Nachdem aufgrund der Corona-Pandemie in vielen Unternehmen Homeoffice angeordnet worden ist oder immer noch praktiziert wird, stellt sich nunmehr die Frage, welche Maßnahmen bei der Rückkehr zum Arbeitsplatz getroffen werden müssen und dürfen, um zu prüfen, ob ein Arbeitnehmer sich gegebenenfalls mit dem Corona-Virus angesteckt hat. Ein aus den Medien bekanntes Mittel ist dabei die Fiebermessung. In vielen Ländern wird dies bereits praktiziert, in Deutschland ist es umstritten, insbesondere im Hinblick auf datenschutzrechtliche Fragen. Mit diesen beschäftigt sich derzeit auch der Landesdatenschutzbeauftragte betreffend eines hessischen Einzelhändlers.
Um was geht es?
Nach der coronabedingten Zwangsschließung des Einzelhandels haben viele Geschäfte bei Wiedereröffnung die Pflicht zur Mund-Nase-Bedeckung und eine Limitierung der gleichzeitig im Laden anzutreffenden Personen eingeführt. Zusätzlich besteht vereinzelt die Pflicht zur Fiebermessung als weitere Zugangsbeschränkung. Ist die Körpertemperatur auffällig – bei einer erhöhten Temperatur besteht zumindest der Verdacht einer Coronainfektion – darf die Person das Geschäft nicht betreten.
Prüfungsgegenstand des Landesdatenschutzbeauftragten Hessens
In diesem Zusammenhang prüft der Landesdatenschutzbeauftragte Hessens derzeit erstens, ob es sich bei der Körpertemperatur überhaupt um ein personenbezogenes Datum handelt, zweitens die Verhältnismäßigkeit der Sammlung dieser Daten sowie drittens, ob die erhobenen, aber nicht aufgezeichneten Daten aufgrund der ebenfalls vorhandenen Videoüberwachung doch gespeichert worden sind.
- Personenbezogene Daten
Im Sinne des Art. 4 Nr. 1 DSGVO handelt es sich um personenbezogene Daten bei allen Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen. Zwar ist die gemessene Körpertemperatur eine individuelle Eigenschaft der Person, ein konkreter Personenbezug entsteht jedoch erst dann, wenn zumindest der Name der Person bekannt ist. Wird wie im vorliegenden Fall einer Zugangskontrolle zu einem Geschäft folglich die Körpertemperatur grundsätzlich nicht einer Person zugeordnet, liegen wohl keine personenbezogenen Daten vor, jedenfalls solange durch die Zahlung z. B. per Kreditkarte nicht doch noch eine Zuordnung erfolgt.
Anders kann sich dies hingegen bei Fiebermessungen bei Mitarbeitern eines Betriebs darstellen, da die Namen der Mitarbeiter bekannt sind und so der direkte Bezug zur gemessenen Körpertemperatur ohne weiteres hergestellt werden kann.
- Parallele Videoüberwachung
Weiter prüft der Datenschutzbeauftragte Hessens, ob durch die parallel stattfindende Videoüberwachung und Aufzeichnung der Person und des Fiebermessens doch eine Speicherung personenbezogener Daten erfolgt ist. Dies könnte dann der Fall sein, wenn auf dem Videomaterial tatsächlich die gemessene Körpertemperatur sichtbar sein sollte. Eine Aufzeichnung der Körpertemperatur mittels Videokameras sollte daher tunlichst vermieden werden.
- Verhältnismäßigkeit
Grundsätzlich dürfen auch im Arbeitsverhältnis auf der Grundlage von § 26 BDSG personenbezogene Daten in einem bestimmten Umfang gesammelt werden mit dem Ziel, die Gesundheit der Allgemeinheit zu schützen. Dieser Grundsatz gilt in gewissem Maße auch für Kunden, die ein Ladengeschäft betreten möchten. Die hessische Datenschutzbehörde fragt in diesem Zusammenhang jedoch, ob der durch die Fiebermessung erfolgte Eingriff in die Privatsphäre noch angemessen ist. Darüber hinaus sei fraglich, ob das Fiebermessen überhaupt eine wirksame Maßnahme sei, um die Ausbreitung des COVID19-Virus zu verhindern bzw. einzudämmen. Zwar komme es während der Erkrankung mit COVID-19 teilweise zu Fiebersymptomen, dies sei jedoch nicht immer der Fall, außerdem sei Fieber kein Alleinstellungsmerkmal – denn es sei oft auch Begleiterscheinung einer „normalen“ Erkältung oder Grippe. Im Ergebnis werde durch die Fiebermessung vielmehr eine Scheinsicherheit geschaffen, die wohl nicht im Verhältnis der gesammelten Daten zur tatsächlichen Sicherheit stehe.
Fazit und Ausblick
Die bisherige Einschätzung der hessischen Aufsichtsbehörde ist nicht abschließend, es handelt sich um erste Gedanken und Argumentationsmöglichkeiten und es bleibt abzuwarten, wie sich die Behörde endgültig positionieren wird. Die Einschätzung bezieht sich außerdem zunächst nur auf Kunden eines Unternehmens, es können jedoch zumindest Rückschlüsse für Arbeitgeber gezogen werden, die die Durchführung von Fiebertests bei ihren Mitarbeitern in Erwägung ziehen. Dies betrifft sowohl die Frage nach dem Vorliegen personenbezogener Daten als auch nach der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme. Für die Beurteilung letzterer dürften auch die weiteren wissenschaftlichen Erkenntnisse zum COVID19-Virus mitentscheidend sein. Derzeit sind Arbeitgeber gut beraten, allenfalls bei vorliegender Einwilligung der Arbeitnehmer Fiebermessungen durchzuführen. Von einer Aufzeichnung dieser Daten und der dauerhaften Verbindung mit dem Namen der betroffenen Arbeitnehmer ist jedenfalls eher abzuraten.