Kaum ein anderes Thema wurde in den vergangenen Jahren von der deutschen und europäischen Rechtsprechung so geprägt und verändert wie das deutsche Urlaubsrecht. Dabei mussten Arbeitgeber immer wieder Acht geben, damit sie sich nicht verschiedenen Urlaubsabgeltungsansprüchen ihrer Arbeitnehmer entgegen sehen. Nach einer aktuellen Entscheidung des BAG vom 24. September 2019 (Az. 9 AZR 481/18) können Arbeitgeber aber im Hinblick auf Ihre „Altersteilzeitler“ aufatmen: In der passiven Freistellungsphase innerhalb der Altersteilzeit entstehen keine Urlaubsansprüche.
Hintergrund zur Altersteilzeit
Die Altersteilzeit bietet rentennahen Arbeitnehmern einen sanften Übergang in die Rente und lohnt sich auch für den Arbeitgeber, gerade in Zeiten des Fachkräftemangels. Die Altersteilzeit wird meist als sogenanntes „Blockmodell“ ausgeübt (siehe dazu auch unser Blogbeitrag vom 19. September 2017). Dabei wird zwischen der „Aktivphase“ und der „Passivphase“ unterschieden. Während der Aktivphase erbringt der Arbeitnehmer 100% seiner Arbeitsleistung, erhält dafür jedoch nur 50% seiner Vergütung. In der Passivphase arbeitet der Arbeitnehmer nicht mehr, erhält aber die restlichen 50% seiner Vergütung.
Der Ausgangsfall
Solch ein Blockmodell wählten auch die Parteien des dem Urteil zugrundeliegenden Sachverhaltes. Der Kläger war zunächst im Rahmen eines Vollzeitarbeitsverhältnisses bei der Beklagten beschäftigt. Ab dem 1. Dezember 2014 setzten die Parteien das Arbeitsverhältnis in Altersteilzeit mit der Hälfte der bisherigen Arbeitszeit fort. Nach dem vereinbarten Blockmodell sollte der Kläger bis zum 31. März 2016 weiter in Vollzeit arbeiten und anschließend bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Juli 2017 von der Arbeitsleistung freigestellt sein. Während der gesamten Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses erhielt er sein auf der Grundlage der reduzierten Arbeitszeit berechnetes Gehalt. Dem Kläger stand nach dem Arbeitsvertrag jährlich an 30 Arbeitstagen Urlaub zu. Darüber hinaus sah der Altersteilzeitvertrag vor, dass der ab dem Eintritt in die Freistellungsphase entstehende Urlaubsanspruch durch die erfolgte Freistellung als gewährt gelten solle. Im Jahr 2016 hatte der Kläger an acht Arbeitstagen Erholungsurlaub. Im Nachhinein war der Kläger aber nun der Meinung, für die Freistellungsphase der Altersteilzeit hätte er dennoch Anspruch auf insgesamt 52 Urlaubstage, die die Beklagte abzugelten habe. Die vereinbarte Klausel hielt er für unwirksam.
BAG: Keine Urlaubsansprüche in der Freistellungsphase
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Und auch die Revision des Klägers vor dem BAG hatte keinen Erfolg. Das BAG entschied, dass dem Kläger keine Ansprüche auf Urlaubsabgeltung zustehen.
Laut der bisher nur vorliegenden Pressemitteilung begründet das BAG die Entscheidung damit, dass sich die Anzahl der Urlaubstage grundsätzlich nach dem maßgeblichen Arbeitszeitrythmus richte. So werde eine für alle Arbeitnehmer gleichwertige Urlaubsdauer gewährleistet. Einem Arbeitnehmer, der sich in der Freistellungsphase eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses befindet und im gesamten Kalenderjahr von der Arbeitspflicht entbunden ist, stehe mangels Arbeitspflicht kein gesetzlicher Anspruch auf Erholungsurlaub zu. Die Freistellungsphase sei mit „null“ Arbeitstagen in Ansatz zu bringen.
Findet der Wechsel von der Arbeits- in die Freistellungsphase im Verlauf des Kalenderjahres statt, müsse der Urlaubsanspruch nach Zeitabschnitten entsprechend der Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht berechnet werden.
Das BAG stellt mit dieser Entscheidung auch klar, dass diese Grundsätze nicht nur für den gesetzlichen Mindesturlaub gelten, sondern auch für den vertraglichen Mehrurlaub, wenn die Arbeitsvertragsparteien für die Berechnung des Urlaubsanspruchs während der Altersteilzeit keine von § 3 Abs. 1 BUrlG abweichende Vereinbarung getroffen haben.
Fazit
Das Urteil des BAG ist zu begrüßen. Die Entscheidung setzt konsequent die Grundsätze des erst kürzlich ergangenen Urteils des BAG (Urteil vom 18. September 2018 – 9 AZR 159/18) zu der Frage, ob Urlaubsansprüche während eines „Sabbaticals“ entstehen, fort. Auch hier entschied das BAG, dass keine Urlausansprüche entstehen, weil der Arbeitnehmer in dieser Zeit keine Arbeitsleistung erbringt und die Arbeitstage mit „null“ anzusetzen sind (siehe dazu unser Blogbeitrag vom 13. Mai 2019). Arbeitgeber können nun aufatmen, sie müssen nicht mehr befürchten, dass ihre „Altersteilzeitler“ nachträglich Urlaubsabgeltungsansprüche für die Freistellungsphase geltend machen.