Jede Befristung eines Arbeitsverhältnisses bedarf gem. § 14 Abs. 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) zu ihrer Wirksamkeit einer vorherigen, schriftlichen Befristungsabrede. Auf den ersten Blick mutet dieser Satz klar und unmissverständlich an. Der Teufel steckt aber wie so häufig im Detail. Dies zeigt einmal mehr ein Urteil des LAG Düsseldorf vom 23.09.2015 (4 Sa 1287/14, n.r.). Danach kann es im Einzelfall unschädlich sein, wenn der Arbeitnehmer die Tätigkeit schon vor schriftlicher Vereinbarung der Befristung aufnimmt. Mehr noch: Ein formunwirksam befristetes Arbeitsverhältnis kann sogar nachträglich wirksam befristetet werden. Ist das Erfordernis der Schriftlichkeit damit nur noch ein zahnloser Papiertiger?
Was steckt dahinter?
Der Sinn und Zweck des Schriftformerfordernisses bei befristeten Arbeitsverträgen besteht darin, größtmögliche Rechtssicherheit zu gewährleisten und die Beweisführung im Falle eines Streits der Arbeitsvertragsparteien über das Vorliegen und den Inhalt einer Befristung zu erleichtern (BAG, Urteil v. 16.03.2005 – 7 AZR 289/04). Die Arbeitsgerichte sind daher in Bezug auf die Einhaltung der Schriftform üblicherweise sehr streng. Dies gilt insbesondere für den Zeitpunkt der Beachtung der Schriftform. So ist anerkannt, dass eine nur mündlich getroffene Befristungsvereinbarung auch nicht durch eine nach Vertragsbeginn erfolgte schriftliche Niederlegung der Befristung rückwirkend wirksam wird, selbst wenn diese nur eine logische Sekunde nach Aufnahme der Tätigkeit erfolgt (vgl. etwa BAG, Urteil v. 16.04.2008 – 7 AZR 1048/06). Bei alledem ist das scharfe Schwert des § 16 S. 1 TzBfG zu berücksichtigen: Ist die Befristung rechtsunwirksam, etwa weil sie nicht schriftlich vereinbart wurde, so gilt der eigentlich befristete Arbeitsvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen.
Das LAG Düsseldorf hat nun entschieden, dass eine wirksame Befristung auch dann vorliegen kann, wenn der Arbeitnehmer die Tätigkeit schon aufgenommen hat und die Befristung erst einige Tage später schriftlich vereinbart wurde. In dem Fall ging es um eine Aushilfslehrerin, die bereits einige Male zuvor befristet als Lehrkraft ohne zweites Staatsexamen bei einer Schule in Nordrhein-Westfalen beschäftigt war. Die Parteien vereinbarten mündlich, dass es für ein weiteres Schuljahr zu einer Schwangerschaftsvertretung kommen solle, ohne dass es jedoch zunächst zu einer schriftlichen Vereinbarung kam. Die Arbeitnehmerin nahm bereits in diesem Stadium an einer Schulkonferenz zur Vorbereitung auf das nächste Schuljahr teil, was durch den künftigen Arbeitgeber gebilligt wurde. Erst einige Tage später und kurz vor Beginn der ersten Unterrichtsstunde schafften es die Parteien, einen schriftlichen und befristeten Arbeitsvertrag zu vereinbaren. Nach Ablauf des Schuljahres war die Arbeitnehmerin der Auffassung, sie sei unbefristet beschäftigt und erhob eine Entfristungsklage. Das zuständige Arbeitsgericht gab der Klage – entsprechend der bisher strengen Tendenz in der Rechtsprechung – statt. Diese Entscheidung hob das LAG Düsseldorf auf und urteilte damit zu Gunsten des Arbeitgebers.
Vorzeitige Arbeitsaufnahme unschädlich
Das LAG lieferte im Wesentlichen zwei Begründungen, warum es die Entfristungsklage abwies:
- Zum einen werde kein befristetes Arbeitsverhältnis vereinbart, wenn der Arbeitgeber in den Verhandlungen den Abschluss eines befristeten Vertrags unter den Vorbehalt einer schriftlichen Vereinbarung stellt. Das Gleiche gelte, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ein von ihm bereits unterschriebenes Vertragsformular mit der Bitte um Unterzeichnung übersendet. In diesen Fällen fehle es an zwei übereinstimmenden Willenserklärungen, da für einen objektiven Empfänger ohne weiteres erkennbar sei, dass sich der Arbeitgeber erst mit Unterzeichnung der Vertragsurkunden binden möchte. Nimmt der Arbeitnehmer seine Tätigkeit in diesen Fällen schon vor Vertragsschluss auf, entstehe lediglich ein sog. faktisches Arbeitsverhältnis.
- Zum anderen könne selbst dann, wenn kein wirksames Arbeitsverhältnis vereinbart worden sei, jedenfalls im Nachhinein wirksam befristet werden, sofern dafür ein Sachgrund existiert. Voraussetzung hierfür sei jedoch, dass die Parteien nach Beginn der Tätigkeit eine eigenständige Befristungsabrede treffen. Dies sei möglich, wenn es ursprünglich entweder schon gar keine Befristungsabrede gab oder der Grund der Befristung später geändert werde.
Bewertung
Die Entscheidung des LAG ist zu begrüßen, da die Richter juristisch präzise und dogmatisch überzeugend nach den jeweiligen Willenserklärungen der Parteien differenziert haben. Letztlich handelt es sich aber auch um eine typische Einzelfallentscheidung, aus der nur schwer generelle Schlüsse zu ziehen sind. Das wird schon daraus ersichtlich, dass das Gericht eine umfangreiche Beweiswürdigung zu der Frage vorgenommen hat, ob der Arbeitgeber sein Angebot zum Abschluss eines Arbeitsvertrags tatsächlich unter den Vorbehalt einer schriftlichen Vereinbarung gestellt hatte. Ausdrücklich offen gelassen wurde überdies die Frage, ob eine nachträgliche Befristung nicht schon dann ausreichend ist, wenn sie die zuvor getroffene mündliche Vereinbarung lediglich – formell wirksam – bestätigt.
Auswirkungen auf die Praxis
Arbeitgeber, die beabsichtigen, künftige Arbeitsverhältnisse zu befristen, können sich auf der Entscheidung des LAG Düsseldorf daher mitnichten ausruhen. Zwar zeigt das Urteil, dass eine Arbeitsaufnahme vor dem Zeitpunkt der schriftlichen Befristungsabrede ausnahmsweise unschädlich sein kann, wenn der Arbeitnehmer nicht von einem unbefristeten Arbeitsverhältnis ausgehen durfte. Auch wird durch die Entscheidung verdeutlicht, dass eine unwirksame Befristung nicht zwangsläufig „im Teich“ ist. Allerdings ist jedem Arbeitgeber dringend zu raten, seinen unbedingten Willen, das befristete Arbeitsverhältnis in jedem Falle schriftlich vereinbaren zu wollen, rechtssicher zu dokumentieren. Dies kann etwa dadurch geschehen, dass der Arbeitgeber sowohl in der Stellenanzeige als auch im Bewerbungsgespräch und in den weiteren Vertragsverhandlungen explizit und ggf. mehrfach auf das Schriftformerfordernis hinweist. Zur Vermeidung jeglicher Rechtsunsicherheiten sollte kein Arbeitgeber akzeptieren, dass ein künftig befristet beschäftigter Arbeitnehmer schon vor Abschluss der schriftlichen Vereinbarung mit Wissen und Wollen für den Arbeitgeber tätig wird oder nach außen hin für ihn auftritt.
Zur Frage, ob eine Vereinbarung zur vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses („Konzept 60+“) eine Diskriminierung wegen des Alters darstellt, vgl. auch den Beitrag von Dr. Dagmar Husmann in diesem Blog.