwendung des Gendersternchens sei für eine geschlechtsneutrale Stellenausschreibung nicht ausreichend.

Zu Unrecht, wie bereits das Arbeitsgericht Elmshorn entschied. Der Antrag der klagenden Partei auf Prozesskostenhilfe für die Berufungsinstanz blieb vor dem LAG Schleswig-Holstein erfolglos.

Das Gericht stellte sich damit gegen eine auch in der Rechtsliteratur vertretene Auffassung, wonach durch die Nutzung des Gendersternchens das dritte Geschlecht als „Lückenbüßer“ zwischen Mann und Frau erscheine. Deswegen sei das Sternchensymbol für eine diskriminierungsfreie Stellenausschreibung nicht hinreichend.

Dies sah die entscheidende Kammer deutlich anders. Sie hob hervor, geschlechtsneutral formuliert sei eine Stellenausschreibung dann, wenn sie sich nach ihrer gesamten Ausdrucksweise an alle Personen unabhängig vom Geschlecht richte. Es müsse sich aus dem Gesamtkontext der Ausschreibung ergeben, dass eine Geschlechtsdiskriminierung nicht beabsichtigt sei.

Gendersternchen macht Vielfalt der Geschlechter deutlich

Dies zugrunde gelegt konnten die Kieler Richter eine entschädigungspflichtige Diskriminierung nicht erkennen. Das Gendersternchen diene gerade einer geschlechtersensiblen und diskriminierungsfreien Sprache. Selbst die Antidiskriminierungsstelle der Bundesregierung empfehle die Verwendung. Ziel sei es gerade, niemanden zu diskriminieren, mithin auch inter-, trans- und zweigeschlechtliche Personen nicht. Die Kammer wörtlich:

„Das Sternchen soll dabei nicht nur Frauen und Männer in der Sprache gleich sichtbar machen, sondern auch alle anderen Geschlechter symbolisieren und der sprachlichen Gleichbehandlung aller Geschlechter dienen.“

Demnach werde auch die mehrgeschlechtlich geborene Klagepartei nicht diskriminiert.

Praxishinweis

So skurril der vom Landesarbeitsgericht entschiedene Fall auch anmuten mag: Mehr denn je sollten Arbeitgeber in Stellenausschreibungen deutlich machen, dass sich die ausgeschrieben Arbeitsplätze an Personen aller Geschlechter richten. Die Verwendung des Gendersternchens ist dabei keinesfalls obligatorisch und kann – wie der geschilderte Fall aufzeigt – sogar zu Streitigkeiten führen. Unserer Auffassung nach sollten Arbeitgeber in Stellenausschreibungen daher zur Vermeidung von Streitigkeiten auf den mittlerweile etablierten Zusatz „(m/w/d)“ zurückgreifen.

Thorsten Lammers

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Senior Associate
Thorsten Lammers berät vor allem zu Kündigungsschutzverfahren, in der Gestaltung von Anstellungs-, Aufhebungs- und Abwicklungsverträgen sowie zu betriebsverfassungsrechtlichen Fragen. Er ist Mitglied der Fokusgruppen "Betriebliche Altersversorgung" und "Aufsichtsratsberatung".
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