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Betriebsrat Corona

#Neuland für die Betriebsratsarbeit – Welche praktischen Anforderungen ergeben sich aus der Möglichkeit digitaler Betriebsratssitzungen?

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Was schon lange auf dem Wunschzettel für die Betriebsratsarbeit stand, für viele Arbeitnehmer spätestens seit Beginn der Corona-Pandemie zum Alltag gehört und sogar die sonst nicht gerade für ihre Dynamik bekannte katholische Kirche seit dem 1. April 2020 ermöglicht, wird nun wahr: Sitzungen von Betriebsrat, Wirtschaftsausschuss oder Einigungsstelle können nun mittels Video- und Telefonkonferenz abgehalten werden. Wir berichteten bereits am 9. April 2020 über die geplante Gesetzesänderung.

Was galt bisher?

Sitzungen des Betriebsrats erforderten das physische Zusammentreffen der Betriebsratsmitglieder, denn Entschlüsse sind gem. §§ 30, 33 BetrVG in nicht öffentlicher Sitzung mit der Mehrheit der Stimmen der anwesenden Betriebsratsmitglieder zu fassen.

Was hat die Corona-Pandemie verändert?

Während viele Arbeitgeber es ihren Arbeitnehmern unkompliziert ermöglichten die „normale“ Arbeitsleistung im Homeoffice zu erbringen, gab es keine rechtssichere Möglichkeit Betriebsratsentscheidungen „Corona-konform“ zu digitalisieren.

Auf der Suche nach pragmatischen Lösung für dieses Dilemma gab es unter anderem die „Ministererklärung“ des Bundesarbeitsministers sowie die Aufforderung von vielen Betriebsräten an ihre Arbeitgeber, unwiderruflich auf die Anfechtung von während der Corona-Pandemie gefassten Betriebsratsbeschlüssen zu verzichten. All diese Vorschläge änderten jedoch nichts an der Rechtslage, dass bislang ein nicht in einem physischen Meeting gefasster Beschluss des Betriebsrats unwirksam war und damit erhebliche rechtliche (und wirtschaftliche) Risiken für den Arbeitgeber einhergingen.

Was ermöglicht die neue Gesetzeslage?

Sitzungen und Beschlussfassungen von u.a. Betriebsräten, Wirtschaftsausschüssen und Einigungsstellen können nun gem. § 129 BetrVG mittels Video- und Telefonkonferenz durchgeführt werden. Es muss sichergestellt sein, dass Dritte von dem Inhalt der Sitzung keine Kenntnis haben, die Teilnehmer der Sitzung dem Gremiumsvorsitzenden ihre Teilnahme an der Sitzung bestätigen und die Sitzung nicht aufgezeichnet wird. Die Gesetzesänderung gilt sogar rückwirkend seit dem 1. März 2020, sodass auch frühzeitig digital gefasste Beschlüsse nicht weiter von der bisherigen Rechtsunsicherheit betroffen sind.

Welche Programme können für Online-Sitzungen verwendet werden?

Die Erläuterungen zum Gesetzesentwurf schlagen zur Durchführung der Video- und Telefonkonferenzen online gestützte Anwendungen wie Skype oder WebEx-Meetings vor.

Der Arbeitgeber dürfte jedoch nicht verpflichtet sein, auf Wunsch des Betriebsrats ein spezielles Programm für Online-Sitzungen anzuschaffen. Vielmehr dürften Betriebsratsmitglieder (auch vor dem Hintergrund der häufig nicht unerheblichen Lizenzgebühren für derartige Programme) darauf verwiesen werden können, die bei dem Arbeitgeber bereits genutzten Telefon- oder Videoprogramme für ihre Sitzungen zu verwenden.

Welche technische Absicherung der Online-Sitzung ist erforderlich?

Ein praxisorientierter Ansatz an die technische Absicherung und Durchführung von digitalen Sitzungen – ob es sich nun um den Betriebsrat, den Wirtschaftsausschuss oder die Einigungsstelle handelt – ist notwendig, um die digitalen Beschlussmöglichkeiten nicht direkt ad absurdum zu führen.

Der Gesetzgeber verlangt im Hinblick auf die Absicherung, dass „entsprechende technische und organisatorische Maßnahmen ergriffen werden, wie zum Beispiel eine Verschlüsselung der Verbindung […].“.

Auch wenn Datenschutz und die Vertraulichkeit der Sitzung nicht zu vernachlässigende Aspekte darstellen, so sind dennoch keine übersteigerten Anforderungen an die technische Absicherung der Sitzungen zu stellen (z.B. durch ausschließliche Nutzung von Software, deren Server sich in Deutschland oder der EU befinden).

Mit entsprechendem Pragmatismus schlägt daher auch der Gesetzgeber vor, die im Markt bekannten US-amerikanischen Programme wie z.B. Skype oder WebEx-Meetings zu nutzen. Mithin hat auch der Gesetzgeber erkannt, die Nutzung von Software auf US-amerikanischen Servern darf keine Hürde darstellen, wenn es um die Aufrechthaltung der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat zum Wohle von Arbeitnehmern und Betrieb in Zeiten der Corona-Pandemie geht.

Wie ist die Nichtöffentlichkeit der Online-Sitzung sicherzustellen?

Neben der technischen Absicherung wird die Nutzung eines nichtöffentlichen Raumes während der Dauer der Sitzung empfohlen. Es ist also klar, dass eine Teilnahme an Online-Sitzungen z.B. an Flughäfen oder in Zügen nicht in Betracht kommt.

Außerdem schlägt der Gesetzgeber vor, die Sitzungsteilnehmer zu Protokoll versichern zu lassen, dass sich in ihrem Raum nur teilnahmeberechtigte Personen aufhalten. Weiterhin sollen die Teilnehmer unverzüglich darüber informieren, falls nicht teilnahmeberechtigte Personen (z.B. Familienangehörige) dazu kommen.

Dieser Ansatz dürfte der mit dem Betriebsratsamt einhergehenden Verantwortung gerecht werden und Vorschlägen, wie etwa der Installation mehrere Kameras, die Überblick über den gesamten Raum geben, in dem sich der Teilnehmer befindet, eine Absage erteilen (und letztlich insbesondere für Telefonkonferenzen die einzige praktikable Möglichkeit darstellen).

Ausblick

Die nächsten Monate werden zeigen, ob die Betriebsratsarbeit im 21. Jahrhundert angekommen ist – und dort verbleibt. Durch die dauerhafte Anpassungen des Betriebsverfassungsrechts könnte so die Möglichkeit geschaffen werden, auch über die Corona-Pandemie hinaus, auf digitale Sitzungs- und Beschlussmöglichkeiten zurückzugreifen.

Sandra Fredebeul

Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Senior Associate
Sandra Fredebeul berät nationale und internationale Unternehmen vorwiegend in der Gestaltung von Anstellungs-, Aufhebungs- und Abwicklungsverträgen. Darüber hinaus konzentriert sie sich auf betriebsverfassungsrechtliche Fragen.
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