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Wenn die Datenschutzbehörde beim Arbeitgeber anklopft …

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Bußgelder für Datenschutzverstöße im Zusammenhang mit Mitarbeiter- und Bewerberdaten haben zugenommen. Jüngst erreichte ein Bußgeld Millionenhöhe, weil ein Unternehmen Informationen aus dem Privatleben von Mitarbeitern speicherte und auswertete. Vor diesem Hintergrund bleibt nicht jeder Unternehmensverantwortliche cool, wenn ein Schreiben der Datenschutzbehörde ins Haus flattert. Dabei muss ein Tätigwerden der Datenschutzbehörde nicht zwingend zu einem (hohen) Bußgeld führen. Wie sollten Unternehmen reagieren?

Wann und wie wird die Datenschutzbehörde tätig?

Um ein Verfahren einleiten zu können, muss die Datenschutzbehörde zunächst Kenntnis von einem möglichen Datenschutzvorfall erlangen. Sie wird entweder eigene Vermutungen angestellt haben oder durch eine Beschwerde, zum Beispiel eines aktuellen oder ehemaligen Mitarbeiters, auf den Datenschutzvorfall aufmerksam gemacht worden sein. Die Datenschutzbehörde wird daraufhin ein erstes Schreiben an das Unternehmen schicken. Wenn Unternehmen nicht gerade Personalakten im Internet veröffentlicht haben, ist ein Erstkontakt durch unangekündigtes Erscheinen der Datenschutzbehörde eher unwahrscheinlich.

Kooperatives Verhalten meist empfehlenswert …

Oft gibt es gute Gründe dafür, dass Unternehmen auf ein solches Schreiben in besonderem Maße kooperativ reagieren. Denn die Datenschutzbehörde hat nach der DS-GVO kooperatives Verhalten bei der Bemessung der Höhe des Bußgeldes mildernd zu berücksichtigen. Ein Bußgeldbescheid verstößt sogar gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wenn die Datenschutzbehörde die Kooperationsbereitschaft des Unternehmens bei der Bemessung der Bußgeldhöhe nicht ausreichend würdigt. Darüber hinaus können Datenschutzverstöße zu einem nicht unerheblichen Imageschaden für das betroffene Unternehmen führen. Durch einen offensiven Umgang mit dem Datenschutzverstoß, als Teil des kooperativen Ansatzes, besteht die Möglichkeit, die negativen Auswirkungen in der Außenwahrnehmung gering zu halten.

… soweit es hilft

Allerdings kann allzu kooperatives Verhalten auch Risiken mit sich bringen. Zum einen kann eine zu umfangreiche Auskunft gegenüber der Datenschutzbehörde ungewollte Folgefragen provozieren und die Datenschutzbehörde so möglicherweise auf Verletzungen von Datenschutzrecht stoßen, die ihr sonst nicht bekannt geworden wären. Die Wahrscheinlichkeit der Aufdeckung ist daher ein wichtiges Kriterium bei der Entscheidung, wie weit die Kooperation des Unternehmens gehen sollte. Zum anderen besteht bei einem zu offensiven Umgang mit dem Datenschutzverstoß die Gefahr, dass dieser dadurch erst der breiten Öffentlichkeit bekannt wird. Das kann wiederum zu Imageverlust statt Imageerhalt führen. Mitarbeiter könnten Schadensersatzansprüche geltend machen.

Datenschutzverstoß sofort abstellen

Neben der Wahl der richtigen Mischung aus Kooperation und gebotener Zurückhaltung ist wichtig, dass Unternehmen den Datenschutzverstoß umgehend und noch vor entsprechender Anordnung durch die Datenschutzbehörde abstellen. Im besten Fall können Unternehmen schon in ihrer ersten Stellungnahme darauf hinweisen, dass sie Sofortmaßnahmen getroffen haben, die weitere Verstöße dieser Art verhindern. Das kann z. B. in Fällen unzureichender Sicherung von Mitarbeiterdaten durch Maßnahmen zur Verbesserung der IT-Sicherheit gelingen. Da die Dauer des Datenschutzverstoßes und positives Nachtatverhalten bei der Bemessung der Höhe des Bußgeldes zu berücksichtigen sind, können Unternehmen hier an Stellschrauben drehen, die die Höhe des drohenden Bußgeldes reduzieren.

Gespräch mit der Behörde suchen

Selbstverständlich sollte die von der Datenschutzbehörde gesetzte Frist für eine Stellungnahme eingehalten werden. Bei Bedarf kann eine Fristverlängerung beantragt werden. Zusätzlich zur schriftlichen Stellungnahme hilft es meist, wenn Unternehmen das persönliche Gespräch mit den Sachbearbeitern der Datenschutzbehörde suchen. Das hat den Vorteil, dass ein direkter Austausch stattfinden kann, in dem das Unternehmen mögliche Bedenken der Datenschutzbehörde besser einordnen und seine eigene Position besser erläutern kann. Es kommt auf den Einzelfall an, ob dieser Austausch mit der Datenschutzbehörde lieber mit oder ohne Anwalt stattfinden sollte.

Fazit: Mit der richtigen Strategie geht noch was

Wenn die Datenschutzbehörde anklopft, können Unternehmen ihr datenschutzrechtliches „Bußgeld-Schicksal“ zum großen Teil noch immer selbst beeinflussen. Die Devise sollte lauten: Ruhe bewahren und Strategie ausarbeiten mit der richtigen Mischung zwischen Kooperation und gebotener Zurückhaltung.

Dr. Jan Heuer

Rechts­an­walt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Principal Counsel
Jan Heuer berät deutsche und internationale Unternehmen sowie öffentlich-rechtliche Institutionen umfassend in allen Fragen des Arbeitsrechts. Einen Schwerpunkt bilden die Begleitung von Reorganisationen und Restrukturierungen sowie die Vertretung in Arbeitsgerichtsprozessen. Besondere Expertise hat er außerdem im Datenschutzrecht (z. B. DS-GVO-Checks, Abschluss von IT-Betriebsvereinbarungen) und im Bereich arbeitsrechtlicher Compliance (z. B. interne Untersuchungen bei Fehlverhalten von Mitarbeitern, Vermeidung von Scheinselbständigkeit und illegaler Arbeitnehmerüberlassung, Einhaltung Betriebsverfassungsrecht). Jan Heuer ist bei KLIEMT.Arbeitsrecht verantwortlich in den Fokusgruppen "Whistleblowing und interne Untersuchungen" sowie "Digitalisierung und Mitbestimmung".
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