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Wettbewerb

Klientenschutz in der Beratungsbranche

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Wenn qualifizierte Angestellte in der Beratungsbranche den Arbeitgeber wechseln, spielt das Thema Klienten für alle Beteiligten eine Rolle. Das alte Beratungsunternehmen sieht einen Wechsel der Klienten natürlich nicht gerne. Denn schon der Verlust weniger lukrativer Klienten kann, je nach Struktur, existenzbedrohlich für ein Beratungsunternehmen sein und gerade kleinere Einheiten sind oft von einigen wenigen Großklienten wirtschaftlich abhängig. Für den Fall des Ausscheidens von Mitarbeitern können Beratungsunternehmen allerdings rechtzeitig Vorsorge treffen, damit neben dem Verlust von Know-How nicht auch Geschäft verloren geht.

Hierfür kommen unterschiedliche vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten in Betracht: Mandantenschutzklauseln oder Abwerbeverbote können eine Mitnahme von Klienten verhindern. Sogenannte Kundenübernahmeklauseln können jedenfalls zu einer finanziellen Entschädigung bei geduldeter Kundenmitnahme führen. Abschreckend können auch Vertragsstrafen sein. Die Rechtsprechung stellt allerdings an die Wirksamkeit sämtlicher Gestaltungen hohe Anforderungen und ist wirksamer Schutz nicht umsonst zu erlangen. Einfacher und günstiger können faktische Schutzmechanismen, wie z.B. die Freistellung eines abwanderungswilligen Mitarbeiters oder – in Spezialfällen – deren Widerruf sein.


Klientenschutzklauseln

Bei der Gestaltung von Klientenschutzklauseln sind nach der Rechtsprechung zunächst die gegenläufigen Interessen zu berücksichtigen. Die „verlassene Beratungsgesellschaft“ wird argumentieren, dass der Auftrag wegen ihres guten Rufes zustande gekommen sei. Der „untreue Berater“ wird der Auffassung sein, dass gerade seine spezifische Beratungsleistung entscheidend sei. Ein angemessener Interessenausgleich muss insbesondere den Anforderungen an nachvertragliche Wettbewerbsverbote nach §§ 74 ff. Handelsgesetzbuch (HGB) genügen. Klientenschutzklauseln können daher überhaupt nur für einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren wirksam vereinbart werden. Nach zwei Jahren, so der Bundesgerichtshof (BGH) , werden sich Kundenbeziehungen typischerweise so weit gelockert haben, dass der ausgeschiedene Berater (im Falle des BGH ein Anwalt) wie ein normaler Wettbewerber zu behandeln ist.

If you pay peanuts, you’ll get monkeys

Weiterhin müssen Klientenschutzklauseln eine Karenzentschädigungszusage von mindestens 50 % der zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen enthalten. Liegt diese unter 50 % ist die Klientenschutzklauseln zwar wirksam, aber unverbindlich. Das bedeutet: Der ausscheidende Berater muss sich nicht daran halten. Hält er die unverbindliche Klientenschutzklauseln aber trotzdem – freiwillig – ein, hat er Anspruch auf die eigentlich zu niedrige Karenzentschädigung.

Salvatorische Klausel als Jackpot für den erfolglosen Wechsler …

Wenn hingegen überhaupt keine Karenzentschädigungszusage vereinbart ist, ist die Klientenschutzklauseln nichtig. Dies kann gerade für erfolglos wechselnde Berater lukrativ werden. Denn häufig befinden sich salvatorische Klauseln in Formularverträgen. Nach einer neueren Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamm kann eine salvatorische Klausel ein nichtiges Wettbewerbsverbot „heilen“. Folge: Der ausgeschiedene und danach erfolglose Berater kann eine Karenzentschädigung verlangen auch wenn kein alter Klient mit ihm weiterarbeiten möchte (siehe hierzu im Detail unseren Blogbeitrag zu nachvertraglichen Wettbewerbsverboten).

Abwerbeverbote

Abwerbeverbote verbieten dem ausscheidenden Berater lediglich ein gezieltes Ansprechen von Klienten seines ehemaligen Arbeitgebers mit dem Ziel, sie abzuwerben. Sofern Abwerbeverbote bereits aus dem Standesrecht – wie bei Anwälten – folgen, können sie ohne Entschädigungspflicht vereinbart werden. Denn dann sind sie rein deklaratorischer Natur.

Klientenübernahmeklauseln 

Klientenübernahmeklauseln verbieten dem ausscheidenden Berater nicht die Übernahme von Klienten. Sie sehen vielmehr für einen gewissen Zeitraum eine finanzielle Entschädigung des ehemaligen Arbeitgebers vor. Da Klientenübernahmeklauseln kein Konkurrenzverbot beinhalten, unterliegen sie grundsätzlich nicht den strengen Vorgaben für nachvertragliche Wettbewerbsverbote nach §§ 74 ff. HGB. Klientenübernahmeklauseln sind somit grundsätzlich auch ohne Karenzentschädigungszusage wirksam. Die vereinbarte Zahlungsverpflichtung darf den ausscheidenden Berater jedoch nicht finanziell zu stark belasten. Dann stellen Klientenübernahmeklauseln eine unzulässige Umgehung der Vorschriften über nachvertragliche Wettbewerbsverbote dar. So darf die Bindungsdauer nicht zu lang gewählt sein. Das BAG sieht in Anlehnung an die Vorschriften über das nachvertragliche Wettbewerbsverbot regelmäßig eine Bindungsdauer von mehr als zwei Jahren als unangemessen an. Danach sei der Verbleib des Klienten nicht mehr auf den Erfolg des früheren Arbeitgebers, sondern auf die eigenen Leistungen des Beraters zurückzuführen. Mit Blick auf die Höhe wird häufig eine Entschädigungsquote von 20 % für angemessen gehalten. Gesicherte Rechtsprechung gibt es hierzu jedoch nicht.

Freistellung als Königsweg?

Neben allen Gestaltungsmöglichkeiten kann eine großzügige Freistellung des wechselwilligen Beraters der Königsweg für das Beratungsunternehmen sein, um Klienten zu halten. Dieser darf sich dann aber nicht mit einer einstweiligen Verfügung gegen die Freistellung wehren. Kritischer dürfte allerdings die „Bearbeitung“ des Klienten und dessen Aufträgen während der Freistellung sein. Einstweiliger Rechtsschutz und Schadensersatzansprüche sind als Reaktion zwar denkbar. Diese Maßnahmen bündeln aber Kapazitäten und sichern vor allem nicht den Verbleib des Klienten. Effektiver dürfte daher ein Widerruf der Freistellung sein, um wieder die Kontrolle zu erlangen. Wichtig ist dafür, dass die Freistellung im Vorfeld widerruflich erfolgt ist und der alte Arbeitgeber nicht auf die Geltung des vertraglichen Wettbewerbsverbots (§ 60 HGB) verzichtet hat. Dies kann durch ungeschickte Formulierung des Freistellungsschreibens auch konkludent erfolgen.

Fazit

Am besten funktioniert Klientenschutz, wenn sich die verlassene Beratungsgesellschaft auf ihre Stärken konzentriert und potentiell wechselwillige Klienten von einem Bleiben oder einer Rückkehr überzeugt. Beratungsunternehmen sollten sich zudem genau überlegen, welche Regelungen auf ihre Situation passen und entsprechenden Regelungs- und Handlungsbedarf von Mitarbeiter zu Mitarbeiter prüfen.

 

Dr. Markus Janko 

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Partner
Markus Janko berät Arbeitgeber ins­be­son­dere bei Umstruk­tu­rie­run­gen, Unter­neh­mens­käu­fen und Due Diligence-Prozessen. Besondere Expertise besitzt er in der Unterstützung inter­na­tio­na­ler Konzerne, dem Einsatz von Trans­fer­ge­sell­schaf­ten und im Insol­venz­ar­beits­recht. Hier zeichnet er sich durch die Beratung namhafter Insol­venz­ver­wal­ter in großen Insol­venz­ver­fah­ren sowie von Unter­neh­men bei Unter­neh­mens­käu­fen aus der Insolvenz und der arbeits­recht­li­chen Sanierung in Schutz­schirm­ver­fah­ren aus. Er ist Mitglied der Fokusgruppe „Digitalisierung und Mitbestimmung“.
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