Welcher Arbeitgeber kennt das nicht: Ein IT- Tool muss dank straffem Zeitplan der Konzernmutter binnen weniger Monate eingeführt oder ein Sozialplan schnellstmöglich durchverhandelt werden und der Betriebsrat spielt nicht mit. Keine freien Termine, keine Zeit für das Durcharbeiten der Informationen und Ähnliches sind die Begründungen. Dahinter steckt oft Taktik. Wie sich Arbeitgeber hier helfen können, zeigt der folgende Beitrag unter Anknüpfung an den Blogbeitrag: Die Einigungsstelle bei der Einführung von IT Systemen auf.
Ausgangssituation: Der Arbeitgeber bemüht, der Betriebsrat „schläft“
Gerade bei der Einführung oder Änderung neuer IT-Systeme steht der Arbeitgeber oft unter Zeitdruck: Die neuen Verträge sind geschlossen, alte Systeme werden zu einem festgelegten Zeitpunkt abgeschaltet und die Konzernmutter im Ausland erwartet, dass der Roll-out in allen Ländern planmäßig und gleichzeitig erfolgt. In Deutschland gestaltet sich das oft als schwierig, nicht unbedingt wegen der Mitbestimmung bei technischen Einrichtungen an sich, sondern wegen der Haltung der Betriebsräte. Diese wissen um den Zeitdruck des Arbeitgebers und machen sich ihn zunutze. Während der Arbeitgeber Informationen zusammenstellt, Fragen beantwortet und Verhandlungstermine vorschlägt, liegen die zur Verfügung gestellten Dokumente beim Betriebsrat ganz unten „im Stapel“, Termine sind wegen Urlaubsabwesenheiten nicht machbar, der IT-Sachverständige hat keine Zeit oder auch der Rechtsberater des Betriebsrates. So werden aus Wochen Monate und die Verhandlungen haben noch nicht einmal begonnen. Was also tun?
Handlungsoption des Arbeitgebers – gerichtliche Einsetzung der Einigungsstelle
Die Einigungsstelle ist den meisten Arbeitgebern bekannt als Eskalationsstufe im Falle des sogenannten Scheiterns der Verhandlungen. Dementsprechend, so meint man, müsse überhaupt erst einmal verhandelt worden sein, um die Einigungsstelle anrufen und etwas „Schwung“ in die Sache bringen zu können. Dem ist mitnichten so: Bereits ältere Rechtsprechung erkannte ein Einsetzungsbedürfnis der Einigungsstelle auch dann an, wenn eine Seite eine Blockadehaltung an den Tag legte, sich auf Verhandlungen überhaupt nicht einließ oder wenn bereits bei Festlegung des förmlichen Verhandlungsrahmens keine Einigkeit zu erzielen war. Das LAG Düsseldorf (Beschluss vom 16. Juli 2019 – 3 TaBV 36/19) hat nur erfreulich deutlich die Voraussetzungen für das Rechtsschutzbedürfnis im Einsetzungsverfahren nach § 100 ArbGG zusammengefasst:
- Die antragstellende Partei muss ernsthaft versucht haben, mit der anderen Partei in Verhandlungen einzutreten; es müssen hierfür Vorstellungen zum Regelungsthema formuliert worden sein und die Aufnahme von Verhandlungen muss dann von der anderen Seite verzögert worden sein;
- Für die Frage der Verzögerung kommt der anderen Partei eine weitreichende Einschätzungsprärogative zu, die von dem Gericht nur noch auf offensichtliche Unbegründetheit zu prüfen ist.
- Nach Beginn der Verhandlungen kann jede Seite die Einigungsstelle gerichtlich dann einsetzen lassen, wenn sie nach ihrer begründeten subjektiven Einschätzung zu der Annahme kommt, dass die Verhandlungen nicht oder nicht in absehbarer Zeit zum Erfolg führen werden.
ToDo´s für den Arbeitgeber für die zügige Einsetzung einer Einigungsstelle
Bei entsprechender Vorbereitung kann ein Antrag nach § 100 ArbGG bereits nach kurzer Zeit Erfolg haben. Der Arbeitgeber sollte hierzu dem Betriebsrat idealerweise bereits den Entwurf einer Betriebsvereinbarung zum Regelungsthema übermitteln und erforderliche Informationen wie z.B. bei IT-Tools die Systembeschreibung und das Berechtigungskonzept beifügen. Weiter sollte er einer etwa bereits beantragte Hinzuziehung externen Sachverstandes zustimmen oder Zustimmung hierzu signalisieren. Dem Betriebsrat sollte zusätzlich ein Zeitplan vorgelegt werden, bei dem diesem allerdings genügend Zeit zur Vorbereitung und Rücksprache mit seinen Beratern eingeräumt werden muss sowie die Möglichkeit, weiterführende inhaltliche Fragen zu stellen. Schlussendlich sollten mehrere Terminvorschläge zu Informations- und auch Verhandlungsterminen genannt werden. Werden alle vorgeschlagenen Termine mit nicht nachvollziehbarer Begründung abgelehnt und/oder keine Alternativtermine genannt und lässt der Betriebsrat gesetzte Fristen zur Rückmeldung zu den Informationen und/oder dem Entwurf der Betriebsvereinbarung verstreichen, bestehen gute Erfolgsaussichten, eine Einigungsstelle vom Arbeitsgericht eingesetzt zu bekommen.