Leistungen der betrieblichen Altersversorgung sind gegenüber anderen Entgeltleistungen des Arbeitgebers in mehrerlei Hinsicht „privilegiert“. Sie werden nach einer bestimmten Zeit unverfallbar, unterliegen in gewissen Abständen einer Anpassungsprüfungspflicht und sind zudem gegen eine Insolvenz des Arbeitgebers abgesichert. Die Einordnung einer arbeitgeberseitigen Leistung als betriebliche Altersversorgung gibt daher immer wieder Anlass zu rechtlichen Auseinandersetzungen. So hatte sich das BAG am 20.3.2018 mit der Frage auseinanderzusetzen, ob ein sog. „Übergangszuschuss“ eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung darstellt und damit durch den Pensionssicherungsverein (PSV) gegen eine Insolvenz des Arbeitgebers abgesichert ist.
Urteil des BAG vom 20.3.2018 (3 AZR 519/16)
Um seinen Arbeitnehmern den Übertritt in den Ruhestand wirtschaftlich zu erleichtern, hatte der Arbeitgeber in einer Betriebsvereinbarung die Zahlung eines „Übergangszuschusses“ zugesagt. Dieser sollte sicherstellen, dass die Arbeitnehmer in den ersten sechs Monaten nach Renteneintritt weiterhin ihr zuletzt bezogenes Bruttomonatsgehalt erhalten. Hierzu wurde das vom Arbeitgeber nach der Pensionierung gezahlte Altersruhegeld – bei welchem es sich unstreitig um betriebliche Altersversorgung handelte – sechs Monate lang entsprechend aufgestockt. Voraussetzung für den Bezug des Übergangszuschusses war laut Betriebsvereinbarung die Ableistung von mindestens zehn Dienstjahren nach Vollendung des 18. Lebensjahrs sowie die Pensionierung im unmittelbaren Anschluss an die aktive Dienstzeit. Nachdem über das Vermögen des Arbeitgebers das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, verlangte der Kläger vom beklagten PSV als Träger der Insolvenzsicherung die Zahlung eines Übergangszuschusses für die ersten sechs Monate des Ruhestandes.
Betriebliche Altersversorgung im Sinne des BetrAVG
Der erkennende Senat hat in Übereinstimmung mit den beiden Vorinstanzen festgestellt, dass der Übergangszuschuss eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung darstellt und damit der Insolvenzsicherung durch den PSV unterliegt. Hierzu rekapituliert er zunächst die Voraussetzungen, die § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG an Leistungen der betrieblichen Altersversorgung stellt. Betriebliche Altersversorgung liegt vor, wenn dem Arbeitnehmer aus Anlass des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgungen zugesagt sind. Die Zusage muss einem Versorgungszweck dienen und die Leistungspflicht muss nach dem Inhalt der Zusage durch ein im Gesetz (abschließend!) genanntes biometrisches Ereignis (Alter, Invalidität oder Tod) ausgelöst werden. Erforderlich und ausreichend sei laut BAG, dass durch die vorgesehen Leistung ein im BetrAVG genanntes biometrisches Risiko zumindest teilweise übernommen werde. Dabei sei der Begriff der Versorgung weit auszulegen und umfasse alle Leistungen, die den Lebensstandard des Arbeitnehmers oder seiner Hinterbliebenen im Versorgungsfall verbessern sollen.
Beurteilung des Übergangszuschusses
Klassische Übergangsgelder erfüllen diese Voraussetzungen nicht. Sie werden vom Arbeitgeber als Überbrückung bis zum Renteneintritt (oder bis zur Aufnahme einer anderen zumutbaren Tätigkeit) gezahlt und dienen damit nicht der Versorgung im Ruhestand. Dementsprechend sichern sie nicht das Alters-, sondern das Arbeitslosigkeitsrisiko ab; sie dienen keinem Versorgungs-, sondern einem Überbrückungszweck.
Im Gegensatz zu einem derartigen Übergangsgeld stellt der streitgegenständliche Übergangszuschuss nach Auffassung des BAG eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung dar. Der Übergangszuschuss werde gezahlt, wenn der Arbeitnehmer in den Ruhestand getreten ist und diene daher weder der Überbrückung einer Arbeitslosigkeit noch ziele er darauf ab, den Wechsel des Arbeitsplatzes zu erleichtern. Vielmehr trage der Übergangszuschuss dazu bei, finanzielle Verluste, die dem Arbeitnehmer wegen des Wegfalls des bisherigen Einkommens aus dem Arbeitsverhältnis entstehen, zu verringern und ihm den Übergang in den Ruhestand wirtschaftlich zu erleichtern. Daher diene er dazu, die finanzielle Lage des Betriebsrentners zu verbessern und habe daher Versorgungscharakter.
Die zeitliche Befristung der Zahlung des Übergangszuschusses spricht nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts ebenfalls nicht gegen das Vorliegen einer betrieblichen Altersversorgung. Denn für die hier vorliegende Versorgungsfunktion komme es nicht auf die Dauer der Gewährung an. Schließlich könne auch eine einmalige Kapitalleistung Versorgungscharakter haben.
Eine abweichende Beurteilung ergebe sich auch nicht daraus, dass eine „Überversorgung“ eintrete, da die Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung des Klägers vereinbarungsgemäß nicht angerechnet werde. Ein Arbeitgeber könne seinen Arbeitnehmer durchaus eine über dem letzten Entgelt liegende Versorgung gewähren.
Ob die Betriebsparteien den Übergangszuschuss als Leistung der betrieblichen Altersversorgung angesehen haben oder nicht, spielt nach Auffassung des Senats ebenfalls keine Rolle. Weder die Einschätzung der Parteien noch deren Regelungswille sei entscheidend, da die zwingenden Bestimmungen des Betriebsrentenrechts nicht umgangen werden können. Der PSV musste dem Kläger daher den Übergangszuschuss zahlen.
Was bleibt?
Das Urteil des BAG vom 20.3.2018 liegt auf der Linie der bisherigen Senatsrechtsprechung zur Abgrenzung von Übergangsgeldern und Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Als entscheidendes Abgrenzungskriterium stellt sich dabei heraus, ob die entsprechende Leistung vor dem Renteneintritt zur Überbrückung der Arbeitslosigkeit oder nach dem Renteneintritt zur Versorgung des Betriebsrentners gezahlt wird. Ob die Leistung nur befristet erfolgt oder gar in einer einmaligen Kapitalzahlung besteht, spielt demgegenüber keine wesentliche Rolle.
Was tun?
Arbeitgeber sind gut beraten, stets genau zu prüfen, ob von ihnen gewährte Leistungen unter § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG fallen. Ist dies zu bejahen, ergeben sich daraus nicht unerhebliche Konsequenzen: Beispielsweise greifen in diesem Fall die Unverfallbarkeitsvorschriften des § 1b BetrAVG ein, sodass die Anwartschaft des Arbeitnehmers trotz seines Ausscheidens aus dem Unternehmen unter bestimmten Umständen aufrechterhalten bleibt. Zudem bestehen für Leistungen der betrieblichen Altersversorgung in der Regel Beitrags-, Melde-, Auskunfts- und Mitteilungspflichten gegenüber dem PSV. Erfüllt der Arbeitgeber diese nicht, droht nicht nur die Nachentrichtung von Beiträgen inklusive Säumniszuschlägen und Zinsen; unter Umständen handelt der Arbeitgeber zudem ordnungswidrig, was eine Geldbuße bis zu 2.500 € nach sich ziehen kann.