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Befristung Teilzeit

Befristete Teilzeit? Das BMAS nimmt auf den letzten Metern Fahrt auf

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Vorbeschäftigung

Dieses Jahr – voraussichtlich am 24. September – wird die Wahl zum 19. Deutschen Bundestag stattfinden. Die Regierung befindet sich auf den letzten Metern, um die 2013 im Koalitionsvertrag vereinbarten Vorhaben noch umzusetzen. Neben dem grundsätzlich lobenswerten Vorstoß der Bundesministerin für Arbeit und Soziales Andrea Nahles zu mehr Flexibilität bei der Arbeitszeit hat sie nun einen Gesetzesentwurf zur befristeten Teilzeit in Umlauf gebracht. Ob die Reform noch vor Ablauf dieser Legislaturperiode verabschiedet wird, bleibt zwar abzuwarten – doch was ist Hintergrund des Vorhabens und wie einschneidend werden die Konsequenzen vor allem für Arbeitgeber sein?

Was sieht der Entwurf vor?

Bislang ist für alle Arbeitnehmer ein grundsätzlicher Anspruch – bei Erfüllung der Voraussetzungen – auf unbefristete Teilzeitarbeit gegenüber dem Arbeitgeber im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) angelegt. Wird nur für einen gewissen Zeitraum eine Teilzeitbeschäftigung begehrt, hängt die zeitlich begrenzte Gewährung der Teilzeit von der freien Entscheidung des Arbeitgebers ab. Es handelt sich dann nämlich schlicht um ein Vertragsangebot des Arbeitnehmers auf Abänderung der im Arbeitsvertrag vereinbarten Arbeitszeit. Dieses Angebot kann der Arbeitgeber annehmen – muss es aber aufgrund der geltenden Vertragsfreiheit nicht. Durchsetzbar ist befristete Teilzeit derzeit nur im Rahmen von Sonderregelungen, etwa bei Elternzeit oder der Pflege Angehöriger.

Das BMAS hat nun einen im TzBfG geregelten Anspruch auf zeitlich begrenzte Teilzeitarbeit für alle Arbeitnehmer in die Wege geleitet. Orientiert wurde sich dabei an den bereits bestehenden Voraussetzungen zum Anspruch auf Verringerung der Teilzeit:

  • Der Vertragsarbeitgeber beschäftigt mehr als 15 Arbeitnehmer,
  • das Arbeitsverhältnis besteht mehr als sechs Monate und
  • der Antrag auf die befristete Teilzeit wird mindestens 3 Monate vor dem gewünschten Beginn gestellt.

Nach der Rückkehr zur ursprünglichen Arbeitszeit soll der Arbeitnehmer eine erneute Verringerung der Arbeitszeit nach Ablauf eines Jahres verlangen können. Die vorgesehene, weitreichende Regelung wird die Personalplanung für Arbeitgeber zukünftig weiter erschweren.


Anspruch auf Teilzeit

§ 8 TzBfG begründet für alle Arbeitnehmer einen Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit, wenn mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt werden und eine Wartezeit von sechs Monaten seit Beginn des Arbeitsverhältnisses abgelaufen ist. Vom Arbeitnehmer wird gefordert, die Verringerung und den Umfang der Verringerung spätestens drei Monate vor deren Beginn geltend zu machen. Die gewünschte Verteilung der verringerten Arbeitszeit muss der Arbeitnehmer nicht, sondern soll sie lediglich gegenüber dem Arbeitgeber angeben. Der Arbeitgeber hat dann sowohl die Verringerung der Arbeitszeit als auch die Verteilung derselben mit dem Arbeitnehmer zu erörtern und entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers festzulegen, wenn betriebliche Gründe nicht entgegenstehen.

Eine erneute Verringerung der Arbeitszeit kann der Arbeitnehmer nach Ablauf von zwei Jahren verlangen, nachdem der Arbeitgeber einer vorangegangenen Verringerung zugestimmt oder diese berechtigt abgelehnt hatte.

Doch wie kann die Teilzeit rückgängig gemacht werden?

Einen Anspruch auf befristete Teilzeit oder auf Erhöhung der zunächst verringerten Arbeitszeit sieht das Gesetz derzeit jedoch nicht vor – der Arbeitnehmer bleibt an sein Teilzeitverlangen auf Dauer gebunden. Den Arbeitsvertragsparteien bleibt zwar unbenommen, eine einvernehmliche Einigung über eine befristete Teilzeit oder eine nachträgliche Verlängerung der Arbeitszeit zu treffen.

Gesetzlich ist in § 9 TzBfG aber nur geregelt, dass teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer, wenn sie den Wunsch nach einer Verlängerung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit angezeigt haben, bei der Besetzung eines entsprechenden Arbeitsplatzes bei (im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern) gleicher Eignung vom Arbeitgeber bevorzugt zu berücksichtigen sind. Dies gilt wiederum nicht, wenn der Arbeitgeber dringende betriebliche Gründe hat, die gegen die Verlängerung sprechen oder Arbeitszeitwünsche anderer teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer dem Wunsch entgegenstehen. Bisher musste der jeweilige Arbeitnehmer nachweisen können, dass ein entsprechender Arbeitsplatz mit höherer Arbeitszeit zur Verfügung steht, für den er geeignet ist.

Der aktuelle Entwurf sieht für den Anspruch aus § 9 TzBfG nun eine Beweislastverlagerung auf den Arbeitgeber vor: Der Arbeitgeber soll künftig das Fehlen eines Arbeitsplatzes oder eine geringere Eignung des betroffenen Arbeitnehmers darlegen müssen, um den Anspruch auf nachträgliche Verlängerung der Arbeitszeit ablehnen zu können. Streitigkeiten dürften hier vorprogrammiert sein.

Darüber hinaus: Generelle Erörterungspflicht

Darüber hinaus sieht der Entwurf vor, dass den Arbeitgeber, der nicht mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt, stets eine Erörterungspflicht mit dem Arbeitnehmer, der eine Arbeitszeitänderung wünscht, trifft. Den Antrag auf Verringerung der Teilzeit kann der Arbeitgeber dann nicht mehr ohne weiteres ablehnen, auch wenn ein gesetzlicher Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit hier weiterhin nicht besteht.

Konsequenzen für den Arbeitgeber

Arbeitgeber müssen sich darauf einstellen, dass die Anwesenheit ihrer Arbeitnehmer in der Zukunft noch weniger planbar sein wird. Denn wenn bislang ein Arbeitgeber ein Teilzeitverlangen – etwa eine Verringerung der Arbeitszeit auf 50% – auf den Tisch bekam, konnte er auf Dauer eine weitere Kraft beschäftigen, die die anderen 50% der Arbeitszeit kompensieren sollte. Die dauerhafte Planbarkeit und die dauerhafte Besetzung mit einer zweiten Teilzeitkraft fallen nun weg. Ob dies zu einem spürbaren Anstieg sachgrundlos befristeter Arbeitsverträge führt oder ob dieser Umstand gar einen Grund für eine Befristung mit Sachgrund darstellen könnte, bleibt abzuwarten.

Hervorzuheben ist: Weil Teilzeitarbeit in der Praxis immer noch zu einem überwiegenden Teil von Frauen beansprucht wird, dürfte die Neuregelung die Bereitschaft von Frauen fördern, trotz Kinderbetreuung früher in den Beruf zurückzukehren – mit einer realistischen Perspektive auf eine Vollzeitbeschäftigung nach anfänglicher Teilzeit.

KLIEMT.Arbeitsrecht




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