Die Zahl der von Altersarmut Betroffenen nimmt zu. Auch wer jahrelang in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt hat, ist davor nicht geschützt. Aus diesem Grund wird die private Vorsorge immer wichtiger. Eine bislang eher unbekannte Möglichkeit der privaten Vorsorge ist der Kauf von Rentenpunkten in der gesetzlichen Rentenversicherung. Doch was hat es damit auf sich? Welche Vorteile der Kauf von Rentenpunkten – nicht zuletzt für Arbeitgeber als Instrument im Rahmen eines Personalabbaus? Lesen Sie dazu unseren Blog-Beitrag.
Rentenpunkte
Die Höhe der Rente berechnet sich nach dem Erwerbseinkommen während des gesamten Arbeitslebens. Entspricht das Einkommen des Versicherten in einem Beschäftigungsjahr dem Durchschnittseinkommen aller Versicherten in Deutschland für denselben Zeitraum, erwirbt der Versicherte einen Rentenpunkt. Bei einem höheren Einkommen können mehr Rentenpunkte pro Jahr erworben werden, bei niedrigerem Einkommen werden nur anteilige Rentenpunkte erworben. Der Wert eines Entgeltpunktes liegt im Jahr 2020 bei EUR 34,02 (West).
Beispiel: Der Durchschnittsverdienst aller Versicherten im Jahr 2019 lag bei EUR 38.901 (West).
Jahreseinkommen des Versicherten in 2019 | Rentenpunkte für 2019 |
EUR 26.000 | 0,67 |
EUR 38.901 | 1,00 |
EUR 54.000 | 1,39 |
Vorzeitige Altersrente
Bei Bezug der Rente im Zeitpunkt des Erreichens der Regelaltersgrenze beträgt der Zugangsfaktor 1,0 (= 100 %). Wird eine Altersrente vorzeitig in Anspruch genommen, führt dies zu einer Rentenminderung von 0,3 % für jeden Monat der vorzeitigen Inanspruchnahme. Bei späterer Inanspruchnahme der Rente wird der Zugangsfaktor durch Zuschläge erhöht.
Ausgleichszahlung
Nach § 187a SGB VI haben Versicherte die Möglichkeit, Rentenabschläge bei vorzeitiger Inanspruchnahme durch zusätzliche Einzahlungen in die Rentenversicherung auszugleichen. Durch die Ausgleichszahlung erhält der Versicherte einen Zuschlag an Rentenpunkten, der sich nach der Höhe des eingezahlten Betrages und seinem Wert in der Deutschen Rentenversicherung im Einzahlungszeitpunkt richtet.
Die Voraussetzungen für eine Ausgleichszahlung sind:
- Die Person ist mindestens 50 Jahre alt,
- gesetzlich oder freiwillig in der Deutschen Rentenversicherung versichert und
- erreicht mindestens 35 Versicherungsjahre bis zum geplanten Rentenbeginn.
Höhere Rente durch Einzahlung in die Deutsche Rentenversicherung
Die eingezahlten Beiträge führen zu einer Erhöhung der Rentenansprüche, auch für etwaige Hinterbliebenenrenten.
Nachfolgend ein Beispiel für die Rentenerhöhung:
Voraussichtlicher Rentenanspruch ohne Abschläge: | EUR 1.000,00 |
Vorzeitige Inanspruchnahme: | 2 Jahre / 24 Monate |
Monatlicher Abschlag: | 24 x 0,3 % = 7,2 % = EUR 72,00 |
Notwendiger Ausgleichsbetrag: | ca. EUR 17.527,00 |
Rentenanspruch ohne Einzahlung: | EUR 928,00 |
Rentenanspruch bei Einzahlung i. H. v. EUR 17.527,00: | EUR 1.000,00 (zusätzliche monatliche Rente EUR 72,00) |
Rentenanspruch bei Einzahlung i. H. v. EUR 10.000,00: | EUR 969,00 (zusätzliche monatliche Rente ca. EUR 41,00) |
Ablauf der Ausgleichszahlung
Rentenauskunft
Zunächst muss ein Antrag auf besondere Rentenauskunft bei der Deutschen Rentenversicherung gestellt werden (Formular V0210). Daraufhin berechnet die Deutsche Rentenversicherung den tatsächlichen Ausgleichsbetrag. Der Antrag an die Deutsche Rentenversicherung ist unverbindlich und verpflichtet nicht zur Einzahlung des Ausgleichsbetrags.
Die Höhe der notwendigen Ausgleichszahlung ist abhängig vom Zeitpunkt des beabsichtigten Rentenbezugs und der zu erwartenden Rentenhöhe. Der Umfang der Zahlung ist auf den berechneten Ausgleichsbetrag der vollständigen Rentenminderung begrenzt. Auch Teilzahlungen sind möglich.
Nachfolgend einige Beispiele für die Berechnung der notwendigen Ausgleichszahlungen:
Erwartete Rentenhöhe (brutto) | Jahre des vorgezogenen Rentenbeginns | monatlicher Rentenabschlag | Höhe des notwendigen Ausgleichsbetrags |
EUR 800,00 | 1 Jahr | EUR 28,80 | EUR 6.749,00 |
EUR 1.000,00 | 2 Jahre | EUR 72,00 | EUR 17.527,00 |
EUR 1.200,00 | 3 Jahre | EUR 129,60 | EUR 32.821,00 |
Erklärung gegenüber der Deutschen Rentenversicherung
Der Versicherte muss gegenüber der Deutschen Rentenversicherung erklären, vorzeitig Altersrente beziehen zu wollen. Diese Erklärung bedarf keiner Form und entfaltet keine Bindungswirkung. Der Versicherte darf daher auch über den angegebenen Zeitpunkt hinaus bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze weiter arbeiten.
Einzahlung eines Ausgleichsbetrags
Die Einzahlung kann der Versicherte selbst oder auch ein Dritter, z. B. der Arbeitgeber, durchführen. Finanziell attraktiv ist insbesondere die Einzahlung von Abfindungen in die Deutsche Rentenversicherung, da diese steuerlich begünstigt werden. Zudem sind Einzahlungen in die Deutsche Rentenversicherung in der Regel beitragsfrei in der Sozialversicherung. Einzahlungen sind zweimal jährlich zulässig.
Chancen für den Arbeitgeber
Der Kauf von Rentenpunkten durch Einzahlungen in die Rentenversicherung ist durchaus auch für den Arbeitgeber interessant. Durch das Angebot zur Einzahlung von Abfindungen in die Rentenversicherung kann der Arbeitgeber im Rahmen eines beabsichtigten Personalabbaus – ob aufgrund von Restrukturierungen oder in Individualfällen – neue Anreize für eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit rentennahen Arbeitnehmern zu schaffen.
Die Probleme bei Aufhebungsverhandlungen mit Arbeitnehmern im rentennahen Alter sind bekannt. Die betroffenen Arbeitnehmer haben häufig die Sorge, aufgrund ihres Alters keine Anschlussbeschäftigung finden zu können. Mangels Erreichens der Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung bleibt den Arbeitnehmern daher vielfach nur die Möglichkeit des vorzeitigen Rentenbezugs, der mit spürbaren Rentenabschlägen verbunden ist. Dies lässt Arbeitnehmer nicht selten vor einer einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zurückschrecken.
Dem können Arbeitgeber durch das Angebot von (Teil-)Einzahlungen der (Sozialplan-)Abfindungen in die gesetzliche Rentenversicherung entgegenwirken. Durch die Einzahlungen können zu erwartende Rentenabschläge ausgeglichen oder zumindest verringert werden. Die Einigungsbereitschaft von Arbeitnehmern in rentennahmen Alter kann dadurch erhöht werden.
Arbeitgeber sollten daher die Möglichkeit von Einzahlungen in die Rentenversicherung zum Ausgleich von Rentenabschlägen bei der Trennung von Arbeitnehmern über 50 als zusätzlichen Anreiz im Hinterkopf behalten. Bei Restrukturierungen kann die freiwillige Einzahlung von Abfindungen in die gesetzliche Rentenversicherung für einen größeren Personenkreis auch in einem Sozialplan vereinbart werden.