open search
close
Internationales Arbeitsrecht Vergütung

Money, money, money – oder doch kein Geld? Was Arbeitgeber bei Gehaltszahlungen in Kryptowährungen beachten sollten

Print Friendly, PDF & Email

Bitcoin, Ethereum, Ripple, Stellar, Litecoin… mittlerweile gibt es über 2.100 Kryptowährungen (Stand Mai 2019) und jeden Tag werden es mehr. Es ist daher keine Überraschung, dass sich nicht nur Fin-Tech Start-Ups Gedanken darüber machen, ob sie ihre Mitarbeiter in diesen Währungen vergüten können. Wir beleuchten in diesem Beitrag, wie Kryptowährungen funktionieren und welche rechtlichen Herausforderungen bei dem Einsatz als Gehaltsbestandteil zu meistern sind.

Wie funktionieren Kryptowährungen?

Kryptowährungen basieren auf der Idee einer nichtstaatlichen Ersatzwährung mit begrenztem Volumen. Anders als bei Geld, das von den Notenbanken (theoretisch) unendlich gedruckt werden kann, werden Kryptowährungen in vorher festgelegtem Umfang durch computerbasierte Rechenoperationen geschaffen. Abhängig von der Art der Kryptowährung können die Einheiten vom Gründer des Systems vorab erschaffen sein („premined“ so z.B. bei Ripple) oder sie werden von den Nutzern des Systems durch Rechenoperationen („mining“) erschaffen (so z.B. bei Bitcoin oder Ethereum).

Grundlage für diese Rechenoperationen ist die Blockchain. Es handelt sich um ein System zwischen den beteiligten Nutzern, das ohne Kreditinstitute oder sonstige Zwischenmänner auskommt (sog. „Peer-to-Peer“-Netzwerk). Die Bockchain wird nicht zentral, z.B. bei dem Gründer, gespeichert, sondern durch alle Nutzer des Systems. Daher kann man sich die Blockchain als dezentrales Kassenbuch vorstellen, in dem alle Transaktionen gespeichert werden.

Bezahlen mit Kryptowährungen

Um Teil des jeweiligen Netzwerkes zu werden (und die entsprechende Kryptowährung nutzen zu können) müssen die Teilnehmer ein „Wallet“ haben. Dies ist die Zugangssoftware zur Blockchain.

Soll die Kryptowährung vom Wallet des einen Nutzers zum Wallet des anderen übertragen werden, z.B. um Waren oder Dienstleistungen zu bezahlen, wird die vorgenommene Transaktion öffentlich einsehbar in der Blockchain gespeichert. Der Blockchain wird also ein weiterer „Block“ hinzugefügt. Dies jedoch erst, wenn andere Nutzer die Transaktion validiert haben.

Bei Bitcoin müssen die Nutzer (bzw. ihre jeweiligen Rechner) Rechenaufgaben lösen, um die Transaktion zu verifizieren. Je komplizierter die Rechenaufgabe ist, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, Manipulationen der Blockchain zu verhindern. Der Validierungs-Mechanismus und die dezentrale Speicherung sorgen dafür, dass Transaktionen mithilfe einer Blockchain als besonders sicher gelten.

Kann man Gehalt in Kryptowährungen zahlen?

Der Gesetzgeber hat in § 107 Abs. 1 GewO vorgesehen, dass das Arbeitsentgelt in Euro zu berechnen und auszuzahlen ist. Hierdurch soll verhindert werden, dass Arbeitnehmer „mit leeren Händen“ dastehen, weil der Arbeitgeber ihr Gehalt in einer wertlosen Währung ausgezahlt hat. Außerdem sollen die Arbeitnehmer nicht gezwungen sein, ihren Lohn erst umtauschen zu müssen, bevor sie ihn ausgeben können.

In Arbeitsverhältnissen mit Auslandsbezug (z.B. bei Entsendungen) kann diese Regelung jedoch unpraktisch und nicht im Sinne des Arbeitnehmers sein. Dieser hat z.B. in den USA wenig Interesse an einem in Euro ausgezahlten Gehalt. Daher ist bei Auslandsaufenthalten, die über einen Monat andauern, die Gehaltszahlung in einer fremden Währung erlaubt (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 NachwG).

Gilt das auch für Kryptowährungen? Hier liegt der Knackpunkt: Auch wenn der Sammelbegriff anderes vermuten lässt, handelt es sich dabei nicht um Währungen im konventionellen Sinne. Für letztere gilt ein Annahmezwang und genau diesen gibt es bei Kryptowährungen (bislang) nicht. Auch wenn die bekannten Kryptowährungen wie Bitcoin von immer mehr Unternehmen akzeptiert werden, handelt es sich nicht um staatliche Zahlungsmittel. Kryptowährungen sind also nicht weitrechend genug akzeptiert, um den Schutzzweck des § 107 Abs. 1 GewO zu erfüllen.

Kryptowährungen als Sachbezug

Kryptowährungen sind daher als Sachbezug im Sinne von § 107 Abs. 2 GewO einzuordnen. Hierunter fallen alle Gegenleistungen des Arbeitgebers für erbrachte Arbeitsleistungen, die zwar geldwerte Leistungen darstellen, aber nicht in Geld erbracht werden. Auch wenn Kryptowährungen keine „Sachen“ im juristischen Sinne sind, sind sie aber z.B. mit Aktienoptionen vergleichbar (beide haben das Potential, künftig Gewinne zu generieren), die auch den Sachbezügen zugeordnet werden. Bezahlung in Sachbezügen ist allerdings nur möglich, wenn dies mit dem Arbeitnehmer vereinbart ist und in seinem Interesse liegt.

Arbeitgeber können jedoch nicht das gesamte Gehalt in Sachbezügen zahlen. Die Untergrenze bildet der nicht-pfändbare Teil des Gehalts. Dieser ist in jedem Fall in Euro zu zahlen. Die Obergrenze wird, vergleichbar mit Aktienoptionen, bei ca. 25% bis 30% des Gehalts gezogen.

Für wen lohnt sich die Auszahlung von Gehalt in Kryptowährung?

Einerseits lohnt sich die Auszahlung für Arbeitsverhältnisse mit Auslandsbezug: Transaktionen gehen schnell, es ist keine Bearbeitungsdauer von mehreren „Bankarbeitstagen“ notwendig und es werden weder Währungsverluste noch Überweisungsgebühren fällig.

Andererseits kann die Zahlung von Kryptowährung für alle technikaffinen Unternehmen, die sich von der Konkurrenz durch „besondere“ Benefits absetzen wollen oder auch „minende“ Unternehmen interessant sein, die ihre Arbeitnehmer am Unternehmensprodukt und –erfolg teilhaben lassen wollen.

Welche Auszahlungsvarianten kommen in Betracht?

Für die Bezahlung in Kryptowährungen kommen zwei Varianten in Betracht: Es kann vereinbart werden einen Teil des Gehalts (z.B. EUR 500) in die gewünschte Kryptowährung umzuwandeln. Der Arbeitgeber trägt damit nicht das Risiko, dass der (häufig sehr volatile) Kurs der Kryptowährung stark ansteigt. Aus Sicht des Arbeitnehmers ist diese Variante wenig attraktiv, da er besser stünde, wenn er die EUR 500 ausgezahlt bekäme und sie dann in die gewünschte Kryptowährung umtauscht, wenn der Wechselkurs für ihn gut ist.

Die andere Variante wäre die Vereinbarung eines festen Betrags, der monatlich in der gewünschten Kryptowährung gezahlt wird, z.B. zwei Ether (entspricht im Mai 2019 ca. EUR 500). Hier trägt der Arbeitgeber das Risiko des steigenden Kurses, kann aber, wenn er die Kryptowährung zu einem günstigen Zeitpunkt gekauft und seinem Wallet aufbewahrt hat, Geld sparen.

Sandra Fredebeul

Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Senior Associate
Sandra Fredebeul berät nationale und internationale Unternehmen vorwiegend in der Gestaltung von Anstellungs-, Aufhebungs- und Abwicklungsverträgen. Darüber hinaus konzentriert sie sich auf betriebsverfassungsrechtliche Fragen.
Verwandte Beiträge
Kündigung, allgemein Neueste Beiträge

Annahmeverzugslohn im Kündigungs­schutz­prozess – ein „Dauerbrenner“

Stellt das Arbeitsgericht im Kündigungsschutzprozess fest, dass die vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung unwirksam ist und besteht deshalb nach der Entscheidung des Gerichts das Arbeitsverhältnis fort, hat der Arbeitnehmer grundsätzlich Anspruch auf Fortzahlung seiner Vergütung für den Zeitraum nach Zugang der Kündigung bis zur gerichtlichen Entscheidung (sog. Annahmeverzugslohn). Der Arbeitnehmer muss sich auf seinen Annahmeverzugslohn jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er durch anderweitige Arbeit verdient oder…
Individualarbeitsrecht Neueste Beiträge Vergütung

Fair P(l)ay – Sorgt die EU nun für den Durchbruch in puncto Entgelttransparenz?

Frauen verdienen in Deutschland im Durchschnitt immer noch weniger als Männer in vergleichbaren Positionen. Bisher bestehende gesetzliche Regelungen, insbesondere das 2017 in Kraft getretene Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) vermochten diese Lücke nicht zu schließen. Nun wird die EU tätig – die Abstimmung über den zuletzt vorgelegten Richtlinien-Entwurf zur Entgelttransparenz am 29. März 2023 gilt nur noch als Formsache. Unter anderem was den Auskunftsanspruch anbelangt, wird das deutsche…
Individualarbeitsrecht Neueste Beiträge Restrukturierung Vergütung

Betriebsübergang – aber nicht jeder will mit: BAG sichert Regelung zu Annahmeverzugslohn ab

Beim Betriebsübergang ist einer der wichtigen Regelungspunkte die Behandlung von sogenannten Widersprechern in der Belegschaft, deren Arbeitsverhältnis beim Betriebsveräußerer bleibt, und den damit verbunden Kosten einer Trennung. Nun sichert das BAG eine Möglichkeit ab, die das Risiko des Annahmeverzugslohns ausschaltet. Bei einem Betriebsübergang gehen die Arbeitsverhältnisse vom Betriebsveräußerer auf den Betriebserwerber über. Der Arbeitnehmer kann dies durch einen Widerspruch verhindern, muss jedoch häufig mit einer…
Abonnieren Sie den kostenfreien KLIEMT-Newsletter.
Jetzt anmelden und informiert bleiben.

 

Die Abmeldung ist jederzeit möglich.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert