Der Gesetzgeber hat seit 2017 die Arbeitnehmerüberlassung auf maximal 18 Monate (bei Eingreifen von Equal Pay nach spätestens 9 bzw. 15 Monaten) beschränkt. Entleiher werden gerade vor dem Hintergrund dieser Änderungen nicht selten eine zeitnahe Übernahme eines bewährten Leiharbeitnehmers in Betracht ziehen und dabei häufig auf eine Vermittlungsprovision im Arbeitnehmerüberlassungsvertrag mit dem Verleiher stoßen. Solche Provisionen sind – auch formularmäßig vereinbart – grundsätzlich zulässig, müssen jedoch im Sinne des AÜG angemessen gestaltet sein. Wir zeigen auf, welche Rahmenbedingungen (noch) zulässig sind.
Was bedeutet das im Einzelnen?
Das AÜG stellt seit 2004 unverändert nur eine Anforderung: Eine vereinbarte Provision muss angemessen sein. Kriterien hierfür nennt das AÜG nicht und überlässt damit die Beurteilung den hierfür zuständigen ordentlichen Gerichten. Der von der Rechtsprechung seither entwickelte Dreiklang gilt als „Faustformel“ grundsätzlich unverändert fort.
Hiernach ist eine Vermittlungsvergütung angemessen, wenn sie
- maximal zwei beim Entleiher gezahlte Bruttomonatsgehälter (zzgl. USt.) beträgt,
- sich zeitratierlich während des Einsatzes – mindestens quartalsweise – reduziert und
- sich auf den vorangegangenen Einsatz eines Leiharbeitnehmers von bis zu 12 Monaten beschränkt; war der Leiharbeitnehmer 12 Monate oder länger beim Entleiher tätig, darf keine Vermittlungsprovision anfallen.
Achtung: eine Verkürzung dieses Zeitraums angesichts der AÜG-Reform in 2017 ist nicht ausgeschlossen, siehe weiter unten.
Es lohnt sich, einen erneuten Blick auf die oben genannten Voraussetzungen zu werfen.
Rechtliche Ausgangslage und Konkretisierung durch die Rechtsprechung
Rechtlicher Ausgangspunkt war und ist § 9 Abs. 1 Nr. 3 AÜG. Er untersagt Vereinbarungen, die es dem Entleiher verbieten, den Leiharbeitnehmer einzustellen, nachdem er sein Arbeitsverhältnis zum Verleiher ordnungsgemäß (d.h. ohne Vertragsbruch zu begehen) beendet hat. Eine angemessene Vergütung für eine Vermittlung des Leiharbeitnehmers an den Entleiher schließt sie jedoch ausdrücklich nicht aus.
Mit dieser Verbot-Ausnahme-Regelung bezweckt der Gesetzgeber insbesondere den Schutz des Leiharbeitnehmers in seinem Grundrecht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes, Art. 12 Abs. 1 GG. Eine Vermittlungsprovision darf den – auch sozialpolitisch erwünschten – Wechsel in ein „normales Arbeitsverhältnis“ nicht erschweren, indem die Übernahme des Leiharbeitnehmers für den Entleiher finanziell unattraktiv wird.
Die Praxis hatte vor diesem Hintergrund schon frühzeitig unterschiedliche Ausgestaltungsformen für Vermittlungsprovisionen entwickelt. Erfreulich klar hat sich der BGH bereits in einem Grundsatzurteil vom 10. November 2011 – Az. III ZR 77/11 hierzu positioniert. Während er zunächst noch recht unbestimmt die Kriterien für die Angemessenheit herausarbeitete – Dauer des vorangegangenen Verleihs, Höhe des Wertes der Leihe, Aufwand des Verleihers für die Gewinnung eines vergleichbaren Arbeitnehmers –, folgerte er hieraus eine „abstrakt generelle Vergütungsordnung“, nach der er jedenfalls die folgende Provisionsstaffelung als angemessen bewertet:
Dauer des Einsatzes | Höhe der Vermittlungsprovision |
< 3 Monate | 2,0 Bruttomonatsentgelte zzgl. USt. |
< 6 Monate | 1,5 Bruttomonatsentgelte zzgl. USt. |
< 9 Monate | 1,0 Bruttomonatsentgelte zzgl. USt. |
< 12 Monate | 0,5 Bruttomonatsentgelte zzgl. USt. |
12 Monate und mehr | 0 |
Maßgeblich sei hierbei das vom Entleiher im mit dem Leiharbeitnehmer neu begründeten Arbeitsverhältnis gezahlte Bruttomonatsentgelt.
Darüber hinaus kann nach Ansicht der Rechtsprechung eine Provision auch dann vorgesehen werden, wenn die Einstellung innerhalb von 6 Monaten nach dem Ende des Einsatzes des Leiharbeitnehmers beim Entleiher erfolgt, weil dann – widerleglich – zu vermuten sei, dass der vorherige Einsatz kausal für die Einstellung war. Eine entsprechende Klausel setzt jedoch unter AGB-rechtlichen Gesichtspunkten voraus, dass dem Entleiher nachgelassen wird, diese Vermutung der Kausalität zu wiederlegen (z.B. weil die Einstellung für eine andere Tätigkeit oder in einen anderen Fachbereich mit anderem Vorgesetzten erfolgt).
Anlass für Neubewertung im Zuge der AÜG-Änderungen 2017
Trotz unverändertem Wortlaut des maßgeblichen § 9 Abs. 1 Nr. 3 AÜG ist nicht auszuschließen, dass die Rechtsprechung insbesondere die zeitliche Begrenzung der Arbeitnehmerüberlassung seit April 2017 zum Anlass nehmen wird, die im Rahmen der Vermittlungsprovision zu berücksichtigende Zeitachse zu überdenken und ggf. nach unten zu korrigieren.
Aufgrund der bis 2004 im AÜG geregelten Höchstüberlassungsdauer von 12 Monaten ging der BGH zunächst davon aus, dass der bei der Vermittlungsprovision berücksichtigungsfähige Einsatzzeitraum lediglich sechs Monate betragen dürfe. Mit ausdrücklichem Hinweis auf den Wegfall einer Höchstüberlassungsdauer in 2004 hatte der BGH diesen Zeitraum sodann auf 12 Monate ausgedehnt.
Die seit April 2017 erneut eingeführte Begrenzung der Arbeitnehmerüberlassung auf 18 Monate könnte die Rechtsprechung dazu veranlassen, den berücksichtigungsfähigen Zeitraum im Rahmen der Vermittlungsprovision wieder zu reduzieren, beispielsweise wiederum auf die Hälfte der gesetzlich zulässigen Höchstdauer, mithin auf 9 Monate. Soweit ersichtlich, ist diese Frage bislang noch nicht gerichtlich behandelt worden – wir halten Sie auf dem Laufenden, sobald sich hier erste Tendenzen abzeichnen.
Empfehlung
Nach wie vor sollten Verleiher besondere Sorgfalt bei der Formulierung von Klauseln zur Vermittlungsprovision aufwenden und Entleiher entsprechende Klauseln vor der Übernahme eines Leiharbeitnehmers einer rechtlichen Prüfung unterziehen. Ferner wird die künftige Rechtsprechung der ordentlichen Gerichte zur Angemessenheit der Provision weiterhin im Auge zu behalten sein.