Nach arbeitgeberseitiger Kündigung des Arbeitsverhältnisses macht der Arbeitnehmer seine Bereitschaft zu einer einvernehmlichen Lösung nicht selten davon abhängig, dass das Arbeitsverhältnis erst zu einem deutlich späteren als dem Kündigungstermin beendet wird. Haben sich die Parteien schließlich geeinigt, wird häufig eine gerichtliche Vergleichsprotokollierung im schriftlichen Verfahrenswege beantragt. Wer als Arbeitgeber diesen Weg beschreitet, kann unter Umständen eine böse Überraschung erleben: Der Arbeitnehmer beruft sich im Nachhinein auf die Unwirksamkeit dieser Vereinbarung und klagt sich wieder in sein Arbeitsverhältnis ein. Wie dies vermieden werden kann, zeigt unser Beitrag.
Beendigung versus nachträgliche Befristung
Die Kündigung ist ausgesprochen, der Kündigungsrechtsstreit eskaliert. Nach zähem Ringen endlich die Einigung: Der Arbeitnehmer ist mit einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses einverstanden, wenn der Beendigungstermin deutlich nach hinten verschoben wird, damit er sich aus einer laufenden Anstellung auf eine neue Position bewerben kann. Jetzt noch schnell den abgestimmten Vergleichsschriftsatz zur Protokollierung ans Gericht schicken und den Fall abschließen. Kurz nach dem Beendigungstermin dann völlig überraschend die Entfristungsklage des Arbeitnehmers, mit welcher dieser den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses geltend macht. Kann das sein?
Leider ja, wenn es sich um eine nachträgliche Befristung eines Arbeitsverhältnisses handelt. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) grenzt die einvernehmliche Aufhebung des Arbeitsverhältnisses von einer nachträglichen Befristung danach ab, ob es sich um eine Vereinbarung handelt, die auf eine alsbaldige Beendigung der arbeitsvertraglichen Beziehungen gerichtet ist und weitere Absprachen über Rechte und Pflichten aus Anlass der vorzeitigen Vertragsbeziehung (z.B. Freistellung, Abfindung, Zeugnis, Abgeltungsklausel) enthält. Als wesentliches Indiz für eine nachträgliche Befristung des Arbeitsverhältnisses wertet es das BAG, wenn der gewählte Beendigungstermin die Kündigungsfrist um ein Vielfaches überschreitet (vgl. BAG v. 12.01.2000 – 7 AZR 48/99).
Dies bedeutet: Auch eine Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann als nachträgliche Befristung des Arbeitsverhältnisses zu werten sein, wenn der Beendigungstermin gegenüber dem Termin, der sich auf Basis der Kündigungsfrist ergäbe, deutlich nach hinten verschoben wird. Fehlt es in diesem Fall am erforderlichen Sachgrund nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG), kann der Arbeitnehmer binnen drei Wochen seit dem vereinbarten Ende des Arbeitsverhältnisses Entfristungsklage beim Arbeitsgericht einreichen (§ 17 TzBfG).
Ein Blick ins Gesetz fördert die Rechtskenntnis, und so mag der kundige Leser einwenden: Der gerichtliche Vergleich ist doch ein gesetzlich anerkannter Sachgrund für eine Befristung (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG), wo liegt im geschilderten Ausgangsfall also das Problem?
Unterschiedliche Arten des gerichtlichen Vergleichs
Der Teufel steckt bekanntlich im Detail, so auch hier: Es gibt unterschiedliche Arten des gerichtlichen Vergleichs. Dieser kann nicht nur in der mündlichen Verhandlung vor Gericht, sondern auch im schriftlichen Verfahrenswege geschlossen werden. Die Zivilprozessordnung (ZPO) stellt den Prozessparteien hierfür zwei Wege zur Verfügung: Sie können dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten (Var. 1) oder einen schriftlichen Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz gegenüber dem Gericht annehmen (Var. 2). In beiden Fällen stellt das Gericht das Zustandekommen des Vergleichs durch Beschluss fest (§ 278 Abs. 6 ZPO). Haben die Parteien bereits außergerichtlich eine Einigung erzielt, wird regelmäßig von der Möglichkeit des Vergleichsschlusses im schriftlichen Verfahrenswege Gebrauch gemacht, um den mit einer mündlichen Gerichtsverhandlung verbundenen Zeitaufwand zu vermeiden. Das Problem liegt nun darin, dass der Vergleichsschluss auf Basis gleichlautender Vergleichsschriftsätze der Parteien an das Gericht (§ 278 Abs. 6 Var. 1 ZPO) kein Sachgrund im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG ist.
Verantwortliche Mitwirkung des Gerichts am Vergleich
Hintergrund ist: Das Gericht muss – wie es das BAG formuliert – „verantwortlich“ am Zustandekommen des Vergleichs „mitwirken“. Nur dann besteht eine hinreichende Gewähr dafür, dass die Befristung nicht deswegen gewählt worden ist, um dem Arbeitnehmer grundlos den gesetzlichen Bestandsschutz zu nehmen. Wird der Vergleich hingegen dadurch geschlossen, dass die Parteien dem Gericht einen übereinstimmenden schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten (§ 278 Abs. 6 Var. 1 ZPO), fehlt es in der Regel an der erforderlichen verantwortlichen Mitwirkung des Gerichts, weil sich der gerichtliche Beitrag in diesem Fall regelmäßig in der Feststellungsfunktion erschöpft. Daher scheidet in derartigen Fällen ein Sachgrund im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG grundsätzlich aus, wie das BAG jüngst klargestellt hat (vgl. BAG v. 21.03.2017 – 7 AZR 369/15).
Und was folgt daraus jetzt?
Will der Arbeitgeber vermeiden, dass der Arbeitnehmer trotz eines gerichtlichen Beendigungsvergleichs am Ende wieder bei ihm „auf der Matte steht“, sollte zunächst darauf geachtet werden, dass eine etwaige Verlängerung des Arbeitsverhältnisses im Verhältnis zur Kündigungsfrist maßvoll ausfällt und möglichst nicht ein Vielfaches der Kündigungsfrist ausmacht. Wenn der Vergleich für den Arbeitnehmer mit einer deutlichen Verlängerung der Kündigungsfrist „steht und fällt“, empfiehlt es sich, den Aufhebungs-Charakter des Vergleichs durch Aufnahme möglichst vieler für Beendigungsvereinbarungen typischer Regelungen (z.B. Freistellung, Abfindung, Zeugnis, Abgeltungsklausel) zu unterstreichen.
Schließlich und vor allem aber ist darauf zu achten, dass die verantwortliche Mitwirkung des Gerichts am Zustandekommen des Vergleichs dokumentiert wird. In Betracht kommt, dass die Parteien die mündliche Verhandlung vor Gericht wahrnehmen und sich einen gerichtlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten und dabei explizit protokollieren lassen, dass der Vergleich auf Vorschlag des Gerichts geschlossen wird. Soll der Vergleich gleichwohl im schriftlichen Verfahrenswege geschlossen werden, sollte ein gerichtlicher Vergleichsvorschlag angefordert und davon abgesehen werden, dem Gericht einen bereits „fertigen“ Vergleichstext zu übersenden, den das Gericht dann nur noch protokollieren muss. Ansonsten besteht das Risiko: Gerichtlicher Beendigungsvergleich und doch kein Ende!