Seit dem Ausbruch der Corona-Krise haben rund 725.000 Betriebe Kurzarbeit angezeigt. Vielen Beschäftigten droht neben der Reduzierung der Arbeitszeit mithin auch eine Reduzierung des Arbeitsentgelts. Was das für Arbeitnehmer bedeutet, die einen Teil ihres Arbeitsentgelts in Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung umwandeln, soll dieser Beitrag beleuchten.
Derzeitige Interessenlagen
Zahlreiche von Kurzarbeit betroffene Arbeitnehmer haben Einbußen ihres Einkommens hinzunehmen, soweit der Entgeltausfall neben dem Kurzarbeitergeld nicht auch durch einen freiwilligen Zuschuss des Arbeitgebers ausgeglichen wird. Insofern werden viele Arbeitnehmer möglicherweise daran interessiert sein, ihre für die betriebliche Altersversorgung umgewandelten Entgeltbestandteile temporär zu reduzieren oder die Entgeltumwandlung völlig auszusetzen, um so das zur Auszahlung gelangende Arbeitsentgelt zu erhöhen. Auf der anderen Seite ist die Entgeltumwandlung auch für viele Arbeitgeber mit einer Liquiditätsbelastung verbunden. Denn häufig leisten Arbeitgeber einen Zuschuss zu dem regelmäßig (zunächst) steuer- und sozialversicherungsfreien Umwandlungsbetrag. Für ab dem 1.1.2019 abgeschlossene Entgeltumwandlungsvereinbarungen ist ein Zuschuss in Höhe von 15 % gem. § 1 Abs. 1a BetrAVG sogar grundsätzlich verpflichtend. Dementsprechend haben auch viele Arbeitgeber derzeit ein krisenbedingtes Interesse daran, die Entgeltumwandlung auszusetzen.
Keine Entgeltumwandlung bei „Kurzarbeit Null“
Die Umwandlung von Entgelt nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG setzt bereits begrifflich voraus, dass der Arbeitnehmer tatsächlich Arbeitsentgelt erhält. Ist dies nicht der Fall, wird die Entgeltumwandlung unmöglich. Der Bezug von Kurzarbeitergeld ändert hieran nichts, denn Kurzarbeitergeld stellt als Lohnersatzleistung gerade kein umwandlungsfähiges Entgelt dar. Auch freiwillige Aufstockungsleistungen, die Arbeitgeber mitunter zusätzlich zum Kurzarbeitergeld zahlen, dürften als Sozialleistung des Arbeitgebers nicht von bestehenden Entgeltumwandlungsvereinbarungen umfasst sein.
Der gesetzliche Pflichtzuschuss des Arbeitgebers zur Entgeltumwandlung nach § 1a Abs. 1a BetrAVG knüpft ebenfalls an das umgewandelte Arbeitsentgelt an. Im Falle von „Kurzarbeit Null“ entfällt daher auch die gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers, einen Zuschuss zu leisten. Der Arbeitnehmer kann allerdings nach § 1a Abs. 4 BetrAVG die Möglichkeit nutzen, aus privaten Mitteln weiterhin Beiträge an den Versorgungsträger zu leisten und so Versorgungslücken zu schließen, ohne dass dies die Liquidität des Arbeitgebers zunächst belastet. Vielen Arbeitnehmern dürfte ein solches Vorgehen anzuraten sein, um nicht eine Kündigung des Versorgungsvertrags durch den Versorgungsträger, beispielsweise nach § 166 VVG, zu riskieren.
Entgeltumwandlung bei reduzierter Arbeitszeit infolge Kurzarbeit
Davon zu unterscheiden ist der Fall der bloßen Reduzierung der Arbeitszeit. Da der betroffene Arbeitnehmer hier weiterhin Arbeitsentgelt erhält, wird – anders als bei der „Kurzarbeit Null“ – in der Regel kein Hindernis bestehen, Entgelt in der vereinbarten Höhe umzuwandeln. Auch der Arbeitgeber hat nach wie vor die ihm obliegenden Zuschüsse zur Entgeltumwandlung zu leisten. Zwar wird vereinzelt diskutiert, ob die Reduzierung des Arbeitsentgelts auch zu einer Reduzierung des Entgeltumwandlungsbetrages führt. Einen solchen Automatismus dürfte es allerdings nur dann geben, wenn die Umwandlungsvereinbarung auf einen prozentualen Anteil am Arbeitsentgelt gerichtet ist. Ist hingegen – wie üblich – ein fester Umwandlungsbetrag vereinbart, hat die Kurzarbeit grundsätzlich keine Auswirkungen auf bestehende Entgeltumwandlungsvereinbarungen.
Soweit Arbeitgeber oder Arbeitnehmer krisenbedingte Anpassungen anstreben, werden diese damit grundsätzlich nur im Wege einer einvernehmlichen Änderungsvereinbarung möglich sein.
Anders zu bewerten ist allerdings der Fall, in dem das reduzierte Entgelt hinter dem monatlichen Umwandlungsbetrag zurück bleibt. Dann wird die Entgeltumwandlung im vereinbarten Umfang teilweise unmöglich. Jedenfalls in Höhe des unmöglichen Teils reduzieren sich der Entgeltumwandlungsbetrag und der korrespondierende Zuschuss des Arbeitgebers. Auch in diesem Fall wird man dem Arbeitnehmer in entsprechender Anwendung des § 1 Abs. 4 BetrAVG indes das Recht einräumen müssen, die Entgeltumwandlung mittels Aufstockung des reduzierten Betrages aus Eigenmitteln in unveränderter Höhe fortzusetzen.
Zudem ist in bestimmten Extremfällen auch ein einseitiges Recht der betroffenen Arbeitnehmer denkbar, die Entgeltumwandlungsvereinbarung im Wege des § 313 Abs. 1 BGB (Störung der Geschäftsgrundlage) anzupassen oder die Entgeltumwandlung vorübergehend auszusetzen.
Fazit
Während die Durchführung der Entgeltumwandlung bei der „Kurzarbeit Null“ vorübergehend unmöglich wird, bleibt die anteilige Reduzierung der Arbeitszeit vielfach ohne Folgen auf die Entgeltumwandlung. Hier helfen in erster Linie konsensuale Lösungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Arbeitnehmern ist vor Abschluss einer vorübergehenden Anpassung der Entgeltumwandlungsvereinbarung ein genauer Blick auf die Entwicklung der persönlichen Einkommenssituation zu empfehlen. Aufgrund der Steuerprogression bleibt der Effekt auf das Nettoeinkommen durch die Aussetzung oder Reduzierung der Entgeltumwandlung in einigen Fällen hinter den Erwartungen zurück. Im Übrigen ist dringend anzuraten, die Auswirkungen aller temporären Maßnahmen im Vorfeld mit dem jeweiligen Versorgungsträger abzustimmen, um auch insoweit vor bösen Überraschungen gefeit zu sein.