Derzeit geht der Trend im Arbeitsleben immer mehr in die Richtung „Freizeit vor Entgelt“. Daher wünschen sich Arbeitnehmer häufig eine längere Freistellung etwa für Weltreisen oder um sich sonstige Träume zu erfüllen, die während des Arbeitsalltages nicht realisierbar sind. Dafür verzichten sie auch gut und gerne mal auf einen Teil ihres Gehalts. Das Sabbatical als vertraglich vereinbarter Sonderurlaub macht dies grundsätzlich möglich. Doch stehen Arbeitgeber diesem meist eher skeptisch gegenüber; nicht zuletzt aufgrund der finanziellen Belastungen durch das vorübergehende Fehlen der Arbeitskraft. Hilfestellung gibt nun das BAG, indem es dem Arbeitgeber in Bezug auf bestehende Urlaubsansprüche zumindest eine Last abnimmt.
Worum geht es konkret?
Ebenso wie bei der Altersteilzeit im Blockmodell stellt sich auch im Rahmen des Sabbaticals die spannende Frage, ob während der Freistellungsphase neue Urlaubsansprüche entstehen und damit „Urlaub während des Urlaubs“ gewährt werden muss. Weiterhin regen sich Fragezeichen um den tatsächlichen Auszahlungszeitpunkt des Urlaubsentgelts, welches der Arbeitnehmer durch seine Mehrarbeit in der sog. „Ansparphase“ vor der Freistellung erwirbt. Beides hat nun das BAG abschließend am 18.09.2018 und 19.03.2019 entschieden und bestehende Unsicherheiten für Arbeitgeber beseitigt.
Angespartes Urlaubsentgelt wird erst in der Freistellungsphase fällig
Gegenstand der Entscheidung des BAG vom 18.09.2018 – 9 AZR 159/18 war eine Sabbatical-Vereinbarung, nach der dem Arbeitnehmer eine verringerte Vergütung sowohl „während der Ansparphase als auch während des Freistellungsjahres“ gewährt wird. Hierin sah das BAG eine Stundung der Fälligkeit des zusätzlich in der Ansparphase erworbenen (Arbeits- und Urlaubs-)Entgelts bis zur Freistellungsphase. Folglich erhalte der Arbeitnehmer in der Ansparphase lediglich das Entgelt, das der Teilzeitquote während der Gesamtdauer der Vereinbarung entspreche. Da die Vereinbarung insoweit keine Differenzierung zwischen dem Arbeitsentgelt und dem vom Arbeitnehmer eingeklagten Urlaubsentgelts enthielt, sei dies ebenso auf den Anspruch Urlaubsentgelt übertragbar.
Im Gleichlauf mit einem Arbeitnehmer im Blockmodell der Altersteilzeit tritt der Arbeitnehmer mit der Verringerung seiner Regelarbeitszeit bei voller Arbeitsleistung im Hinblick auf die sich anschließende Freistellungsphase in Vorleistung und erhält die entsprechende Vergütung erst in der Freistellungsphase.
Kein Urlaubsanspruch während eines Sabbaticals
Eine bedeutsame Rechtsprechungsänderung hat der 9. Senat des BAG mit seinem Urteil vom 19.03.2019 – 9 AZR 315/17 im Hinblick auf das Entstehen von Urlaubsansprüchen während eines ruhenden Arbeitsverhältnisses vorgenommen. Nach der gesetzlichen Konzeption richtet sich die Höhe des Mindesturlaubsanspruch i.S.d. § 3 Abs. 1 BUrlG nach der Verteilung der Arbeit auf die Wochentage. So besteht ein Anspruch auf 24 Urlaubstage bei einer Sechs-Tage-Woche und ein gesetzlicher Mindesturlaub von 20 Tagen bei einer Fünf-Tage-Woche. Dies konsequent weitergedacht, dürfte kein Urlaubsanspruch entstehen, wenn ein Arbeitnehmer wegen eines vereinbarten Sonderurlaubs in einem Kalenderjahr durchgehend gar nicht arbeitet. Zu diesem Schluss ist nun auch das BAG gelangt. Aus der derzeit nur vorliegenden Pressemitteilung ist zu entnehmen, dass das BAG nunmehr den Umstand, dass die Arbeitsvertragsparteien ihre Hauptleistungspflichten vorübergehend aussetzen, bei der Berechnung der Urlaubsdauer berücksichtigt. Kurz gesagt: Ohne Arbeitspflicht auch kein Anspruch auf Erholungsurlaub!
Noch 2014 entschied der 9. Senat, dass auch während eines ruhenden Arbeitsverhältnisses Urlaubsansprüche entstünden (BAG, Urteil vom 06.05.2014 – 9 AZR 678/12). Die gesetzlich definierte Umrechnung wurde in den Fällen des Sonderurlaubs bisher nicht vorgenommen. Seit dem 19.03.2019 ist eine Kürzung des Urlaubs außerhalb der gesetzlich geregelten Fälle, wie etwa der Kürzungsmöglichkeit während der Elternzeit gem. § 17 Abs. 1 S. 1 BEEG (über die Verfassungskonformität dieser Regelung haben wir bereits in unserem Blog berichtet), jedoch dann möglich, wenn
- eine vorübergehende Befreiung von der Arbeitspflicht vorliegt und
- eine gesonderte Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber besteht.
Neben der Vereinbarung eines Sabbaticals dürfte hierunter auch die Altersteilzeit im Blockmodell zu fassen sein, so dass während der Passivphase der Altersteilzeit, in der keine Arbeitspflichten bestehen, folglich auch kein Urlaubsanspruch entstehen kann (so schon LAG Düsseldorf, Urteil vom 13.07.2018 – 6 Sa 272/18; Revision beim BAG anhängig unter dem Az.: 9 AZR 481/18).
Anmerkungen
Die neuen Schlussfolgerungen des 9. Senats überzeugen in jeder Hinsicht. Die Ansparphase und das in dieser Zeit erworbene zusätzliche Arbeits- und Urlaubsentgelt dienen der Finanzierung der Freistellungsphase. Folglich müssen auch die Fälligkeitszeitpunkte in diese verschoben werden. Dadurch wird sichergestellt, dass der Arbeitnehmer ein Urlaubsentgelt enthält, das seiner Höhe nach der Vergütung entspricht, die er im Falle geleisteter Arbeit erhalten hätte. In der Konsequenz können daher in der Freistellungsphase keine Urlaubs- sowie Urlaubsentgeltansprüche mehr entstehen, da diese zu den bereits in der Ansparphase entstandenen und später fällig werdenden Urlaubsentgeltansprüchen hinzukämen; in diesem Fall entspräche das aus der Arbeitsleistung und den Urlaubsansprüchen erworbene Entgelt nicht mehr dem Arbeitsentgelt, welches der Arbeitnehmer ohne Freistellung erworben hätte. Auch würden andere Teilzeitbeschäftigte ungleich behandelt werden. Mit seiner Rechtsprechungsänderung hat das BAG die dem Urlaub zugrunde liegende Intention, nämlich den Zweck der Erholung von der Arbeitsleistung, wieder aufleben lassen.