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Compliance Management/Organe Vergütung

Sind Sie compliant? – Vergütung nach der Institutsvergütungsverordnung (Teil 3)

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Institutsvergütungsverordnung

In Teil 1 unseres Beitrags zur Vergütung nach der Institutsvergütungsverordnung (InstitutsVergV) haben wir die rechtlichen Rahmenbedingungen der InstitutsVergV und die grundsätzlichen Vorgaben für die Vergütung dargelegt. In Teil 2 haben wir Einzelaspekte insbesondere im Hinblick auf die variable Vergütung in den Fokus genommen und sind auf die Frage eingegangen, inwiefern eine Anpassung von bestehenden Arbeitsverträgen notwendig und was bei der Gestaltung von Neuverträgen zu beachten ist. In Teil 3 stellen wir einige wesentliche Neuerungen der – nach mehrfacher Verzögerung – nun am 04.08.2017 in Kraft getretenen Neufassung der InstitutsVergV vor.

Warum eine erneute Novellierung?

Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) hat am 27.06.2016 Leitlinien für eine solide Vergütungspolitik veröffentlicht. Sie gelten seit dem 01.01.2017 und haben die Vorgängerleitlinien des Ausschusses der Europäischen Bankenaufseher (CEBS) vom 10.12.2012 ersetzt. Dies hat eine erneute Überarbeitung der bereits 2014 novellierten InstitutsVergV erforderlich gemacht. Daher hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) nicht nur die InstitutsVergV neu gefasst, sondern auch ihre Auslegungshilfe erheblich ausgeweitet, die allerdings derzeit noch weiter überarbeitet wird und daher noch nicht in ihrer finalen Fassung vorliegt. Immerhin: Die bisherige Grundstruktur der InstitutsVergV bleibt erhalten. Es wird weiterhin zwischen allgemeinen Anforderungen an Vergütungssysteme, die von allen Instituten zu beachten sind, und besonderen Anforderungen unterschieden, die nur für sog. „bedeutende“ Institute gelten. Allerdings enthält die „InstitutsVergV 3.0“ auch eine Reihe von für die Praxis bedeutsamen Neuerungen bzw. Verschärfungen.


Verhältnis von variabler und fixer Vergütung

Besteht die Vergütung aus einer variablen und einer fixen Vergütung, müssen diese in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen (§ 6 Abs. 1). Zu diesem Zweck ist eine angemessene Obergrenze für die variable Vergütung im Verhältnis zur fixen Vergütung festzulegen (§ 6 Abs. 2). Diese Obergrenze beträgt nach § 25a Abs. 5 Kreditwesengesetz (KWG) maximal 100 bzw. 200% der Fixvergütung („Bonus-Cap“). Ausgangspunkt ist demnach die fixe Vergütung. Vor diesem Hintergrund wird zukünftig die fixe – und nicht mehr die variable – Vergütung als Grundbegriff detailliert definiert (§ 2 Abs. 6). Alles, was nicht hierunter fällt oder sich nicht eindeutig zur fixen Vergütung zuordnen lässt, gilt als variable Vergütung (§ 2 Abs. 3). Eine dritte Vergütungsart ist nicht mehr vorgesehen. Funktionsbezogene Zulagen, welche in der Praxis als Reaktion auf den Bonus-Cap zur „Gestaltung“ der gewünschten Gesamtvergütung populär geworden sind, deren Einordnung als fixe Vergütung jedoch von den Aufsichtsbehörden angezweifelt wurde, werden zukünftig – ebenso wie Auslandszulagen – unter bestimmten Voraussetzungen ausdrücklich der fixen Vergütung zugerechnet (§ 2 Abs. 6 Satz 3, 4). Ausführlich setzt sich die BaFin in ihrer noch in Überarbeitung befindlichen und daher noch nicht finalen Auslegungshilfe mit möglichen Umgehungstatbeständen (z.B. verbilligter Bezug von Aktien ohne Behandlung des Mehrwertes als variable Vergütung) auseinander. Finanzielle Leistungen oder Sachbezüge, die keine Anreize zur Eingehung finanzieller Risiken begründen (z.B. Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung), werden zukünftig nicht mehr vom Vergütungsbegriff ausgenommen, sondern gelten als Fixvergütung, wenn sie die Voraussetzungen des § 2 Abs. 6 Satz 2 erfüllen; ansonsten sind sie der variablen Vergütung zuzurechnen. Die Auslegungshilfe stellt nunmehr klar, dass es für die Berechnung des Verhältnisses von variabler und fixer Vergütung auf das Jahr des tatsächlichen Bezugs der variablen Vergütung und nicht auf das Jahr ankommt, für das die variable Vergütung zu beziehen ist. Dies ist freilich bei einer zurückbehaltenen variablen Vergütung weder praxisgerecht noch dogmatisch überzeugend, da es sich in diesem Fall um Vergütung für die in den einzelnen Jahren geleistete Arbeit handelt, die lediglich „aufgespart“ und zum Ende des Zurückbehaltungszeitraums ausgezahlt wird und daher zeitanteilig in den betreffenden Jahren angesetzt werden sollte.

Kein „Golden Handshake“

Millionen-Boni für „Nieten in Nadelstreifen“ stehen seit jeher im Fokus der öffentlichen Kritik. Es verwundert daher nicht, dass die Anforderungen an die Zulässigkeit von Abfindungen deutlich verschärft worden sind. Sie gelten als variable Vergütung. In Bezug auf die Gewährung von Abfindungen hat das Institut in seiner Vergütungsstrategie Grundsätze festzulegen, die auch einen Höchstbetrag oder Kriterien für die Bestimmung die Beträge umfassen. Sie müssen der Leistung des Mitarbeiters Rechnung tragen (§ 5 Abs. 6 Satz 1, 2, 4). Bestimmte Abfindungen, insbesondere solche, auf die ein gesetzlicher Anspruch besteht oder die als Sozialplanabfindung oder aufgrund eines rechtskräftigen Urteils zu leisten sind, sind jedoch privilegiert und bleiben etwa bei der Berechnung des Verhältnisses von variabler und fixer Vergütung nach § 25a Abs. 5 KWG unberücksichtigt (§ 5 Abs. 6 Satz 5). Dies gilt insbesondere für Abfindungen, die aufgrund eines Prozessvergleichs zu leisten sind (§ 5 Abs. 6 Satz 5 Nr. 1 lit. c)). Eine Einschränkung auf Bestandsschutzverfahren enthält diese Regelung nicht, so dass der Verordnungsgeber hiermit die ansonsten strengen Regeln zur Zulässigkeit von Abfindungen wieder aufgeweicht hat. Halteprämien zum Zwecke der Bindung von Mitarbeitern sind nur in Ausnahmefällen, z.B. in Restrukturierungssituationen oder Kontrollwechseln, zulässig, und müssen zudem bei der Berechnung des Verhältnisses von variabler und fixer Vergütung entweder zeitanteilig oder mit dem Gesamtbetrag zum Zeitpunkt der Fälligkeit berücksichtigt werden (§ 5 Abs. 7).

Besonderheiten für „Risk Taker“

Die Pflicht zur Identifizierung von Mitarbeitern, deren Tätigkeiten wesentlichen Einfluss auf das Gesamtrisikoprofil des Instituts haben („Risk Taker“), besteht – anders als noch nach der Entwurfsfassung – weiterhin nur in bedeutenden Instituten (§ 18 Abs. 2). Die Vergütungssysteme von Risikoträgern, welche in bedeutenden Instituten (§ 17) tätig sind, unterliegen erhöhten Anforderungen (§§ 18 ff.). So müssen negative Erfolgsbeiträge des Risikoträgers oder seiner Organisationseinheit und ein negativer Gesamterfolg des Instituts bzw. der Gruppe die Höhe der variablen Vergütung verringern oder zum vollständigen Verlust derselben führen (§ 18 Abs. 5). Mindestens 40 bzw. 60% der variablen Vergütung müssen auf mindestens drei bzw. fünf Jahre gestreckt werden (§ 20 Abs. 1, 2). Der bisherige Schwellenwert von 50.000 Euro jährlicher variabler Vergütung, unterhalb dessen eine Nichteinhaltung dieser Vorgaben von der BaFin geduldet wurde, ist in der aktuellen, noch in Überarbeitung befindlichen Fassung der Auslegungshilfe nicht mehr enthalten. Ergibt eine nachträgliche Überprüfung („Backtesting“), dass die variable Vergütung nicht mehr den Anforderungen der Angemessenheit (§ 19) genügt, ist die zurückbehaltene variable Vergütung entsprechend zu reduzieren (§ 20 Abs. 4 Nr. 3). Neu ist auch, dass in Fällen, in denen es zwingend zum vollständigen Verlust der variablen Vergütung kommt (§ 18 Abs. 5 Satz 3), nun die Verpflichtung des Instituts besteht, eine bereits ausgezahlte variable Vergütung zurückzufordern („Clawback“). Diese Verpflichtung besteht freilich nur „auf Grundlage entsprechender Vereinbarungen“ mit den Risikoträgern (§ 20 Abs. 6). Das Institut hat daher bei Abschluss des Arbeitsvertrages eine entsprechende Rückgriffsmöglichkeit zu vereinbaren bzw. bei bereits bestehenden Verträgen auf deren Anpassung hinzuwirken (§ 14).

Ausblick

Die EU-Kommission hat am 19.11.2016 einen Vorschlag zur Ergänzung der Banken-Richtlinie 2013/36/EU („CRD IV“) vorgelegt. Danach ist u.a. eine Absenkung des Schwellenwertes für die Einstufung als „bedeutendes Institut“ von derzeit 15 Milliarden Euro Bilanzsumme (§ 17 Abs. 1) auf nur noch fünf Milliarden Euro vorgesehen. Der Verordnungsgeber hat diese Absenkung bei der aktuellen Novellierung noch nicht nachvollzogen. Es bleibt abzuwarten, ob dies dann Gegenstand einer dritten Novellierung der InstitutsVergV sein wird. Abzuwarten bleibt auch die finale Fassung der aktuell noch in Überarbeitung befindlichen Auslegungshilfe zur InstitutsVergV. Mehr zum Thema und zur bisherigen Fassung der InstitutsVergV finden Sie auf diesem Blog sowie bei Bergwitz, AuA 2016, 464 ff.

Dr. Christoph Bergwitz

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Counsel
Christoph Bergwitz unterstützt Arbeit­ge­ber ins­be­son­dere bei Fragen des Arbeit­neh­mer­da­ten­schut­zes, im Rahmen von Umstruk­tu­rie­rungs­pro­jekten sowie beim Schutz vor wett­be­werbs­wid­ri­gem Verhalten durch Arbeit­neh­mer. Darüber hinaus berät Christoph Bergwitz Füh­rungs­kräfte und Organ­mit­glie­der.
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