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Betriebsverfassung Transaktionen Umstrukturierung

Beteiligung des Wirtschaftsausschusses beim Share Deal

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Wirtschaftsausschuss

Bei einem Share Deal wird ein Unternehmen verkauft, indem der Käufer die Anteile an der Gesellschaft, z. B. GmbH-Anteile, erwirbt. In dieser Konstellation muss nach dem Betriebsverfassungsgesetz der Wirtschaftsausschuss des zum Verkauf stehenden Unternehmens unterrichtet werden. Dies stellt in der Praxis eine gewisse Herausforderung dar, zumal meist sensible Informationen im Spiel sind und Details aus den Verkaufsverhandlungen geheim bleiben sollen. Wir geben Antworten auf die häufigsten Fragen in diesem Zusammenhang.

Warum muss der Wirtschaftsausschuss unterrichtet werden?

Der Sinn und Zweck der Unterrichtungspflicht liegt darin, dass sich der Wirtschaftsausschuss ein eigenes Bild vom Unternehmensverkauf machen und bei Bedarf darauf hinwirken kann, dass damit keine Nachteile für die Arbeitnehmer einhergehen. Zwar hat ein Share Deal keine unmittelbaren Auswirkungen auf bestehende Arbeitsverhältnisse, da der Arbeitgeber für die Mitarbeiter des zum Verkauf stehenden Unternehmens derselbe bleibt und lediglich ein Wechsel auf Ebene der Gesellschafter stattfindet. Allerdings plant ein Erwerber nicht selten Veränderungen für die Zeit nach der Übernahme. Vor diesem Hintergrund ordnet § 106 Abs. 3 Nr. 9a BetrVG die Beteiligung des Wirtschaftsausschusses auch bei einem Share Deal an.

Muss eine Unterrichtung bei jedem Share Deal erfolgen?

Eine Unterrichtung muss nur bei einem Kontrollerwerb durch den Käufer erfolgen. Dieser ist bei nicht börsennotierten Unternehmen in der Regel gegeben, wenn mehr als 50 % der Anteile erworben werden.

Was, wenn kein Wirtschaftsausschuss existiert?

Wenn bei dem zu veräußernden Unternehmen kein Wirtschaftsausschuss gebildet ist, obwohl ein solcher hätte gebildet werden müssen, nimmt der Betriebsrat ausnahmsweise die Rechte des Wirtschaftsausschusses wahr, vgl. § 109a BetrVG. Das bedeutet, dass die sonst gegenüber dem Wirtschaftsausschuss bestehenden Informationspflichten dann entsprechend gegenüber dem Betriebsrat gelten.

Zu welchem Zeitpunkt ist der Wirtschaftsausschuss zu unterrichten?

Der Wirtschaftsausschuss sollte unterrichtet werden, nachdem ein verbindliches Angebot des potentiellen Erwerbers vorliegt, das über bloßes Interesse hinausgeht. Die Unterrichtung sollte vor faktischer Einigung über die Eckpunkte des Verkaufs und in jedem Fall vor der geplanten Vertragsunterzeichnung (Signing) stattfinden.

Die Anwendung dieser Kriterien führt in der Praxis nicht selten dazu, dass die Unterrichtung zeitlich unmittelbar vor dem Signing stattfinden kann. Denn häufig wird das Angebot des potentiellen Erwerbers erst dann konkret und verbindlich. Durch den späten Zeitpunkt der Unterrichtung kann zugleich Bedenken bezüglich einer zu frühen Informationspreisgabe Rechnung getragen werden.

Worüber ist der Wirtschaftsausschuss zu unterrichten?

Der Wirtschaftsausschuss muss über den potentiellen Erwerber unterrichtet werden. Hierzu zählt u. a. die Nennung von Namen, Anschrift, Sitz etc. Der Entwurf des Kaufvertrags muss dem Wirtschaftsausschuss nach herrschender Ansicht nicht vorgelegt werden.

Der Wirtschaftsausschuss ist darüber hinaus über die Absichten im Hinblick auf die zukünftige Geschäftstätigkeit des Unternehmens zu unterrichten, etwa was sich in der Betriebs- und Unternehmensorganisation nach der Übernahme ändern soll.

Schließlich ist der Wirtschaftsausschuss darüber zu unterrichten, welche Auswirkungen der Verkauf auf die Mitarbeiter-(vertretungen) hat, zum Beispiel ob es einen Personalabbau gibt, ob Versetzungen geplant sind oder welche Auswirkungen der Deal auf die vorhandene Mitarbeitervertretungsstruktur, insbesondere auf Konzernebene, hat.

Worüber ist der Wirtschaftsausschuss nicht zu unterrichten?

Dem Wirtschaftsausschuss müssen keine Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse mitgeteilt werden. Hierzu dürften insbesondere die Finanzzahlen des Deals, u. a. der Kaufpreis und dessen Berechnung, zählen.

Außerdem können dem Wirtschaftsausschuss nur Informationen mitgeteilt werden, die der Geschäftsführung des zu veräußernden Unternehmens vorliegen. Möglicherweise sind deren Kenntnisse zu den Hintergründen und Details der Transaktion aber gar nicht sonderlich weitreichend, da der Deal im Wesentlichen zwischen den Gesellschaftern verhandelt und letztendlich abgeschlossen wird. In diesem Fall ist der Umfang der Unterrichtung zwangsläufig beschränkt.

Wie ist der Wirtschaftsausschuss zu unterrichten?

Das Unternehmen muss nach herrschender Ansicht keine Unterlagen eigens anfertigen. Es ist insoweit nur verpflichtet, existierende oder leicht herstellbare Unterlagen dem Wirtschaftsausschuss vorzulegen. Die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses haben kein Recht, Kopien von vorgelegten Unterlagen zu erhalten. Im Vorfeld einer Sitzung müssen Unterlagen nur dann zur Verfügung gestellt werden, wenn diese so komplex sind, dass die Inhalte von den Mitgliedern des Wirtschaftsausschusses nicht in der Sitzung erfasst werden können.

Was, wenn die Pflicht zur Unterrichtung des Wirtschaftsausschusses missachtet wird?

Die Missachtung der Unterrichtungspflicht führt nicht dazu, dass der Deal etwa per einstweiliger Verfügung gestoppt werden könnte. Es liegt allerdings eine Ordnungswidrigkeit vor, die mit einer Geldbuße in Höhe von bis zu EUR 10.000 geahndet werden kann, vgl. § 121 BetrVG.

Diese Summe ist im Verhältnis zu den mit Unternehmenstransaktionen üblicherweise verbundenen sonstigen Kosten zwar nicht sonderlich hoch, so dass man die Ordnungswidrigkeit in Kauf nehmen könnte. Allerdings sprechen Compliance-Erwägungen und das Interesse des Erwerbers, keinen Unmut innerhalb der Belegschaft durch Missachtung der Informationspflicht aufkommen zu lassen, meist dafür, den Wirtschaftsausschuss pflichtgemäß „ins Boot zu holen“.

Dr. Jan Heuer

Rechts­an­walt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Principal Counsel
Jan Heuer berät deutsche und internationale Unternehmen sowie öffentlich-rechtliche Institutionen umfassend in allen Fragen des Arbeitsrechts. Einen Schwerpunkt bilden die Begleitung von Reorganisationen und Restrukturierungen sowie die Vertretung in Arbeitsgerichtsprozessen. Besondere Expertise hat er außerdem im Datenschutzrecht (z. B. DS-GVO-Checks, Abschluss von IT-Betriebsvereinbarungen) und im Bereich arbeitsrechtlicher Compliance (z. B. interne Untersuchungen bei Fehlverhalten von Mitarbeitern, Vermeidung von Scheinselbständigkeit und illegaler Arbeitnehmerüberlassung, Einhaltung Betriebsverfassungsrecht). Jan Heuer ist bei KLIEMT.Arbeitsrecht verantwortlich in den Fokusgruppen "Whistleblowing und interne Untersuchungen" sowie "Digitalisierung und Mitbestimmung".
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