Im Kündigungsrecht existiert eine große Anzahl an Entscheidungen, die eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber nach § 626 BGB zum Gegenstand haben. Die fristlose Eigenkündigung durch den Arbeitnehmer spielt eher eine Nebenrolle in der arbeitsrechtlichen Praxis. Wenn, dann sind erhebliche Gehaltsrückstände, Verletzung zwingender Arbeitsschutzmaßnahmen oder gewichtiges Mobbing die Gründe, die den Arbeitnehmer zur fristlosen Kündigung seines Arbeitsverhältnisses veranlassen. Das Arbeitsgericht Siegburg hatte sich kürzlich mit der Frage zu beschäftigen, ob die fristlose Eigenkündigung für den Arbeitnehmer ein probates Mittel darstellen kann, um den Verfall von Urlaubsabgeltungsansprüchen zu verhindern.
Der Ausgangsfall
Der Kläger war langjährig bei der beklagten Arbeitgeberin, einem Gartenbauunternehmen, beschäftigt. Seit September 2015 war er durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Am 15. März 2018 kündigte der Kläger sein Arbeitsverhältnis fristlos mit sofortiger Wirkung.
Die Beklagte hingegen bestand auf die Einhaltung der ordentlichen, tariflichen Kündigungsfrist zum 15. April 2018 und zahlte an den Kläger die volle Urlaubsabgeltung für 2017 und anteilig für 2018 aus. Mit seiner Klage vor dem Arbeitsgericht Siegburg begehrte der Kläger auch die volle Urlaubsabgeltung für 2016. Er war der Ansicht, dass auch sein Urlaub für 2016 infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 15. März 2018 nach § 7 Abs. 4 BUrlG vollständig auszubezahlen sei.
Arbeitsgericht Siegburg: Ansprüche aus 2016 verfallen
Das Arbeitsgericht Siegburg lehnte in seinem Urteil vom 22. November 2018 (Az. 5 Ca 1305/18) einen Anspruch des Klägers auf Urlaubsabgeltung auch für das Jahr 2016 ab. Die am 15. März 2018 ausgesprochene fristlose Eigenkündigung des Klägers sei unwirksam. Vielmehr ende das Arbeitsverhältnis erst unter Berücksichtigung der ordentlichen Kündigungsfrist zum 15. April 2018. Damit war der Anspruch auf Urlaubsabgeltung aus dem Jahr 2016 bereits mit Ablauf des 31. März 2018 verfallen. Zur Erinnerung: Zwar erlöschen gesetzliche Urlaubsansprüche nicht vor Ablauf eines Zeitraums von 15 Monaten nach dem Ende des jeweiligen Urlaubsjahres, wenn der Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen an der Erbringung seiner Arbeitsleistung gehindert war. Am 31. März des Folgejahres gehen sie jedoch auch bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit unter. Damit waren die Urlaubsansprüche des Klägers aus 2016 mit seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis am 15. April 2018 bereits verfallen.
Die fristlose Eigenkündigung scheitere nach Auffassung des Arbeitsgerichts Siegburg insbesondere an dem fehlenden überwiegenden Interesse des Klägers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Der Kläger habe nach Ansicht der Kammer zwar ein finanzielles Interesse an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses, um den drohenden Verfall von Urlaubsabgeltungsansprüchen aus dem Jahr 2016 noch zu verhindern. Gleichwohl reichen diese rein monetären Beweggründe nicht aus, um eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 626 BGB rechtfertigen zu können.
Sein eigenes Versäumnis, rechtzeitig eine ordentliche Kündigung unter Einhaltung der Kündigungsfrist zu erklären, könne dem Arbeitgeber nicht zum Nachteil gereicht werden.
Fazit
Gut gedacht – leider eher schlecht gemacht: Der Gedanke, noch ausstehenden Urlaub aus dem Jahr 2016 durch Ausspruch einer Kündigung zumindest durch einen finanziellen Ausgleich zu „retten“, war richtig. Unglücklicherweise hat der Kläger dabei die für eine ordentliche Kündigung zu beachtende Kündigungsfrist aus dem Auge verloren. Das noch nicht rechtskräftige Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg macht deutlich, dass auch für die fristlose Eigenkündigung des Arbeitnehmers die gleichen Maßstäbe und Grundsätze wie für die außerordentliche Kündigung des Arbeitgebers gelten. Insbesondere muss der Kündigung ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 BGB zu Grunde liegen. Zudem hat eine umfassende Interessenabwägung stattzufinden. Dies ist auch richtig so. Denn schließlich hat auch der Arbeitgeber als Gläubiger der Arbeitsleistungspflicht ein berechtigtes Interesse daran, das Vertragsverhältnis vor sofortigen Beendigungen zu schützen. Die Intention, bestehende Urlaubsabgeltungsansprüche mittels Ausspruch einer fristlosen Eigenkündigung zu retten, ist zwar innovativ, kann den Arbeitnehmer aber nicht davor schützen, eigene Versäumnisse, nämlich den rechtzeitigen Ausspruch einer ordentlichen Kündigung, auszugleichen.