Waghalsige Arbeitgeber haben das diesjährige „Anbaden“ in einem eisigen Gewässer ihrer Wahl womöglich schon hinter sich gebracht und die Badesaison damit eröffnet. Andere dürften dagegen erst noch „auf Temperatur“ kommen müssen. Hier kann das BAG helfen: Erfurt musste sich nämlich in einem aktuellen Urteil vom 19.11.2019, Az. 7 AZR 582/17, (Pressemitteilung Nr. 39/19) ebenfalls mit der Badesaison beschäftigen. Dieses könnte es, jedenfalls was Saisonarbeitskräfte angeht, in sich haben. Setzen wir also zum Sprung in die Details und Handlungsempfehlungen für Arbeitgeber an.
Um was ging es?
Der Fall des BAG befasste sich mit einem Bademeister, der seit dem Jahr 2000 auf der Grundlage diverser Arbeitsverträge mit der Badeaufsicht sowie mit der Reinigung und Pflege des gemeindlichen Freibads während der „Freibadsaison“ betraut war. Diese war in dem zuletzt maßgeblichen Arbeitsvertrag vom 01.04.2006 definiert als der Zeitraum von April bis Oktober des jeweiligen Jahres. Außerhalb dieser Zeit wurde der Kläger weder beschäftigt, noch vergütet. Der Kläger wähnte darin nun – plötzlich, muss man wohl sagen – eine unzulässige Befristung und wollte feststellen lassen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Befristungsabrede vom 01.04.2006 nicht am 31.10.2016 aufgelöst wurde.
Und was sagt das BAG dazu?
Die Klage blieb auch in der Revision erfolglos. Das BAG stellte – für den Arbeitgeber vermutlich recht überraschend – fest, dass es sich nicht um eine Vielzahl von befristeten einzelnen Arbeitsverträgen, sondern um einen von vorneherein unbefristeten Vertrag handeln würde, dessen Arbeits- und Vergütungspflichten auf die Monate April bis Oktober des jeweiligen Jahres begrenzt wären. Demgegenüber waren die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass es sich mehrere Befristungen gehandelt hätte, die jeweils durch den vorübergehenden Beschäftigungsbedarf als Saisonkraft gerechtfertigt gewesen wären. Nach Auffassung des BAG ist eine Vereinbarung, die die Arbeits- und Vergütungspflichten auf eine bestimmte Zeit (Saison) begrenzt, ohne dass im Anschluss das Arbeitsverhältnis endet, wirksam. Insbesondere läge darin keine unangemessene Benachteiligung gem. § 307 Abs. 1 BGB. Der Arbeitgeber habe bei Abschluss des Arbeitsvertrages davon ausgehen dürfen, dass für einen Bademeister in einem Freibad nur während der Badesaison Beschäftigungsbedarf gegeben sei.
Praxishinweise für Arbeitgeber
Die Entscheidung wird über das „örtliche Freibad“ hinaus Auswirkungen auf die Beschäftigung von Saisonarbeitskräften in anderen Branchen haben (z.B. Landwirtschaft, Gastronomie oder Tourismus).
Arbeitgeber, die in der Vergangenheit eine ähnliche Vertragskonstruktion verwendet und auf eine jeweils nur wenige Monate des Jahres dauernde, sich quasi immer wieder von selbst erneuernde Befristung vertraut haben, könnten sich plötzlich mit unbefristeten Arbeitsverhältnissen konfrontiert sehen. Die entsprechenden Verträge sollten daher kontrolliert und auf Handlungsbedarf untersucht werden. Wer dagegen, z.B. in der anlaufenden Wintersport- bzw. Skisaison, gerade die Einstellung von Saisonarbeitskräften erwägt, sollte seine Verträge so gestalten, dass tatsächlich nur eine Befristung vereinbart wird, die mit Saisonende auslaufen und nicht in der nächsten erneut zu laufen beginnen soll.
Umgekehrt mag es Arbeitgeber geben, die das vom BAG quasi neu geschaffene Konstrukt einer dauerhaften Anstellung bei nur zeitweiser Beschäftigung aktiv nutzen wollen. Dieses könnte einiges an Planungssicherheit bringen bzw. helfen, gute Saisonkräfte langfristig zu binden, ohne sich zugleich Gedanken über die Zeiten ohne Beschäftigungsmöglichkeit machen zu müssen. Auch hier muss aber auf eine sorgfältige Vertragsgestaltung geachtet werden, weil viele Fragen noch ungeklärt sind (z.B. Status des Arbeitsverhältnisses außerhalb der Beschäftigungs- und Vergütungsphase, Umfang des Urlaubsanspruchs). Insoweit bleiben zunächst auch noch die vollständigen Gründe der Entscheidung des BAG vom 19.11.2019 abzuwarten. Anbaden können betroffene Arbeitgeber, ggf. gewärmt durch den Gedanken neuer Gestaltungsspielräume für ihre Arbeitsverträge, einstweilen aber natürlich trotzdem.