Zahlreiche Unternehmen setzen im Rahmen der Personaleinsatzplanung auf die Aufstellung von Urlaubslisten. Solche Listen sollen einerseits frühzeitig Planungssicherheit für das Unternehmen und andererseits einen koordinierten Prozessablauf der Gewährung von Urlaub gewährleisten. Eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Chemnitz (Urt. v. 29.01.2018 – 11 Ca 1751/17) beschäftigt sich mit der Frage der Verbindlichkeit solcher Urlaubslisten und deren Verhältnis zu sonstigen betrieblichen Urlaubsregelungen.
Der Fall
Die Klägerin wendete sich erfolgreich gegen die Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses aufgrund unentschuldigter Fehlzeiten, indem sie geltend machte, im maßgeblichen Zeitraum gewährten Erholungsurlaub in Anspruch genommen zu haben. Eine im Unternehmen geltende Dienstordnung sah vor, dass Urlaub beantragt und gewährt werden muss. Die ebenfalls im Unternehmen geltende Urlaubsanweisung wiederholte diese Beantragungs- und Genehmigungspflicht, sah darüber hinaus aber auch die Aufstellung einer Urlaubsliste bis zum 31.01. eines jeden Kalenderjahres für alle Abteilungen vor. Letzterer Regelung entsprechend hatte die Klägerin unwidersprochen Anfang 2017 Erholungsurlaub für Herbst desselben Jahres in die Urlaubsliste eingetragen, darüber hinaus jedoch keinen gesonderten Urlaubsantrag zur Genehmigung eingereicht.
Widerspruch gegen Urlaubsliste in „angemessener Zeitspanne“
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und festgestellt, dass die Eintragung in eine Urlaubsliste zwar keine sofortige Urlaubsbewilligung durch den Arbeitgeber bedeute, dieser jedoch verpflichtet ist, dem Urlaubswunsch des Arbeitnehmers in angemessener Zeitspanne zu widersprechen, wenn er mit diesem nicht einverstanden ist. Erfolgt ein solcher Widerspruch nicht oder verspätet, darf der Arbeitnehmer davon ausgehen, dass sein Urlaub als gewährt gilt. Als angemessen gilt dabei ein Zeitraum von einem Monat nach Vorlage des Urlaubswunsches oder der Erstellung der Urlaubsliste.
Rechtliche Relevanz der Eintragung in die Urlaubsliste
Das Arbeitsgericht hat in seiner Entscheidung im Einklang mit einer schon älteren Entscheidung des LAG Düsseldorf (Urt. v. 08.05.1970 – 3 Sa 89/70) herausgearbeitet, dass die Eintragung von Urlaubswünschen der Arbeitnehmer in eine Urlaubsliste rechtlich nicht ohne jede Bedeutung sein kann. Zwar führt die bloße Eintragung von Urlaubswünschen noch nicht zur Genehmigung des gewünschten Urlaubs, der Arbeitgeber muss sich jedoch mit den Urlaubswünschen der Arbeitnehmer auseinandersetzen und diesen gegebenenfalls widersprechen.
Folgen eines fehlenden oder verspäteten Widerspruchs des Arbeitgebers
Dem Arbeitgeber obliegt es insoweit, innerhalb einer angemessenen Zeitspanne die Urlaubswünsche der Arbeitnehmer zu prüfen und diesen zu widersprechen, wenn er mit diesen nicht einverstanden ist. Widerspricht der Arbeitgeber den Urlaubswünschen der Arbeitnehmer nicht oder verspätet, dürfen Arbeitnehmer davon ausgehen, dass ihr Urlaubswunsch entsprechend der Urlaubsliste als gewährt gilt. Hieraus folgt, dass Arbeitgeber, die Urlaubslisten erstellen, sich der Entscheidung über selbige nicht einfach entziehen können.
Betriebliche Urlaubsregelungen als Allgemeine Geschäftsbedingungen
Soweit im Unternehmen über die Urlaubsliste hinausgehende Urlaubsregelungen bestehen, können diese Allgemeine Geschäftsbedingungen darstellen mit der Folge, dass deren Regelungen dem strengen Maßstab des AGB-Rechts standhalten müssen. Enthalten solche Regelungen einen über die Urlaubsliste hinausgehenden Genehmigungsvorbehalt ist dieser unwirksam, wenn Arbeitnehmer unangemessen gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB benachteiligt werden. Dies kann dann der Fall sein, wenn der Genehmigungsvorbehalt den Urlaubswünschen der Arbeitnehmer keinerlei rechtliche Bedeutung zumisst oder aber, wenn der Arbeitgeber sich vorbehält, über Urlaubswünsche von Arbeitnehmern bis kurz vor dem eigentlichen Urlaubstermin entscheiden zu wollen. Eine solche Regelung ist mit der gesetzlichen Grundkonzeption des § 7 Abs. 1 Ziff. 1 BUrlG nicht vereinbar, nach der sich die zeitliche Festlegung von Urlaub nach den Urlaubswünschen der Arbeitnehmer zu richten hat, wenn nicht dringende betriebliche Belange oder kollidierende Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer entgegenstehen.
Fazit
Festzuhalten ist damit, dass Arbeitgeber den in eine Urlaubsliste eingetragenen Urlaubswünschen von Arbeitnehmern binnen angemessener Zeitspanne widersprechen müssen, da andernfalls der gewünschte Urlaub als gewährt gilt. Welche Zeitspanne im Einzelfall angemessen ist, richtet sich nach der betrieblichen Üblichkeit; gibt es eine solche nicht, geht die Rechtsprechung von einer Zeitspanne von einem Monat nach Aufstellung der Urlaubsliste oder Äußerung des Urlaubswunsches aus.
Bestehen neben einer Urlaubsliste weitere betriebliche Urlaubsregelungen können diese als Allgemeine Geschäftsbedingungen zu bewerten sein. Arbeitgeber sollten entsprechend darauf achten, dass diese Regelungen ausgewogen formuliert sind und den Interessen beider Vertragsparteien angemessen Rechnung tragen. Insbesondere sollte die Genehmigung von Urlaubsansprüchen kurzfristig nach Äußerung des Urlaubswunsches erfolgen.
Im Übrigen sollte bei der Aufstellung von Urlaubslisten darauf geachtet werden, dass notwendige Flexibilisierungen der Einsatzplanung abgesichert sind. Dies kann entweder dadurch erfolgen, dass Arbeitnehmer lediglich einen (Groß-)Teil ihres Jahresurlaubs oder nur zusammenhängen Urlaub ab einer Dauer von einigen Tagen verplanen müssen. Schließlich können Urlaubslisten auch bis zu einem bestimmten Datum als vorläufige Urlaubslisten definiert werden.