Der neu eingeführte § 288 Abs. 5 BGB sieht vor, dass der Gläubiger einer Entgeltforderung bei Verzug des Schuldners einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro hat. Diese Regelung gilt seit dem 1. Juli 2016 für sämtliche Vertragsverhältnisse, bei denen der Schuldner der Entgeltforderung kein Verbraucher ist. Zuvor war die Regelung aufgrund einer zweijährigen Übergangsphase auf solche Vertragsverhältnisse beschränkt, die nach dem 28. Juli 2014 begründet wurden. Der Wortlaut der Klausel legt nun zunächst den Schluss nahe, dass der Arbeitgeber künftig pauschal 40 Euro an den Arbeitnehmer zahlen muss, wenn er Entgeltbestandteile nicht fristgerecht auszahlt. Aber stimmt dies wirklich?
Ursprung der Regelung
Die Regelung hat ihren Ursprung in der EU-RL 2011/7/EU zur „Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr“. Aufgrund eines ausufernden permanenten Zahlungsrückstands, der im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern zur Regel geworden war, sollten aufgrund dieser Pauschale die Unternehmer angehalten werden, ihren Zahlungsverpflichtungen fristgerecht nachzukommen. Die Einführung der Pauschale sollte folglich präventiven Charakter haben, gleichzeitig aber auch die dem Gläubiger entstehenden Unannehmlichkeiten entschädigen, die dieser durch die Eintreibung seiner Forderungen erfährt.
Der deutsche Gesetzgeber hat diese Richtlinie überschießend umgesetzt und die Beschränkung auf den Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern ausdrücklich nicht übernommen. In der Gesetzesbegründung heißt es dazu pauschal, dass auch Verbraucher entsprechend geschützt werden müssten, (BT-DS 18/1309).
Ob dies automatisch heißt, dass die Regelung auch im Arbeitsrecht Geltung erhalten wird, ist aber keinesfalls sicher.
Anwendbarkeit im Arbeitsrecht
Bei der fraglichen Regelung handelt es sich um eine solche des allgemeinen Schuldrechts, die folglich zunächst auf alle Vertragsverhältnisse Anwendung findet, soweit nicht etwas Abweichendes geregelt ist. Im allgemeinen Zivilrecht ist es üblich, dass der Gläubiger einer Leistung einen Verzugsschaden geltend macht, wenn der Schuldner nicht rechtzeitig leistet. Dieser besteht in der Regel in außergerichtlichen Anwaltskosten. Im Arbeitsrecht gibt es jedoch eine gravierende Besonderheit, die aus der Regelung des § 12a ArbGG folgt. Nach ständiger Rechtsprechung schränkt diese Vorschrift nicht nur die prozessuale Geltendmachung von Anwaltskosten ein, sondern entfaltet ebenso materiell-rechtliche Wirkung (BAG, Urteil vom 27.10.2005 – 8 AZR 546/03). Etwaige Verzugsschäden in Form von Anwaltskosten können vom Arbeitnehmer mithin gerade nicht geltend gemacht werden.
Es stellt sich daher die Frage, die bisher höchstrichterlich noch nicht entschieden ist, ob § 12a ArbGG das speziellere Gesetz ist, wodurch eine Anwendung von § 288 Abs. 5 BGB ausgeschlossen wird. In der einschlägigen Literatur ist dies umstritten. Die besseren Gründe sprechen wohl dafür. So hat es zumindest auch das Arbeitsgericht Düsseldorf jüngst entschieden (ArbG Düsseldorf, Urteil vom 12.05.2016 – 2 Ca 5416/15). Andernfalls käme man zu dem unbefriedigenden Ergebnis, dass der Arbeitnehmer zwar die Pauschale von 40 Euro geltend machen könnte, nicht aber die in der Regel wesentlich höheren Anwaltskosten. Ein Anwendungsbereich für § 288 Abs. 5 S.3 BGB, wonach die Pauschale auf etwaige geschuldete Schadensersatzansprüche, die in Kosten der Rechtsverfolgung bestehen, angerechnet wird, bestünde dann ebenso wenig. Dies spricht für die Annahme einer planwidrigen Regelungslücke. Kommt eine Anrechnung der Pauschale auf Schadensersatzansprüche infolge der Rechtsverfolgung von Anfang an nicht in Betracht, so kann der Zweck der Klausel im arbeitsrechtlichen Bereich offensichtlich nicht erreicht werden.
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