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Fußballschiedsrichter als Arbeitnehmer?

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Profifußballer sind Arbeitnehmer, darüber besteht juristisch Konsens und spätestens seit dem Fall Heinz Müller – bei dem es im Wesentlichen um Fragen der Sachgrundbefristung von Profiarbeitsverträgen ging (bei folgenden Artikeln haben wir berichtet 1. Entscheidend ist auf’m Platz – Befristung von Arbeitsverträgen mit Profifußballern, 2. 2:1 nach Verlängerung: Befristungen im Profifußball sind zulässig! und 3. „Heinz gegen Mainz“ – Die Urteilsbegründung des Bundesarbeitsgerichts) – zählt das quasi zum arbeitsrechtlichen Allgemeinwissen. In Öffentlichkeit und arbeitsrechtlicher Fachwelt wesentlich weniger Beachtung hat dagegen die Frage gefunden, ob auch Schiedsrichter – zumindest im Profibereich – als Arbeitnehmer zählen können. Wohl auch deswegen, da eine solche Einordnung auf den ersten Blick eher abwegig erscheint. Bei genauerem Hinsehen lassen sich jedoch durchaus valide Argumente für eine solche Einordnung finden, nicht zuletzt auch angesichts der mittlerweile erheblichen Vergütung von Schiedsrichtern der höchsten Spielklassen. Ein deutscher FIFA-Schiedsrichter erhält eine Grundvergütung von 80.000 EUR pro Jahr plus 5.000 EUR pro Spiel, ein Zweitliga-Schiedsrichter immerhin noch 40.000 EUR plus 2.500 EUR pro Spiel und selbst in der Kreisklasse erhalten Schiedsrichter eine geringe Vergütung. Die Frage hat daher auch eine erhebliche praktische Relevanz, denn alleine im Fußball sind bundesweit über 75.000 Schiedsrichter für den DFB aktiv.

Was spricht für ein Arbeitsverhältnis?

 Ein Arbeitsverhältnis im Sinne des § 611a BGB ist insbesondere durch Weisungsgebundenheit („Wann, wo und wie der Arbeitsleistung“) sowie die Eingliederung in die betriebliche Organisation des Arbeitgebers gekennzeichnet. In der sportarbeitsrechtlichen Fachliteratur werden diese Grundvoraussetzungen – jedenfalls für Schiedsrichter der Profiligen – teilweise mit nachvollziehbaren Argumenten als gegeben angesehen (vgl. etwa Köhler in Sport und Recht 2016, Seiten 3 ff.):

  • Weisungsgebundenheit: Wann und wo Schiedsrichter eingesetzt werden, bestimmt der DFB-Schiedsrichterausschuss in Ansetzungsplänen, auf welche der Schiedsrichter keinen Einfluss hat. Er kann also weder die Zeit noch den Ort seiner Tätigkeit frei bestimmen. Auch kann er gemäß den Verbandsstatuten eine erfolgte Ansetzung nur aus wichtigem Grund wieder absagen. Fachlich hat sich der Schiedsrichter bei seiner Tätigkeitsausübung eng and die Vorgaben und Anweisungen der Verbände zu halten, er hat umfangreiche Nebenpflichten (Prüfung der Spielstätten, Briefing des Schiedsrichtergespanns, Erstellung ausführlicher Spielberichte) und muss sich regelmäßig weiterbilden bzw. Fitnessstandards erfüllen und nachweisen.
  • Eingliederung in betriebliche Organisation: Die Leitung eines Fußballspiels erfordert zwangsläufig ein arbeitsteiliges Zusammenwirken des Schiedsrichters mit – ebenfalls vom DFB beauftragten – Linienrichtern, vierten Offiziellen und neuerdings auch „Videoschiris“. Verpflichtende Schulungen und Leistungstest werden durch Einrichtungen des DFB durchgeführt und auch die Ansetzung der Spiele erfolgt – letztlich ähnlich wie ein Dienstplan – gemäß den Strukturen und Vorgaben des DFB.

Rechtsprechung: Kein Arbeitsverhältnis

Die Rechtsprechung hat die Arbeitnehmereigenschaft von Schiedsrichtern dagegen in jüngster Vergangenheit mehrfach verneint (BFH, Urteil. v. 20.12.2017 – I R 98/15, LAG Hessen, Urteil v. 15.3.2018 – 9 Sa 1399/16 und ArbG Verden, Urteil v. 15.1.2019 – 2 Ca 227/18). Danach handele es sich bei den Schiedsrichterverträgen lediglich um Rahmenvereinbarungen innerhalb derer die Schiedsrichter frei darin seien, die Angebote des DFB auf Ansetzung zu einzelnen Spielen anzunehmen oder dieses abzulehnen. Ob ein Schiedsrichter ein Spiel pfeift, unterliege dem Konsens- und nicht dem Weisungsprinzip. Das LAG Hessen hat in seiner Entscheidung insoweit festgestellt, dass weder die vertragliche Gestaltung noch die – entscheidende – tatsächliche Durchführung des Schiedsrichtervertrags die Annahme eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigt. Denn in der Praxis finde zunächst eine Vorabansetzung durch den Schiedsrichterausschuss statt. Diese könne der Schiedsrichter ohne Weiteres absagen. Auch habe der Schiedsrichter die Möglichkeit, den Verband frühzeitig über – ggf. längere – Zeiträume zu informieren in denen er nicht zur Verfügung steht. Ist eine endgültige Ansetzung erfolgt, müsse der Schiedsrichter im Falle einer unbegründeten Absage zwar mit Sanktionen (Streichung von der Schiedsrichterliste) rechnen, diese seien jedoch nicht arbeitsrechtlicher, sondern ausschließlich sport- bzw. verbandsrechtlicher Natur. Es fehle damit an einer Rechtspflicht für die Schiedsrichter, dauerhaft Dienste für den DFB zu erbringen. Zudem sei der Kern der Schiedsrichtertätigkeit, also die Spielleitung, auch keinen Weisungen zugänglich, da alle während des Spiels getroffenen Entscheidungen verbindlich seien und nur vom Schiedsrichter selbst korrigiert oder zurückgenommen werden können.

Diese Rechtsprechung ist auf Kritik gestoßen. So könne man in der Realität kaum von einem „Konsensprinzip“ oder einer freien Entscheidungsmöglichkeit für Schiedsrichter sprechen. Denn faktisch herrsche ein ganz erheblicher Druck, möglichst alle Spielansetzungen anzunehmen und auch sonst mit vollem Einsatz zur Verfügung zu stehen. Schiedsrichter die das nicht tun (können) hätten im Profibereich kaum Karrierechancen bzw. müssen damit rechnen von der Schiedsrichterliste gestrichen zu werden. So geschehen etwa im Fall des langjährigen Schiedsrichters Patrick Schult. Dieser musste sich während eines Auslandsaufenthalts seiner Frau vermehrt um seine Tochter kümmern und hatte in der Saison 2016/2017 mehrfach Ansetzungen abgelehnt. In der Folgesaison wurde er dann nicht mehr berücksichtigt, was letztlich zu seiner Klage vor dem Arbeitsgericht Verden geführt hat. Auch das Argument, dass der Schiedsrichter während des Spiels völlig autonom entscheidet, überzeuge nicht, da ein Fußballspiel nur auf dieses Weise überhaupt durchführbar sei.

Fazit und Ausblick

 Wer als Schiedsrichter „oben mitspielen“ möchte, muss heutzutage erheblichen Einsatz zeigen, was vielfach mit Opfern im privaten Bereich oder im Hauptberuf verbunden ist und im Einzelfall sogar zu einer Abhängigkeit führen kann, die einem Arbeitsverhältnis nahekommt. Eine Änderung der dargestellten Rechtsprechung ist zunächst dennoch nicht zu erwarten. Denn das Bundesarbeitsgericht hat der Rechtsfrage offenbar keine grundsätzliche Bedeutung zugemessen und die Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Entscheidung des LAG Hessen zurückgewiesen. Im Ergebnis ist die aktuelle Rechtsprechung auch zu begrüßen. Sie schafft Rechtssicherheit und ist sachgerecht. Denn – wie es der Bundesfinanzhof klargestellt hat – ist ein rein faktischer Druck nicht mit Rechtspflicht gleichzusetzen, Weisungen zu befolgen. Wer die äußerst lukrative
(Neben-)Tätigkeit als Schiedsrichter im Profibereich ausüben möchte, dem kann ein gewisser Druck sicherlich auch zugemutet werden.

Völlig ausschließen sollten die Fußballverbände eine mögliche Arbeitnehmereigenschaft von Schiedsrichtern allerdings auch in Zukunft nicht und insoweit bei der Durchführung von Schiedsrichterverträgen weiterhin darauf achten, den Schiedsrichtern bei den Spielansetzungen ausreichende Freiheiten einzuräumen.

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