Die meisten Arbeitsverträge enthalten eine Klausel, wonach der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber jede Nebentätigkeit anzuzeigen hat. Dieser Regelung wird meist keine besondere Bedeutung beigemessen. Die Klausel macht aber durchaus Sinn. Denn: Sie ermöglicht dem Arbeitgeber die Prüfung von Art und Ausmaß jeder Nebentätigkeit. Diese Prüfung sollten Arbeitgeber ernst nehmen. Es kann dadurch nicht nur eine Konkurrenztätigkeit des Arbeitnehmers vermieden werden. Vielmehr kann sich der Arbeitgeber vor Bußgeldern und Strafen nach dem Arbeitszeitgesetz sowie sozialversicherungsrechtlichen Nachzahlungen schützen.
Prüfung von Art und Umfang der Nebentätigkeit
Der Arbeitnehmer ist in der Verwendung seiner Arbeitskraft außerhalb der Arbeitszeit grundsätzlich frei. Er kann daher auch für mehrere Arbeitgeber tätig werden. Dies gilt jedenfalls solange die Nebentätigkeit nicht mit der Arbeitspflicht im „Hauptarbeitsverhältnis“ oder den schützenswerten Interessen des „Hauptarbeitgebers“ kollidiert. Unzulässig ist beispielsweise eine Nebentätigkeit, die gegen das vertragliche Wettbewerbsverbot verstößt. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, dem Arbeitgeber eine geplante Nebentätigkeit anzuzeigen, soweit die Interessen des Arbeitgebers tangiert werden können. Um auf Nummer sicher zu gehen, verpflichten Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer meistens arbeitsvertraglich, sämtliche Nebentätigkeiten anzuzeigen bzw. vom Arbeitgeber genehmigen zu lassen. Eine solche vertragliche Regelung ist zulässig und sinnvoll. Sie ermöglicht dem Arbeitgeber, jede Nebentätigkeit zu überprüfen. Der Arbeitgeber sollte diese Prüfung ernst nehmen. Es kommt nicht nur darauf an, Konkurrenztätigkeiten des Arbeitnehmers zu vermeiden. Der Fokus sollte vielmehr auch auf dem zeitlichen Umfang der Nebentätigkeit und ggf. deren Bezahlung liegen. So kann es durch die Ausübung einer Nebentätigkeit zu bußgeld- und strafbewehrten Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz kommen. Zudem kann eine Nebentätigkeit dazu führen, dass der Arbeitgeber sozialversicherungsrechtliche Nachzahlungen zu leisten hat.
Bußgeld- und strafbewehrte Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz
Arbeitnehmer dürfen grundsätzlich nicht länger als durchschnittlich acht Stunden pro Werktag arbeiten. Zudem ist ihnen nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden zu gewähren (§§ 3, 5 Arbeitszeitgesetz). Der Arbeitgeber muss überwachen, dass diese Arbeits- und Ruhezeiten eingehalten werden. Verstößt er vorsätzlich oder fahrlässig gegen die arbeitszeitrechtlichen Vorschriften, begeht er eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße von bis zu 15.000,00 Euro geahndet werden kann. Unter Umständen – so beispielsweise bei einer Gefährdung der Gesundheit des Arbeitnehmers – kann der Arbeitgeber sogar mit Freiheitstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft werden (§§ 22, 23 Arbeitszeitgesetz). Was viele nicht wissen: Die Arbeitszeiten bei mehreren Arbeitgebern werden zusammengerechnet (§ 2 Abs. 1 S. 1 Arbeitszeitgesetz). Ist der Arbeitnehmer bei mehreren Arbeitgebern beschäftigt, sind diese nebeneinander dafür verantwortlich, dass die Grenzen des Arbeitszeitgesetzes eingehalten werden. Es liegt ein vorwerfbarer Gesetzesverstoß vor, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer bei sich arbeiten lässt, obwohl er weiß oder wissen müsste, dass die höchstzulässige Arbeitszeit unter Berücksichtigung der Tätigkeit für andere Arbeitgeber überschritten oder die vorgeschriebene Ruhezeit nicht eingehalten wird.
Sozialversicherungsrechtliche Nachzahlungen
Nebentätigkeiten sind oftmals sozialversicherungsfrei, wenn es sich um eine sogenannte „geringfügige Beschäftigung“ handelt. Eine geringfügige Beschäftigung liegt nach § 8 Abs. 1 SGB IV vor, wenn das Arbeitsentgelt aus der Nebenbeschäftigung nicht mehr als 450,00 Euro monatlich beträgt (Entgeltgeringfügigkeit) oder die Nebenbeschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage begrenzt ist (Zeitgeringfügigkeit). In diesen Fällen muss der Arbeitgeber grundsätzlich keine Sozialversicherungsbeiträge für den Arbeitnehmer entrichten. Aber Vorsicht! Die jeweilige Nebentätigkeit darf bei der Prüfung einer geringfügigen Beschäftigung nicht isoliert betrachtet werden. Auch hier sind gegebenenfalls die bei verschiedenen Arbeitgebern bestehenden Beschäftigungsverhältnisse zusammenzurechnen. Es gelten folgende Regeln:
- Addition mehrerer entgeltgeringfügiger Beschäftigungen;
- Addition mehrerer zeitgeringfügiger Beschäftigungen;
- Werden neben einer nicht-geringfügigen Hauptbeschäftigung mehrere entgeltgeringfügige Beschäftigungen ausgeübt, bleibt die zeitlich zuerst aufgenommenen geringfügige Nebentätigkeit versicherungsfrei, während die zweite und jede weitere geringfügige Nebentätigkeit mit der Hauptbeschäftigung zusammengerechnet wird.
Durch die Zusammenrechnung können die Geringfügigkeitsgrenzen (Entgelt- bzw. Zeitgeringfügigkeit) überschritten werden. Die eigentlich geringfügige Beschäftigung unterliegt dann der „normalen“ Versicherungs- und Beitragspflicht. Dies kann zu erheblichen wirtschaftlichen Konsequenzen für den Arbeitgeber führen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer wegen vermeintlicher Geringfügigkeit der Beschäftigung bisher nicht versichert hat. Wusste der Arbeitgeber von der weiteren geringfügigen Beschäftigung oder hätte er dies wissen müssen, hat er die fehlenden Sozialversicherungsbeiträge nachzuentrichten (§ 8 Abs. 2 S. 4 SGB IV). Er muss dabei neben dem Arbeitgeberanteil ggf. sogar den Arbeitnehmeranteil tragen, da der Arbeitnehmer seinen Anteil grundsätzlich für höchstens drei Monate nachzahlen muss (§ 28g S. 3 SGB IV).
Zusammenfassung
Es ist ratsam, in Arbeitsverträgen zu regeln, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber jede Nebentätigkeit anzuzeigen hat. Dies ermöglicht Arbeitgebern, jede Nebentätigkeit zu überprüfen. Arbeitgeber sollten dabei neben der Art der Nebentätigkeit auch deren zeitlichen Umfang, die Lage der Arbeitszeit und ggf. die Bezahlung checken. Auf diese Weise kann der Arbeitgeber arbeitszeit- oder sozialversicherungsrechtliche Fallen vermeiden.