Laufende Leistungen der betrieblichen Altersversorgung und (gesetzlich) unverfallbare Versorgungsanwartschaften sind nach § 7 Abs. 1 und 2 BetrAVG besonders insolvenzgeschützt. Die Einstandspflicht des Pensionssicherungsvereins bewahrt den Arbeitnehmer im Regelfall vor dem Verlust seiner Altersversorgung in Folge der Insolvenz seines (früheren) Arbeitgebers. Wie sieht es aber aus mit dem Insolvenzschutz von nicht abgeführten Beiträgen des Arbeitgebers zur betrieblichen Altersversorgung? Sind Arbeitnehmer insoweit gegenüber Insolvenzgläubigern privilegiert? Das BAG verneint dies in seiner Entscheidung vom 21.3.2017 (Az. 2 AZR 718/15) und schreibt damit die klare Rechtsprechung zum Aussonderungsrecht nach § 47 InsO fort.
Die Entscheidung des BAG
Das BAG hatte über den Fall eines Arbeitnehmers zu entscheiden, der gegen den Insolvenzverwalter seines insolventen Arbeitgebers geklagt hatte. Der Arbeitgeber war für einige Monate vor der Insolvenzeröffnung seiner tarifvertraglich geregelten Pflicht zur Zahlung von Beiträgen zur betrieblichen Altersversorgung an eine Pensionskasse nicht nachgekommen. Das Insolvenzgeld sicherte lediglich einen Teil der Gesamtsumme der Beitragsrückstände ab. Der Arbeitnehmer berief sich daher wegen der rückständigen Beiträge auf ein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO und verlangte die Auszahlung der nicht an die Pensionskasse gezahlten Beiträge an ihn, hilfsweise an die Pensionskasse.
Wie bereits die Vorinstanzen verneinte das BAG ein solches Aussonderungsrecht und wies die Revision des klagenden Arbeitnehmers zurück. Dieser sei wie ein Insolvenzgläubiger zu behandeln, denn ein Aussonderungsrecht gemäß § 47 InsO bestehe nach allgemeinen insolvenzrechtlichen Maßstäben nur dann, wenn der Arbeitnehmer aufgrund eines dinglichen Rechts oder eines schuldrechtlichen Anspruchs geltend machen könne, dass ein Gegenstand nicht zur Insolvenzmasse gehöre. Dies könne zwar grundsätzlich auch bei einer – vorliegend in Betracht kommenden – Treuhand des Arbeitgebers an den Beiträgen zur Pensionskasse der Fall sein. Bei einer Geldschuld bzw. einer sich auf vertretbare Sachen beziehenden Schuld sei aber zusätzlich Voraussetzung der Aussonderung, dass der betreffende Gegenstand vom Vermögen des Treuhänders getrennt sei, wofür vorliegend keinerlei Anhaltspunkte bestünden.
Eine andere Bewertung ergebe sich auch nicht unter Berücksichtigung europarechtlicher Vorgaben zum Schutz von Ansprüchen der Arbeitnehmer aus Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Jedenfalls stehe die insoweit eindeutige Regelung des § 47 InsO einer (unionsrechtskonformen) Auslegung entgegen, wonach auf das Erfordernis der Trennung des Vermögens des Schuldners verzichtet werden könne.
Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung
Mit seiner Entscheidung bestätigt das BAG die bisherige Rechtsprechung zu § 47 InsO und wendet diese konsequent auf den Bereich der Aussonderung von Beiträgen zur betrieblichen Altersversorgung an.
Die Entscheidung ist daher im Grundsatz auch wenig überraschend: Seit langem ist insbesondere die prinzipielle „Insolvenzfestigkeit“ einer Treuhandabrede ebenso anerkannt wie das „Aufbrechen“ dieser Insolvenzfestigkeit durch Vermischungen des Treuguts mit dem sonstigen Vermögen des Treuhänders (vgl. etwa BGH v. 24.6.2003 – IX ZR 120/02).
Richtigerweise stellt das BAG in seiner Entscheidung daher nicht maßgeblich auf das Vorliegen eines Treuhandverhältnisses zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bezüglich der Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung ab, sondern lässt das Aussonderungsrecht nach § 47 InsO an der fehlenden Trennung der Beiträge von dem übrigen Geldvermögen des Arbeitgebers scheitern.
Wie eine solche Trennung zu erreichen gewesen wäre, verrät das BAG allerdings ebenfalls: Ausdrücklich benennt es die Möglichkeit, das Geld auf einem gesonderten Konto des Arbeitgebers zu separieren.
Europarechtlicher Hintergrund
Spannend war vor allem der europarechtliche Hintergrund der Entscheidung.
Ausdrücklich hatte sich der Kläger bei seiner Auslegung des § 47 InsO auf die Regelung des Art. 8 der Richtlinie 2008/94/EG berufen. Demnach „vergewissern sich [die Mitgliedstaaten], dass die notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Interessen der Arbeitnehmer sowie der Personen, die zum Zeitpunkt des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers aus dessen Unternehmen oder Betrieb bereits ausgeschieden sind, hinsichtlich ihrer erworbenen Rechte oder Anwartschaftsrechte auf Leistungen bei Alter, einschließlich Leistungen für Hinterbliebene, aus betrieblichen oder überbetrieblichen Zusatzversorgungseinrichtungen außerhalb der einzelstaatlichen gesetzlichen Systeme der sozialen Sicherheit getroffen werden.“
Wie das BAG zutreffend ausführt, hatte der EuGH in seiner Entscheidung vom 24.11.2016 (Az. C‑454/15 „Webb-Sämann“) geurteilt, dass diese Regelung den Art. 3 der Richtlinie 2008/94/EG ergänze, wonach die Mitgliedstaaten „die erforderlichen Maßnahmen [treffen], damit […] Garantieeinrichtungen die Befriedigung der nicht erfüllten Ansprüche der Arbeitnehmer aus Arbeitsverträgen und Arbeitsverhältnissen sicherstellen […].“
Diese Vorgaben der Richtlinie 2008/94/EG bedingen daher grundsätzlich auch einen Schutz der Arbeitnehmer vor dem Ausfall nicht gezahlter Altersversorgungsbeiträge wegen der Insolvenz des Arbeitgebers (was in Deutschland beispielsweise durch die „Garantieeinrichtung“ das Insolvenzgelds [partiell] umgesetzt ist).
Der EuGH räumte den Mitgliedstaaten jedoch einen weiten Ermessens- und Gestaltungsspielraum bei der Schaffung derartiger Garantieeinrichtungen ein. Insbesondere gebietet die Richtlinie nach Ansicht des EuGH keine vollständige Absicherung der Beitragszahlungen gegen das Insolvenzrisiko. Es genüge im Regelfall, wenn der Arbeitnehmer dergestalt gegen die Insolvenz abgesichert sei, dass ihm mindestens 50 % der Rentenansprüche verbleiben, die ihm bei Zahlung der Beiträge zugestanden hätten.
Für eine solche Schmälerung der Rentenansprüche sah das BAG jedoch keinerlei Anhaltspunkte und bejahte dementsprechend auch die Vereinbarkeit seiner auf Grundlage des § 47 InsO entwickelten Entscheidung mit europarechtlichen Vorgaben.
Eindeutigkeit des § 47 InsO
Zugleich stellte das BAG klar, dass auch weitergehende europarechtlichen Vorgaben zum Insolvenzschutz an der Entscheidung zum fehlenden Aussonderungsrecht nach § 47 InsO nichts geändert hätten. Die Vorschrift sei insoweit eindeutig. Ein durch unionsrechtskonforme Auslegung oder richterliche Rechtsfortbildung begründeter Verzicht auf das Erfordernis der Vermögensseparierung übersteige „die Grenze des rechtsmethodisch Erlaubten“ und sei daher „von Gesetzes wegen ausgeschlossen“.
Folgen für die Praxis
Für die insolvenz-(arbeits-)rechtliche Praxis ist die Entscheidung wegen der konsistenten Fortführung der klaren Rechtsprechung zu § 47 InsO grundsätzlich erfreulich. Inwieweit sich die genannten europarechtlichen Vorgaben praktisch auswirken werden, bleibt abzuwarten. Ein Ausfall von mehr als 50 % der Anwartschaften infolge einer wegen Insolvenz ausbleibenden Beitragszahlung als Voraussetzung „europarechtlicher Korrekturen“ dürfte in Deutschland indes kaum praktisch werden. Denkbar ist aber, dass vor allem Arbeitnehmervertreter bei der Gestaltung von Abreden zur betrieblichen Altersversorgung künftig auf eine besondere Insolvenzsicherung der Beitragszahlungen drängen könnten.