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Betriebsrat

Wer bestellt, zahlt (nicht) ? – Die Kosten der Betriebsratsarbeit

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Kosten der Betriebsratsarbeit

Das Betriebsratsamt ist ein Ehrenamt. Es darf für die Mitglieder finanziell weder Vorteile noch Nachteile mit sich bringen. Der Arbeitgeber trägt daher grundsätzlich die Kosten im Zusammenhang mit der Betriebsratsarbeit. Einzelnen Studien zufolge sind das hochgerechnet jährlich bis zu 781 EUR pro angestellten Mitarbeiter im Unternehmen, was sich schnell zu einer sechsstelligen Summe aufaddieren kann. Vor diesem Hintergrund lohnt sich ein genauer Blick, wann welche Kosten tatsächlich zu tragen sind und wo es Einsparpotenzial gibt, insbesondere auf dem Gebiet der Anwalts- und Schulungskosten.

Die grundsätzliche Weichenstellung auf einen Blick

Ausgangspunkt für jegliche Kostentragungspflicht ist die Erforderlichkeit der Maßnahme. Hierbei sind die Aufgaben und Kenntnisse des Gremiums, aber auch des einzelnen Mitglieds zu bewerten; eine Aufgabenteilung unter den Betriebsratsmitgliedern kann verlangt werden. Dies beeinflusst insbesondere die Entscheidung über den erforderlichen Schulungsbedarf; das Angebot auf diesem Markt steigt zunehmend und verlockt viele Betriebsräte dazu, entsprechende Schulungen antreten zu wollen. Kurse zu Spezialthemen wie Mobbing sind ebenso wie solche zur Vermittlung von „Soft Skills“ wie Rhetorik sehr beliebt. Für eine Erforderlichkeit bedarf es jedoch eines fachlichen Bezugs zu den Themen und Problemen im Betrieb sowie eines personenbezogenen Schulungsbedarfs. Gibt es etwa keine Konfliktpunkte im Betrieb, die etwa auf sog. „Mobbing“ schließen lassen, oder verfügen bereits andere Mitglieder über die nötigen Kenntnisse, ist eine Schulungsveranstaltung zu dem Thema nicht erforderlich. Gerade neu gewählte, unerfahrene Gremien können daher aber einen besonders hohen Schulungsbedarf aufweisen.

Auch bei hoher Kostenbelastung (wo der Betriebsrat etwa einen Konflikt so austrägt, dass er besonders viele Schulungen anmeldet) sollte sich der Arbeitgeber regelmäßig nicht zu Extremreaktionen, etwa zu betriebsöffentlichen Beschwerden über den Betriebsrat, hinreißen lassen. Diese können einen Unterlassungsanspruch wegen Behinderung der Betriebsratstätigkeit auslösen. Sinnvoller ist eine genaue Prüfung der Erstattungsfähigkeit im Einzelfall.


Grundvoraussetzung: Betriebsratsbeschluss

Für alle kostenverursachenden Entscheidungen des Betriebsrats gilt: es muss ein ordnungsgemäßer Beschluss vorliegen. Dies hat das BAG zuletzt im Hinblick auf die Beauftragung eines Anwalts entschieden (BAG, 18.03.2015 – 7 ABR 4/13). Das gilt grundsätzlich auch für jede Instanz gesondert. Es wird regelmäßig erwartet, dass der Betriebsrat für jede Instanz erneut prüft, ob die Fortführung des Verfahrens Erfolg verspricht. Liegt ein solcher Beschluss nicht vor, müssen die Kosten nicht erstattet werden.

Anwaltstätigkeit im Gerichtsverfahren und Sachverständigentätigkeit

Kommt es zu Streitigkeiten im Betrieb, beauftragt der Betriebsrat in der Regel einen Anwalt mit der Geltendmachung seiner Rechte. Davon erfährt der Arbeitgeber erst, wenn ihm der Antrag vom Gericht zugestellt wird. Dies ist der zulässige Weg, einer vorherigen Ankündigung durch den Betriebsrat bedarf es nicht. Umso wichtiger ist es zu wissen, wann der Arbeitgeber nicht mit Anwaltskosten überrascht werden darf. Beauftragt der Betriebsrat losgelöst von einem Rechtsstreit einen Anwalt als Sachverständigen, muss er eine Vereinbarung mit dem Arbeitgeber treffen. Diese muss sich auf Person, Kosten und Gutachtenthema erstrecken. Erforderlich ist ein solches Gutachten nur dann, wenn das Thema im Zusammenhang mit einer zu erledigenden Aufgabe des Betriebsrats steht. Es genügt nicht, eine abstrakte Frage auf Vorrat klären zu lassen. Diese Vereinbarungspflicht birgt einen großen Vorteil: Der Arbeitgeber kann die Höhe der Kosten unmittelbar beeinflussen. So kann er dem Betriebsrat anbieten, die nötige Sachkunde auf anderem, kostengünstigeren Weg zu vermitteln, etwa durch sachkundige Arbeitnehmer. Dem muss der Betriebsrat nachkommen. Jedoch ist ein Verweis auf Schulungen nicht möglich (BAG, 25.06.2014 – 7 ABR 70/12); diese vermitteln zu allgemeine Kenntnisse und behandeln konkrete Fragen nicht in der nötigen Tiefe. Beauftragt der Betriebsrat einen Anwalt als Sachverständigen, ohne zuvor eine Vereinbarung zu treffen, so muss der Arbeitgeber die Kosten nicht tragen – auch dann nicht, wenn sie objektiv erforderlich waren (BAG, 19.04.1989 – 7 ABR 87/87).

Schulungsveranstaltungen – sind die Themen für den Betrieb relevant?

Der Betriebsrat hat einen Anspruch darauf, die zur Ausübung seines Amtes notwendigen Kenntnisse auf Schulungen zu erlangen. Wann die Kenntnisse und damit auch Schulungen tatsächlich erforderlich sind, hängt von den individuellen Umständen in dem jeweiligen Betrieb ab. Ausschlaggebend ist insbesondere, dass es einen konkreten aktuellen betriebsbezogenen Anlass gibt. Darlegen und beweisen muss dies im Streitfall der Betriebsrat (BAG, 14.01.2015 – 7 ABR 95/12). Die abstrakte Möglichkeit, dass das Thema in Zukunft eine Rolle spielen könnte, genügt insbesondere nicht.

Gegen eine Erforderlichkeit kann auch sprechen, dass die benötigten Kenntnisse in dem Gremium schon vorhanden sind, etwa weil andere Betriebsratsmitglieder eine entsprechende Schulung bereits besucht haben und die Kenntnis mehr als eines Mitgliedes hinsichtlich einer speziellen Thematik nicht erforderlich ist. Dann muss das jeweilige Thema im Wege der Aufgabenteilung von dem bereits geschulten Kollegen bearbeitet werden.

Besonderheiten hinsichtlich der Einigungsstelle

Für die Erforderlichkeit von Spezialschulungen muss es schließlich einen direkten Bezug zur Betriebsratstätigkeit geben. Einen solchen hat das BAG abgelehnt, wenn ein Betriebsratsmitglied als Beisitzer der Einigungsstelle bestellt wird (BAG, 20.08.2014 – 7 ABR 64/12).

KLIEMT.Arbeitsrecht




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