Der Sozialplan gleicht die mit einer Restrukturierung verbundenen wirtschaftlichen Nachteile der Mitarbeiter aus. Der Arbeitgeber muss dafür „in die Tasche greifen“. Das Sozialplanvolumen hängt maßgeblich von der Anzahl der sozialplanberechtigten Arbeitnehmer ab. Mitarbeiter, die freiwillig ausscheiden, müssen nicht im Sozialplan berücksichtigt werden. Besonderheiten gelten jedoch, wenn das Ausscheiden durch den Arbeitgeber veranlasst wurde (siehe hierzu Beitrag von Christoph Seidler). Doch wo liegt genau die Grenze zur „Veranlassung“ und was können Arbeitgeber tun, um Sozialplanleistungen bei Eigenkündigung zu vermeiden.
Berücksichtigung von ausscheidenden Mitarbeitern im Sozialplan
Ein Sozialplan ist erforderlich bei jeder Betriebsänderung, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder wesentliche Teile der Belegschaft haben kann. Dies gilt beispielsweise für die Einschränkung und Stilllegung des Betriebs bzw. wesentlicher Betriebsteile oder die Spaltung von Betrieben (§ 111 BetrVG). Der Sozialplan dient dem Ausgleich bzw. der Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern in Folge einer Betriebsänderung entstehen (§ 112 Abs. 1 S. 2 BetrVG).
Die Betriebsparteien können grundsätzlich frei darüber entscheiden, welche Nachteile sie in Sozialplänen ausgleichen oder mildern wollen. Zudem können sie Arbeitnehmer von den Sozialplanleistungen ausschließen, die im Rahmen einer laufenden Restrukturierungsmaßnahme eine Eigenkündigung aussprechen oder einen Aufhebungsvertrag abschließen. Allerdings sind die Betriebsparteien an den Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden (§ 75 BetrVG). Besonderheiten gelten demnach, wenn die Eigenkündigung oder der Aufhebungsvertrag durch den Arbeitgeber veranlasst wurde. In diesem Fall kann die Sozialplanleistung allenfalls gekürzt werden. Der Arbeitgeber sollte die „Veranlassung“ einer Eigenkündigung bzw. eines Aufhebungsvertrags damit möglichst vermeiden. Doch wo liegt die Grenze zur „Veranlassung“?
Wann ist ein Ausscheiden durch den Arbeitgeber veranlasst?
Als Grundregel gilt: Von einer „Veranlassung“ ist immer dann auszugehen, wenn der Arbeitgeber beim Arbeitnehmer im Hinblick auf eine konkret geplante Betriebsänderung die objektiv berechtigte Annahme hervorgerufen hat, mit der eigenen Initiative zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses einer andernfalls notwendig werdenden betriebsbedingten Kündigung des Arbeitgebers lediglich zuvorzukommen (BAG vom 23.9.2003 – 1 AZR 576/02). Allerdings ist nicht jedes Einwirken auf den Arbeitnehmer zugleich eine „Veranlassung“ seines freiwilligen Ausscheidens.
Der bloß allgemeine Hinweis des Arbeitgebers auf eine unsichere Lage des Unternehmens, auf notwendig werdende Betriebsänderungen oder der Rat, sich eine neue Stelle zu suchen, stellt beispielsweise keine „Veranlassung“ dar (BAG vom 19.7.1995 – 10 AZR 885/94). Dies eröffnet dem Arbeitgeber gewisse Gestaltungsmöglichkeiten. Mit einer „geschickten“ Darstellung der ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens vermag er den Arbeitnehmer ggf. zu einer Eigenkündigung zu bewegen, ohne dass ihm eine sozialplanrelevante „Veranlassung“ vorzuwerfen wäre.
Dabei ist allerdings Vorsicht geboten. Ein allzu offensives Vorgehen sollte vermieden werden, um nicht die Grenze zur „Veranlassung“ zu überschreiten. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmern auf einer Betriebsversammlung empfiehlt, sich wegen bevorstehender Entlassungen nach neuen Arbeitsplätzen umzusehen (BAG vom 28.10.1992 – 10 AZR 406/91). Gleiches gilt bei Mitteilungen des Arbeitgebers, dass nach der Betriebsänderung keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit mehr für den Arbeitnehmer bestehen wird (BAG vom 23.9.2003 – 1 AZR 576/02). Derartige Äußerungen von Unternehmensseite sollten tunlichst unterlassen werden, wenn Sozialplanansprüche der betreffenden Mitarbeiter nicht eingeplant sind.
Fazit
Es müssen Sozialplanabfindungen für freiwillig ausscheidende Mitarbeiter gezahlt werden, wenn das Ausscheiden durch den Arbeitgeber „veranlasst“ wurde. Der Arbeitgeber hat jedoch Gestaltungsspielräume, die Mitarbeiter in Richtung eines freiwilligen Ausscheidens zu bewegen, ohne sich dem Vorwurf der „Veranlassung“ auszusetzen. Hierfür bedarf es „geschickter“ Formulierungen und eines überlegten Vorgehens. Es lohnt sich, Zeit in eine entsprechende Abstimmung zu investieren. Ebenfalls zu empfehlen ist die Regelung einer Stichtagsklausel im Sozialplan. Sie kann für Rechtssicherheit sorgen, indem der Zeitpunkt definiert wird, ab dem ein freiwilliges Ausscheiden frühestens als arbeitgeberseitig „veranlasst“ gilt.