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Kein Geld aber große Ziele – Mitarbeiterbeteiligung in Startups (Teil 1)

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Startups stehen oftmals vor dem Problem, dass sie gerne teure Mitarbeiter mit entsprechender Berufserfahrung und Know-How einstellen würden, sie aktuell aber nicht über ausreichende finanzielle Mittel verfügen, um dem Mitarbeiter eine marktgerechte Vergütung zu zahlen. Wie also gute Mitarbeiter für sein Startup gewinnen? Eine Möglichkeit stellt die (virtuelle) Mitarbeiterbeteiligung dar, die auch für etablierte Unternehmen zur Incentivierung ihrer Führungskräfte interessant ist.

„Echte“ Mitarbeiterbeteiligung vs. „virtuelle“ Mitarbeiterbeteiligung

  • Gewährung „echter“ Anteile bzw. Anteilsoptionen

Eine Beteiligungsform stellt die Gewährung echter Geschäftsanteile bzw. die vertragliche Option dar, eine vorbestimmte Anzahl an Anteilen im Rahmen eines im Voraus definierten Ereignisses (zumeist „Exit“, d.h. Verkauf des Unternehmens) zu einem im Voraus bestimmten Kaufpreis oder im Wege der Schenkung zu erwerben. Diese Möglichkeiten werden auch ESOP genannt (= Employee Stock Ownership/Option Plan). Die Mitarbeiter werden bei dieser Beteiligungsform zu echten Gesellschaftern mit entsprechenden Rechten und Pflichten.

  • Gewährung „virtueller“ Anteile

Die Gewährung virtueller Anteile (VSOP = Virtual Stock Ownership Plan) spiegelt eine schuldrechtlich nachgebildete Kapitalbeteiligung wider, ohne jedoch den Mitarbeitern die Stellung eines echten Gesellschafters einzuräumen. Die Mitarbeiter werden wirtschaftlich so gestellt, als wären sie Gesellschafter oder Inhaber von Anteilsoptionen. Den beteiligten Mitarbeiten wird bei Eintritt eines vorbestimmten Ereignisses (auch hier zumeist „Exit“) eine zusätzliche Vergütung gezahlt, die einer rechnerischen Beteiligung am Exiterlös entspricht. Der wirtschaftliche Wert des Anteils wird also virtuell dargestellt. Gesellschaftsrechtlich haben die Mitarbeiter keine Gesellschafterrechte und –pflichten.

Doch welche Beteiligungsform passt zu meinem Startup?

Die Ausgestaltung der Beteiligung hängt maßgeblich vom Ziel des Startups ab. ESOP und VSOP sind dabei primär auf ein bestimmtes Ereignis (Exit) gerichtet, wenn eine Partizipation an Gewinnausschüttungen regelmäßig auch Bestandteil eines VSOP ist.

Die Gewährung echter Anteile verleiht den teilnehmenden Mitarbeitern die Stellung eines vollwertigen Gesellschafters, inklusive aller Mitsprache-, Informations- und Kontrollrechte. Durch diese Beteiligungsform wird die höchste Identifikation mit dem Unternehmen gefördert. Die Gewährung echter Anteile hat gegenüber der Gewährung virtueller Anteile jedoch diverse Nachteile. So führen ESOPs oftmals zu einer umfangreichen Gesellschafterstruktur. Entscheidungsfindungen und Gesellschafterbeschlüsse werden hierdurch erschwert. Zusätzlich bedeutet die Gewährung echter Anteile einen administrativen und finanziellen Mehraufwand. Hier sind u.a. die Eintragung ins Handelsregister, die notarielle Beurkundung sowie eine ggf. aufwendige steuerliche Bewertung der Gesellschaft zu nennen. Eine Mitarbeiterbeteiligung in Form echter Anteile kann auch potentielle Investoren abschrecken, da in diesem Fall mit einer Vielzahl von Gesellschaftern/Mitarbeitern Beteiligungsverträge ausverhandelt und abgeschlossen werden müssen. Gerade in dynamischen Startups mit oftmals wechselnden Mitarbeitern sowie vor dem Hintergrund von Finanzierungsrunden sollten diese Nachteile nicht unterschätzt werden. Schließlich sind – zumindest nach derzeitiger Gesetzeslage – mit der Gewährung echter Anteile auch steuerliche Nachteile für den Mitarbeiter verbunden, da die Anteile grds. zum Zeitpunkt ihrer Gewährung versteuert werden müssen und damit zu einem Zeitpunkt, zu dem der Mitarbeiter noch keine Einkünfte aus seinen Anteilen erzielt hat. Ggf. verfügt der Mitarbeiter zu diesem Zeitpunkt auch nicht über finanzielle Mittel, um die mit der Anteilsgewährung verbundenen Steuern zu begleichen.

Der Gewährung echter Anteile steht die nur schuldrechtlich ausgestaltete Gewährung virtueller Anteile gegenüber. Rechtlich handelt es sich um eine Vereinbarung zwischen dem Mitarbeiter und dem Vertragsarbeitgeber oder einem Mitgesellschafter. Mangels Gesellschafterstellung des Mitarbeiters verlieren die Gesellschafter weder ihre Entscheidungsfreiheit noch ist der Gang zum Notar erforderlich. Wirtschaftlich betrachtet stehen die Mitarbeiter im Falle eines Exits jedoch einer Gesellschafterstellung annähernd gleich, wobei die Parteien anders als bei einer Beteiligung über echte Anteile unterschiedlichste Berechnungs- und Bewertungsmethoden vereinbaren können. Im Gegensatz zu der Gewährung echter Anteile muss der Ertrag bei entsprechender Ausgestaltung auch erst im Moment des Exits versteuert werden. Nachteile im Hinblick auf die Versteuerungsart (Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit bei virtuellen Anteilen vs. Kapitalerträge bei echten Anteilen) können – falls gewünscht – in der Vereinbarung über die Gewährung virtueller Anteile gemildert werden.

Aufgrund der vorstehenden Vor- und Nachteile entscheiden sich die meisten Startups für eine Mitarbeiterbeteiligung über virtuelle Anteile (VSOP) und gegen die Gewährung echter Anteile (ESOP).

Was gilt es bei der Ausgestaltung zu beachten?

Den Startups steht bei der Ausgestaltung der Mitarbeiterbeteiligung eine breite Gestaltungsfreiheit zur Verfügung. Z.B. können Austrittsszenarien, Anknüpfungspunkte der Beteiligung, Erdienen von Anteilen (sog. „Vesting“ mit einer etwaigen „Cliff“-Periode), Anteilshöhe, Ausübungspreis oder Regelungen zur Verwässerungen bei Kapitalerhöhungen unterschiedlich geregelt werden. Näheres zu den Gestaltungsmöglichkeiten wird in einem zweiten Teil der Beitragsreihe zur Mitarbeiterbeteiligung beleuchtet.

Fazit

Die Mitarbeiterbeteiligung ist für Startups ein probates Mittel, sich trotz beschränkter Liquidität gegen Wettbewerber beim Kampf um gute Fachkräfte durchzusetzen. Für Startups und Mitarbeiter gleichermaßen interessant ist dabei insbesondere eine Beteiligung über virtuelle Anteile (VSOP). Diese Form der Mitarbeiterbeteiligung hat sich zwischenzeitlich in der Startup-Branche durchgesetzt und wird von Fachkräften auch regelmäßig eingefordert. Startups sollten sich daher frühzeitig mit den verschiedenen Beteiligungsformen und deren Ausgestaltung beschäftigen.

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