Berufsorientierte Netzwerke wie Xing, LinkedIn & Co. gewinnen im Arbeitsleben immer mehr an Bedeutung. Sie sind aufgrund des enormen Zuwachses an Mitgliedern zu mächtigen Instrumenten geworden. Je häufiger ein Unternehmen während des Besuchs auf der Karriereplattform erscheint, desto präsenter ist es in den Köpfen der Nutzer.
Um den Themenkomplex „Karrierenetzwerke“ stellen sich viele rechtliche Fragen. Rechtsprechung hierzu ist bislang rar. Nachdem wir im März bereits über E-Recruiting und Background-Checks unter Beachtung der DSGVO berichtet haben, werfen wir nun einen Blick auf die Möglichkeiten des Arbeitsgebers zur Nutzung von Karrierenetzwerken während des bestehenden Arbeitsverhältnisses.
Klar sein dürfte, dass Unternehmen ihren Arbeitnehmern grundsätzlich nicht verbieten dürfen, ein Profil bei Xing, LinkedIn & Co. zu führen. Aber kann der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer umgekehrt verpflichten, sich auf Karrierenetzwerken anzumelden?
Kraft Direktionsrecht
Denkbar wäre zunächst eine Verpflichtung zur Mitgliedschaft über das Direktionsrecht des Arbeitgebers.
Da es sich bei Netzwerken wie Xing, LinkedIn & Co. um „berufsorientierte“ Netzwerke handelt, ist ein Bezug zum Arbeitsverhältnis trotz der ebenfalls üblichen Nutzung im privaten Bereich indiziert. Die Verpflichtung zur Mitgliedschaft könnte sich daher über eine Konkretisierung bestehender Leistungs- oder Nebenpflichten ergeben.
Das Direktionsrecht muss dabei jedoch billigem Ermessen entsprechen. In diesem Rahmen sind die Interessen des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers gegeneinander abzuwägen. Zu beachten ist insbesondere das Recht des Arbeitnehmers auf informationelle Selbstbestimmung. Andererseits wird ein sehr enger inhaltlicher Zusammenhang der Anmeldung zur arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit gefordert werden müssen – beispielsweise etwa bei Pressesprechern oder Social Media-Beauftragten.
Vereinbarung im Arbeitsvertrag
Ferner hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, die Verpflichtung zur Mitgliedschaft im Arbeitsvertrag oder in einer entsprechenden Zusatzvereinbarung aufzunehmen. Auch hier gelten jedoch strenge Anforderungen, da mit der standardmäßigen Verwendung einer solchen Klausel der Anwendungsbereich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen eröffnet wird.
Hier sind wiederum die widerstreitenden Interessen gegeneinander abzuwägen: Überwiegt das Interesse des Arbeitgebers an einer Mitgliedschaft die Interessen des Arbeitnehmers?
Zu berücksichtigen ist dabei vor allem die arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit, da sich ein Interesse des Arbeitgebers bereits aus dem Außenkontakt des Arbeitnehmers zu Kunden und/oder Geschäftspartnern ergeben kann. Auch die Art des Unternehmens kann hier eine wichtige Rolle spielen.
Eine Verpflichtung wird zumindest dann wirksam vereinbart werden können, wenn die Kontaktaufnahme mit möglichen Geschäftspartnern zur arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit des Arbeitnehmers gehört (etwa bei Vertriebsmitarbeitern, aber ggf. auch bei Recruitern) und die Vernetzung mit Kontakten im geschäftlichen Kontext steht. Entscheidend ist hier die Abgrenzung zu Kontaktaufnahmen, die dem privaten Bereich zuzuordnen sind.
Werbung für freiwillige Mitgliedschaft?
Statt unsicherer einseitiger Verpflichtung können Arbeitgeber auch auf Freiwilligkeit setzen: Mit Social-Media-Schulungen können Arbeitnehmer für das Potential von Karrierenetzwerken sensibilisiert werden. Arbeitgeber können beispielsweise auch mit der Zahlung einer Premiummitgliedschaft einen Anreiz zur Mitgliedschaft bieten.
Sofern der Arbeitnehmer ein Profil eingerichtet hat, kann deren nähere Ausgestaltung z.B. in Social Media-Policies geregelt werden. Der Einfluss des Arbeitgebers auf die Gestaltung ist aber auf berufsbezogene Inhalte beschränkt.
Einbeziehung des Betriebsrats
Zu beachten sind ferner etwaige Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats. Ist allein das dienstliche Verhalten, d.h. das Arbeitsverhalten der Arbeitnehmer betroffen, dürfte insoweit kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bestehen. Im Detail ist dies jedoch sehr streitig und von der Ausgestaltung im Einzelfall abhängig. Unabhängig hiervon kann jedoch die Regelung in einer Betriebsvereinbarung schon aus Gründen der Vereinfachung und Akzeptanz sinnvoll sein.
Praxishinweis
Arbeitgeber sollten sich vorausschauend mit dem Thema Karrierenetzwerke auseinandersetzen. Die Möglichkeit zur verpflichtenden Mitgliedschaft in Karrierenetzwerken besteht im Einzelfall unter Beachtung der Tätigkeit des Arbeitnehmers und der Ausrichtung des Unternehmens. Dann muss jedoch auch die Interaktion mit Themen wie der Nutzung des Internet während der Arbeitszeit für berufliche und private Zwecke sorgsam mit ausgestaltet werden.
Mitarbeit: Wiss. Mit. Katharina Schäffer