Dürfen Arbeitgeber für Zeiten der Kurzarbeit eine anteilige Kürzung des Urlaubs im Verhältnis zu den Jahresarbeitstagen vornehmen? Nein, so das Arbeitsgericht Osnabrück. Der Arbeitgeber könne den Erholungsurlaub nur bei Kurzarbeit „Null“ anteilig kürzen, nicht aber, wenn vom Arbeitnehmer noch Arbeitsleistung erbracht werde.
Die Einführung von Kurzarbeit war und ist für Arbeitgeber in Zeiten der Coronakrise ein probates Mittel, um bei vorübergehendem Arbeitsausfall Kündigungen zu vermeiden. Die Auswirkungen von Kurzarbeit auf Urlaubsansprüche der Arbeitnehmer sind höchstrichterlich noch ungeklärt. Das LAG Düsseldorf setzte, wie wir in unserem Blog berichtet haben, im März 2021 einen ersten Richtwert und entschied, dass eine Urlaubsreduzierung bei Kurzarbeit „Null“ zulässig sei. Das ArbG Osnabrück hatte nunmehr Gelegenheit, sich zu der Folgefrage zu äußern, ob eine anteilige Urlaubskürzung auch möglich ist, sofern keine Kurzarbeit „Null“, sondern nur tageweise Kurzarbeit eingeführt wird.
Der Ausgangsfall
Der beklagte Arbeitgeber führte auf Basis einer kurz vor Beginn der Kurzarbeit abgeschlossenen Betriebsvereinbarung tageweise Kurzarbeit ein. Diese sah vor, dass der Arbeitgeber Kurzarbeit mit einer kurzen Ankündigungsfrist von zwei Werktagen beenden oder reduzieren durfte. Die Arbeitszeit war dabei nicht auf „Null“ reduziert worden. Der Arbeitgeber kürzte die Urlaubstage seiner bei ihm tätigen Arbeitnehmer anteilig im Verhältnis zu den Jahresarbeitstagen. Die klagenden Arbeitnehmer waren der Ansicht, dass die durchgeführte Kurzarbeit keinen Einfluss auf ihre Urlaubsansprüche habe und verlangten die Gutschrift ihrer Urlaubstage.
Arbeitsgericht Osnabrück: Keine anteilige Urlaubskürzung bei tageweiser Kurzarbeit
Das ArbG Osnabrück stufte in seinem Urteil vom 8. Juni 2021 – 3 Ca 108/21 – die anteilige Kürzung des Urlaubs als rechtswidrig ein. Ein Arbeitgeber sei nicht berechtigt, den Erholungsurlaub der hiervon betroffenen Arbeitnehmer anteilig im Verhältnis zu den Jahresarbeitstagen zu kürzen, wenn keine Kurzarbeit „Null“ zu Grunde liege.
Zur Begründung heißt es, dass Erholungsurlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz unabhängig von der Erbringung einer konkreten Arbeitsleistung gewährt werde. Anders sei dies nur bei einem Ruhen des Arbeitsverhältnisses. Davon könne allerdings bei der Einführung von tageweiser Kurzarbeit keine Rede sein.
Bei einer nur tageweise angeordneten Kurzarbeit bestehe keine vergleichbare Gesetzeslage zur Teilzeitarbeit oder sonstigen dauerhaften Unterbrechungen der gegenseitigen Leistungspflicht, wie beispielsweise bei genommenen Sabbaticals. Vielmehr zeigen vergleichbare Ruhenstatbestände, wie die Elternzeit nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, dass hierfür anteilige Urlaubskürzungen möglich seien. Bei einer Kurzarbeit fehle jedoch eine entsprechende gesetzliche Regelung. Daraus sei zu schließen, dass eine entsprechende Kürzung nicht zulässig sei.
In dem vom ArbG Osnabrück zu entscheidenden Fall hatte der Arbeitgeber Kurzarbeit lediglich für einige Tage angeordnet und die Arbeitszeit nicht auf „Null“ reduziert. Somit lag keine andauernde Unterbrechung der Arbeitsleistungspflicht vor. Darüber hinaus verwies das ArbG Osnabrück auf die Berechtigung des Arbeitgebers, die Kurzarbeit mit einer sehr kurzen Ankündigungsfrist von zwei Werktagen einzuführen, zu beenden oder zu reduzieren. Damit seien die arbeitsfreien Tage nicht mit Erholungsurlaub vergleichbar.
Zudem verwies das ArbG Osnabrück in seinen Entscheidungsgründen auf § 11 Abs. 1 Satz 3 BurlG, woraus zu entnehmen sei, dass Kurzarbeit nicht zur Kürzung des Urlaubsentgelts führe, sich damit also nicht zu Lasten des Arbeitnehmers auswirken dürfe.
Fazit
Das noch nicht rechtskräftige Urteil des ArbG Osnabrück steht nicht im Widerspruch zur Entscheidung des LAG Düsseldorf, wonach eine Urlaubskürzung um 1/12 für jeden vollen Monat der Kurzarbeit „Null“ als zulässig angesehen worden ist. Beide Urteile geben für Arbeitgeber zumindest erste Antworten auf in Zeiten der Corona-Pandemie verstärkt aufgetretene Rechtsfrage zur anteiligen Urlaubskürzung bei eingeführter Kurzarbeit. Gleichwohl empfiehlt es sich, die Überprüfung beider noch nicht rechtskräftiger Urteile durch die nächsthöhere Instanz im Auge zu behalten.