Am 3. Dezember 2016 trat eine neue Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) in Kraft, die die seit 2004 geltende Fassung ersetzt.
Regelungsinhalte der Arbeitsstättenverordnung
Ergänzend zum Arbeitsschutzgesetz regelt die ArbStättV eine Vielzahl arbeitsschutzrechtlicher Vorgaben für „Arbeitsstätten“. Neben eher hygienischen Vorgaben wie dem Nichtraucherschutz oder der Instandhaltung und Reinigung von Arbeitsstätten (§ 4 ArbStättV) regelt das Gesetz eine regelmäßige Gefährdungsbeurteilung (§ 3 ArbStättV) und die Unterweisung der Beschäftigten vor Aufnahme der Beschäftigung (§ 6 ArbStättV).
Die nicht richtige oder unvollständige Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung gilt ebenso wie die unterbliebene Unterweisung vor Aufnahme der Tätigkeit als Ordnungswidrigkeit – allerdings nur mit einer vergleichsweise geringen Geldbuße von bis zu fünftausend Euro belegt (§ 25 Abs. 1 Nr. 1a ArbSchG).
Kritischer wird es, wenn eine vorsätzliche Zuwiderhandlung gegen die bußgeldbewehrten Vorschriften die Gesundheit von Beschäftigten gefährdet, was etwa bei Verstoß gegen Hygienevorschriften relativ schnell nachgewiesen werden dürfte. Die ArbStättV hat also durchaus Durchsetzungskraft.
Das ist nicht alles neu. Die Neuregelung wird zwar vom Verordnungsgeber als notwendige Anpassung an die sich rasch wandelnde Arbeitswelt – insbesondere an „moderne IT-Möglichkeiten“ – und als Maßnahme zur Verbesserung der Anwenderfreundlichkeit gepriesen, und sei deshalb „fachlich angemessen und dringend nötig“.
Gemessen an diesem Anspruch sind die Änderungen aber relativ zurückhaltend ausgefallen. Viele geplante Neuerungen haben sich nicht durchgesetzt, wodurch erhebliche Aufwendungen für Unternehmen erspart werden konnten. Insbesondere gibt es nun (doch) keinen abschließbaren Spind für jeden Mitarbeiter, keine ausgeleuchteten Pausenräume und beheizte Toiletten, keine regelmäßige Überprüfung des Telearbeitsplatzes und keine notwendige Dokumentation der jährlichen Unterweisung.
Definition des „Telearbeitsplatzes“
Neu ist vor allem eine – zu begrüßende – Klarstellung, was unter einem „Telearbeitsplatz“ zu verstehen ist, und welche Pflichten sich hierauf erstrecken. Gemäß § 2 Abs. 7 ArbStättV handelt es sich erst dann um einen Telearbeitsplatz, wenn auf Veranlassung und Kosten des Arbeitgebers Mobiliar, Arbeitsmittel und Kommunikationseinrichtungen im Privatbereich des Arbeitnehmers bereit gestellt installiert wurden.
Praktisch dürfte das die Ausnahme bleiben. Gelegentliche Tätigkeiten im Home-Office und selbst dauerhafte Home-Office-Tage gelten regelmäßig nicht als Tele-Arbeit, sofern dafür „nur“ der Dienst-Laptop auf dem heimischen Esstisch angeschaltet wird. Auch mobile Arbeiten – etwa im Zug – unterliegen damit nicht der ArbStättV. Auch wenn aber ein echter Telearbeitsplatz eingerichtet wurde, sind nur die erstmalige Gefährdungsbeurteilung und die Unterweisung vorgeschrieben, und dies auch nur, soweit die Telearbeitsplätze von Arbeitsplätzen im Betrieb abweichen.
(Zu den Auswirkungen der Reform auf das Home Office siehe schon der Beitrag von Bröckner, Mehr Arbeitsschutz im Home Office – die neue Arbeitsstättenverordnung, veröffentlicht auf Arbeitsrecht. Weltweit.)
Dringend nötige Reform?
In Anbetracht der technisch bedingten Änderungen mobiler Arbeitsgewohnheiten seit der letzten Fassung der ArbStättV 2004 ist die Überarbeitung der Verordnung insoweit tatsächlich eine willkommene und auch notwendige Eingrenzung der Telearbeit, gerade auch angesichts der Bußgeld- und Strafbarkeitsrisiken.
Der vorsichtige Arbeitgeber ist im Zweifel dennoch besser beraten, den Telearbeitsplatz zu vermeiden, und also Laptop und Handy zu stellen, statt einen gesondert im Privatbereich zu installierenden Rechner nebst Fax und Telefonanschluss einzurichten. Unkontrollierbare Sanktionsrisiken werden dadurch spürbar geringer. Ob darüber hinaus die Systematisierungen der Vorschriften (und die mit jeder Neufassung eines Gesetzes einhergehenden Projektkosten für Unternehmen) tatsächlich „dringend nötig“ waren, liegt im Auge des Betrachters.
Nötig und erfolgreich war es in jedem Falle, den ursprünglichen Regelungseifer des Verordnungsgebers etwas zu bremsen.